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Diesseitige Erlösungsversprechen (Freie Themen)

Taurec ⌂, München, Samstag, 27.02.2021, 10:15 (vor 1159 Tagen) @ Bea (2402 Aufrufe)

Hallo!

In den letzten Jahrzehnten hat sich eine regelrechte Gesundheitsreligion entwickelt, jeder hat gefälligst gesund zu sein, nein, zu WERDEN, erreicht werden darf der Zustand natürlich nicht, vielmehr muss man jeden Tag, den Gott gibt, irgendwas schlucken, damit die Gesundheitskirche nicht vom Fleisch fällt.

Das ist ebenfalls nur eine Folge der "Realtranszendenz", also der Übertragung einst im Jenseitigen, Übergeordneten, Metaphysischen angesiedelter Weltdeutung und Erlösungsversprechen (wobei es hier nicht darum geht, daß die Kirche Erlösung im Nachleben versprach, sondern sich die Menschen selbst diese Erlösung versprachen) in die diesseitige materielle Wirklichkeit. Die traditionelle Welt der Kulturen lebt von der Ausrichtung auf das Transzendente, dem sie sich durch Religiosität und Spiritualität anzunähern sucht. Daraus fließen meines Erachtens die Lebenskräfte, welche die Menschen über sich selbst hinauswachsen und Kulturleistungen vollbringen lassen.
In der Zivilisation entstehen nach der "Tötung Gottes" (vgl. Nietzsche) und der Abwendung von der Transzendenz auf das Diesseitige ausgerichtete Ideologien und Ersatzreligionen. Deren Ziel ist nicht die Erlösung auf einer den Erdenplan überwölbenden göttlichen Ebene, für die man jegliche irdische Mühsal und Trübsal als Aufgabe zu ertragen bereit ist, sondern die Erlösung des Menschen auf Erden von all diesem Leide. Daraus folgen zwei wesentliche Punkte:

  • All diesen zivilisierten Ersatzreligionen (politischen Ideologien, ökonomischen Theorien, modernen Wissenschaften) geht es um die "Verbesserung" des Lebens der Menschenmassen auf Erden, um "Weltverbesserung", wobei die als fehlerhaft und unvollständig begriffene Welt durch den Menschen (der an Gottes Stelle getreten ist) repariert werden soll. Das beste Leben ist erreicht, wenn maximaler Wohlstand bei minimaler Krankheit, ohne Arbeit (noch im Mittelhochdeutschen war "arebeit" gleichbedeutend mit Beschwernis, Leiden, Mühe) und ohne Leid für alle Menschen gegeben ist.
  • Weil in einer Welt ohne Transzendenz der Tod kein Übergang ist, sondern das absolute Ende, muß er auf alle Fälle solange wie möglich hinausgezögert und (als unausgesprochenes Endziel der zivilisatorisch-technischen Entwicklung) schließlich vermieden und abgeschafft werden. Der Transhumanismus zielt darauf, indem er den als ein Produkt der Natur ebenfalls als fehlerhaft betrachteten Körper durch Wissenschaft und Technik zu reparieren und ersetzen trachtet. Die Vergöttlichung des Menschen und seine diesseitige Selbsterlösung sind erst geschafft, wenn er auch vollständig Herr über seinen Körper ist (mit dem er sich ja gleichsetzt).

Auf dieser Grundlage werden die Entstehung der "Gesundheitsreligion" und die zunehmenden Eingriffe in den menschlichen Körper begreiflich.

Das Perfide an diesem Vorgange, wenn es eine wirkliche Erlösung im Transzendenten durch Überwindung des Irdischen (auch über mehrere Inkarnationen) gibt, ist die tatsächliche Abschneidung des Menschen von seinen göttlichen Wurzeln und das Verschließen des einzig vorhandenen Erlösungsweges, indem man ihm das Sterben versagt und den irdischen Körper zu einem ewigen Gefängnis der Seele machen will, aus dem es für alle Zeiten kein entrinnen geben soll. Das ist die als Himmel verbrämte Hölle auf Erden.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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