Faust, faustisch (Freie Themen)

Bea, Freitag, 26.02.2021, 16:44 (vor 1155 Tagen) @ Taurec (2329 Aufrufe)

Hallo!

Danke für die Erläuterung, Taurec!
Ich hatte diese Bedeutung nicht als relevant betrachtet, weil sie sich immer nur auf sehr wenige Menschen bezieht.
Wahrheitssucher und Ringende gibt es immer wieder - in jedem Volk, aber ob eine Kultur stark technologisch orientiert ist, hängt mE von anderen Faktoren ab, vor allem davon, ob die Bedingungen für ein Streben nach mehr Wissen (Forschung) und nach mehr Bequemlichkeit (also technischen Hilfsmitteln) oder nach mehr Macht (Waffentechnologie) gegeben sind.
Ein Beispiel: Wo es warm ist, braucht man keine Heizung zu erfinden und wo es kein Heizmaterial gibt, kann man es nicht.

Lässt man das Ringen weg und betrachtet vor allem den Pakt und das Bestreben, selbst Gott zu sein, wird man in vielen Kulturen fündig, heutzutage besonders in der New-Age-Bewegung.
Letzten Endes führt aber auch dieses Streben doch für den einzelnen Menschen zu der Einsicht, dass wir eben doch nicht Gott sind, sondern einfach nur Menschen.

Der Spruch: "Ich weiß, dass ich nichts weiß", ist übrigens eine falsche Übersetzung.

Zitat:
"„Ich weiß, dass ich nichts weiß“ ist eine Aussage des griechischen Philosophen Sokrates und stammt aus Platons Apologie welches eine literarische Version der Verteidigungsrede, die Sokrates als Angeklagter 399 v. Chr. vor dem athenischen Volksgericht hielt. So kann man es aus den Schriften von Sokrates Schülern entnehmen.

In der Apologie thematisiert Sokrates immer wieder seinen Mangel an Wissen er behauptet, aber nicht das er sich sicher ist das er wirklich unwissend ist. Eigentlich meinte Sokrates mit seiner Aussage „Ich weiß, worüber ich nichts weiß“. Aber die Kirche hat angeblich aus diesem Satz „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ gemacht. Ich denke, darüber kann man streiten.

Die Übersetzung von oîda ouk eidōs trifft nicht den richtigen Sinn der eigentlichen Aussage. Wörtlich übersetzt heißt es eigentlich „ich weiß als Nicht-Wissender“ bzw. „Ich weiß, dass ich nicht weiß.“ Das angehangene „s“ ist lediglich ein Übersetzungsfehler."

https://uni-24.de/sokrates-ich-weiss-dass-ich-nichts-weiss-bedeutung-hintergrund-tz14/

Es ist also nicht davon auszugehen, dass die griechische Kultur auf diesem Satz aufgebaut war.
Vielmehr findet man heute immer mehr Hinweise darauf, dass die alten Griechen über lange Zeit unvermutete technische Fähigkeiten verfügten - siehe zB den Mechanismus von Antikythera oder die archimedische Schraube.
https://de.wikipedia.org/wiki/Mechanismus_von_Antikythera
https://de.wikipedia.org/wiki/Archimedische_Schraube


Wie dem auch immer sei, Faust war sicherlich kein Erfinder, sondern ein Suchender in einem eher spirituellen Sinn.
Er war auch kein Pionier, der neue Länder suchte und schon gar kein militärischer Eroberer.
Darum glaube ich nicht, dass die abendländische Kultur wirklich als faustisch bezeichnet werden kann, wenngleich es natürlich auch in ihr immer mal wieder faustische Menschen gab und gibt.
Selbige haben aber häufig einen schweren Stand - in einer wirklich faustischen Kultur wären sie aber doch sicherlich sehr willkommen.

Grüße, Bea


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