Mistverstaendnisse (Freie Themen)

detlef, Mittwoch, 03.03.2021, 01:43 (vor 1149 Tagen) @ Taurec (2367 Aufrufe)

moin,

wie wichtig ist die anzahl der bekannten oder vermuteten kulturkreise?

unter diesen seit Spengler noch gefundenen, vermuteten oder aufgeteilten kulturkreisen, sind da welche, die seiner meinung ueber aufstieg und verfall deutlich zuwider verliefen?

wie wichtig ist verankerung "unserer" kultur an jahreszahlen?

sind nicht nur zwei zeitspannen wichtig, die, wann sie begann, in ihrem umfeld dominant zu werden, und die, wann sie durch entkernung, durch "schwungverlust" zur sturmreifen, dekadenten zivilisationshuelle wurde oder wird?


Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Frage verstanden habe, bzw. worauf Du hinauswillst.

so, wie ich dich seit vielen jahren kenne, bin ich sicher, dass dir auch aufgefallen ist, dass wir hier immer wieder in nebensaechlichkeiten abgleiten.

als ob wir auf die frage, warum Kaiser Barbarossa als rotbart bezeichnet wird, mit debatten darueber reagieren, ob sein bart zehn, oder zwoelf zentimeter lang war.

da du mich ja auch schon lange kennst, weisst du, dass ich ab und zu spass daran habe, durch stichelnde fragen oder bemerkungen die umwelt zum denken anzuregen.

hat nicht geklappt. nach deiner antwort wird mir keiner mehr in die falle trappsen.

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trotzdem danke ich dir - nach mehrmaligem lesen ;-) - fuer deine gedanken.

...Daher ein paar Aussagen, die mir dazu einfallen:

Jahreszahlen sind für unsere Kultur immanent wichtig, weil wir (um uns ein inneres Bild zu machen) alles nach Möglichkeit messen, quantifizieren und datieren müssen. Objektiv sind Datierungen wohl weniger wichtig.

ja, klar. "faustisch" halt.

Bei Betrachtungen früherer Kulturen im Lichte der Spengler'schen Geschichtsmorphologie laufen wir Gefahr, Zirkelschlüssen zu unterliegen.
1. Die wissenschaftlichen Datierungen, z. B. mit C14-Methode, Zuordnung der geologischen Schichten usw. sind an sich nicht genau und fraglich, weil die Methoden oft aneinander geeicht sind, um immanente Meßungenauigkeiten auszugleichen. Was erhält man aber, wenn man mehrere fehlerbehaftete Methoden mit Meßungenauigkeiten aneinander korrigiert, anderes als ein trügerisches Kartenhaus?

na, wenigstens anhaltspunkte, vermutungen, schaetzwerte.

2. Die Funde sind oft lückenhaft und die Verläufe der entdeckten Kulturen (z. B. der Induskultur oder des gesamten Altchinas) unklar, insbesondere, wenn es kein (entziffertes) Schrifttum gibt und in den Frühphasen noch keine großen Städte, die man heute ausgraben könnte. In diesen Fällen hat auch Spengler wohl bereits seine eigene Zyklentheorie angewandt, um Chronologielücken zu schließen und die Theorie damit an sich selbst zu bestätigen. Wirklich fundiertes Basiwissen hatte er wohl nur für die antike Kultur, die magische Kultur und das Abendland.

das macht mir Spengler so sympatisch. er hatte den mut mit daten, die drei von sechs abdecken (bei fehlen von offensichtlichen widerspruechen bei den anderen drei) eine arbeitshypothese aufzustellen.

3. Wie kommt er auf Pi mal Daumen 1000 Jahre oder 40 Generationen Lebensdauer einer Kultur? Wie erklärt sich das metaphysisch? Warum nicht 1500 oder 2000 Jahre? Gab es vielleicht Kulturen, die länger lebten (aber trotzdem untergingen), was aber mangels verlässlicher Datierungen und weil Spengler Chronologielücken durch Anwendung der von ihm festgesetzten Zeitspanne schloß, bislang nicht erkannt wurde?

weil sein Daumen (mal pi) halt grad auf die ihm gut bekannten kulturkreise passte.
ich denke, er war weniger ein faustischer denker, sondern mehr visionaer.
und als solcher konnter er relativ leicht ueber zeitliche ausreisser nach oben oder unten hinweggehen, ohne dass sein werk dadurch an wert und kraft verlor.

(faustische pingeligkeit kann manchmal stoerend auf genialitaet wirken.)

gruss,d


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