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Quelle hierzu (Freie Themen)

Taurec ⌂, München, Montag, 01.03.2021, 10:54 (vor 1123 Tagen) @ Taurec (2341 Aufrufe)
bearbeitet von Forumsleitung, Montag, 01.03.2021, 15:00

Hallo!

David Engels, der auf Spenglers Basis weiterforscht und sein System mit neueren Erkenntnissen auf den neuesten Stand bringt, kommt zu dem Schluß, daß es zwei unabhängige Kulturzyklen im chinesischen Großraum gab, wobei der zweite (wenn ich mich recht erinnere) etwa gleichzeitig mit Japan (und dem Abendlande) im 8./9. Jahrhundert begann. Während die erste chinesische Hochkultur um den gelben Fluß herum entstand, hatte die zweite ihren Schwerpunkt im Süden, der zur Zeit des ersten Zyklus noch nicht von Chinesen besiedelt war. Der zeitliche und räumliche Marker dürfte sich etwa in der Zeit der "Fünf Dynastien und Zehn Reiche" befinden. In Südchina hatten sich erneut Nationen gebildet, die ein eigenen Zyklus durchliefen. Dagegen setzten sich in Nordchina, dem ehemaligen Zentrum der ersten Kultur, die als niedergegangene Zivilisation zur Beute für Fremdvölker wurde, die Mongolen durch.

Falls es interessiert. Die Quelle hierfür ist Engels Aufsatz "Spengler im 21. Jahrhundert".

Zitat daraus (S. 456):
"Ähnlich ist auch die Frage legitim, inwieweit wir nicht auch in China, ganz ähnlich wie im Nahen Osten und in Indien, nach der klassischen, daoistisch-konfuzianisch geprägten Hochkultur des 1. Jahrtausends v. Chr. eine zweite chinesische Kultur anzunehmen haben, welche wesentlich unter buddhistischen Vorzeichen stand und ihr Zentrum nicht mehr in der Ebene des Huang He, sondern des Jangtse Kiang hatte. Dies würde nicht nur die ansonsten recht erstaunliche, zweitausendjährige Vitalität des angeblichen chinesischen 'Fellachenvolks' erklären,16 sondern auch die Beziehungen zwischen dem heutigen Abendland und der chinesischen Zivilisation in einem etwas anderen Licht erscheinen lassen. Unter dieser Perspektive würde die Tang-Dynastie (618–907) als neuer kultureller Ausgangspunkt nach dem Verfall der Han-Dynastie und ihrer Nachfolgestaaten gelten. Auf die Schwächung der Tang, die in der völligen Auflösung der Staatlichkeit in der Zeit der 'Fünf Dynastien' (907–960) mündete, folgte dann der Wiederaufbau der Song-Dynastie (960–1279), welche einem wesentlich feudalen Zeitalter entsprach. Auf die mongolische Fremdherrschaft folgte der Absolutismus der Ming-Dynastie (1368–1644), welche durch soziale Unruhen zugrunde ging und in der Herrschaft der Qing in ihr zivilisatorisches Endstadium überging. [...]

16 Typisch für diese Einschätzung etwa Spengler 1923: 143: 'Ist das Ziel erreicht und die Idee, die ganze Fülle innerer Möglichkeiten vollendet und nach außen hin verwirklicht, so erstarrt die Kultur plötzlich, sie stirbt ab, ihr Blut gerinnt, ihre Kräfte brechen – sie wird zur Zivilisation. Das ist es, was wir bei den Worten Ägyptizismus, Byzantinismus, Mandarinenturn fühlen und verstehen. So kann sie, ein verwitterter Baumriese im Urwald, noch Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch die morschen Äste emporstrecken. Wir sehen es an China, an Indien, an der Welt des Islam.'"

Für den indischen Bereich konstatiert er eine Hochkultur im Industal, die der späteren vedischen Kultur vorausging (S. 455):

"Ferner zwingt auch die Archäologie des Indus-Tals dazu, die Zahl von Spenglers Hochkulturen um eine weitere zu bereichern, nämlich die von Harappa, welche Spengler wohl nicht oder kaum bekannt war, keinesfalls allerdings, wie in der 'Frühzeit der Weltgeschichte' suggeriert, in den Rang einer 'c'-Kultur herabzustufen ist, sondern durchaus als gleichwertig mit der altbabylonischen und ägyptischen Kultur zu gelten hat. Wie diese war sie eine typische Flusskultur und besaß die ebenfalls regelhafte morphologische Lebensdauer von etwa 1000 Jahren (2800–1800), bevor sie durch weitgehend innere Auflösung und durch Raubbau an der Natur unterging und Opfer der vedischen Einwanderer wurde."

Insgesamt kommt er auf 15 Hochkulturen, während es bei Spengler noch neun waren (S. 459):

"Zusammenfassend hätten wir es also nicht mit nur neun Hochkulturen zu tun, sondern vielmehr mit mindestens fünfzehn, nämlich Altbabylonien, Harappa, Ägypten, dem postsumerischen Fruchtbaren Halbmond, dem vedischen Indien, Altchina, der klassischen Antike, dem zoroastrischen Iran, der byzantinisch-islamischen Welt, Südostasien, der Andenkultur, Mittelamerika, dem buddhistische China, Japan und schließlich dem Abendland."

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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