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Widerstand ist nicht zwecklos (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Donnerstag, 04.10.2018, 10:46 (vor 2032 Tagen) @ Ranma (6251 Aufrufe)

Hallo!

Du als persönlich Betroffener kannst mir gewiß die Frage beantworten: Wie bekomme ich einen Menschen dazu, lethargische Denkfaulheit abzulegen? (Aus biologischer Sicht wird Denkfaulheit sogar evolutionär bevorzugt, weil sie Energie spart.)

Die Antwort gibst Du Dir doch selbst. Das Leben geht bevorzugt den Weg des geringsten Widerstands. Das ist natürlich und als quasi "genetisch" verankerter Grundimpuls völlig vernünftig, da seine Energie auf Wegen größeren Widerstands zu vergeuden, wenn Existenzzustände möglich sind, die auf absehbare Zeit ein Fortbestehen mit weniger Aufwand ermöglichen, kontraproduktiv wäre. In Zeiten des Mangels verringert der Weg des größeren Widerstandes die Überlebenschancen.

In Zeiten des Überflusses, wenn es keinen äußeren Anreiz gibt, irgendeinen Weg zu gehen, weil alle gleich möglich oder unmöglich erscheinen, führt dieser Grundimpuls häufig dazu, daß überhaupt kein Weg gegangen wird. Warum denn auch? Nichtbewegen, wenn Bewegung ohne Problem an sich bereits einen vermeidbaren Widerstand bedeutet, ist der modus operandi. Dekadenz und "fellachoide Versumpfung" sind die Folge.
Bei chronischen geistigen oder körperlichen Krankheiten (wobei letztere in der Regel seelisch-geistige Ursachen haben) gerät der Krankende wohl häufig in die Situation, daß er es sich in seiner Krankheit (vielleicht besser "Zivilisationskrankheit") gemütlich einrichtet. So bekommt er in Form eines selbstgenerierten "künstlichen Widerstandes" ein Problem, welcher er aufgrund seines Grundimpulses zum Leben eigentlich bedarf. Die Krankheit ist sinn- und identitätsstiftend. Entsprechend ist das Handeln darauf ausgerichtet, nicht die Krankheit, sondern ihre Folgen (die Symptome) zu behandeln. Die Krankheit generiert ständig neue Symptome, wenn die alten "bewältigt" sind, und hält die Person auf Trab. Das ist bei Leuten, die Allergien entwickeln, nicht anders als bei chronischen Rückenleiden ohne körperlich erkennbare Grundlage oder bei Depressionen oder Leuten mit Missionierungswahn, die meinen, das Problem sei gelöst, wenn erst alle auf ihrer Seite wären.

Die Lösung kann für einen selbst (durchaus zur Vorbeugung vor "Zivilisationskrankheiten", zu welchen auch die zunehmenden psychischen Probleme zählen) daher nur darin liegen, sich selbst und seinen biologischen Grundimpuls quasi transzendierend "künstlich" Widerstände zu setzen, indem man sich gezielt in unangenehme Situationen bringt. Diese können geistige und körperliche Herausforderungen (Askese, Kampfsport, Gewichtheben) sein oder jegliche Form des Abenteuers. Denn wer lethargisch im Überfluß degeneriert, gerät (wie Europa gerade als Gesamtheit) irgendwann zwangsläufig in unangenehme Situationen mit größeren Widerständen. Warum diese nicht vorwegnehmen und vorbereitet sein?
Wer sich nicht derart wie Münchhausen selbst am Schopfe aus dem Sumpfe ziehen kann, für den bleibt die Möglichkeit, daß seine Umgebung die Widerstände seines Lebens anders setzt, so daß es für ihn keinen Sinn mehr hat, in der derzeitigen Lebensweise zu verharren.

Argumente an sich haben noch nie jemanden überzeugt. Das ist ein aufklärerisches, rationalistisches Vorurteil, bei dem in einer Art Säkularisierung des Religiösen versucht wird, die Menschheit durch eine ins Intellektuelle verflachte Form des "heiligen Geistes" zu erlösen. Argumentation ist natürlich immer nur für denjenigen wirksam, der bei sich selbst nach-denkt. Auch wenn wir anderen etwas erklären, kann dies nur dazu führen, daß derjenige selbst nachdenkt und seine Entscheidungen begründet, die aber auf ganz anderer Grundlage (intuitiv) gefällt werden bzw. bereits vor dem Überzeugungsversuch gefällt wurden. Alles Denken ist Nach-Denken aus dem Seelischen heraufdräuender Erkenntnisse, die vor dem Bewußtsein begründet (= die Gründe kenntlich machen) werden müssen. Wenn die Argumentation nicht auf die Entscheidung paßt, nicht zu deren verstandesmäßigen Bewußtmachung paßt, fällt sie nicht auf fruchtbaren Boden.
Es muß dem also etwas Hartes vorausgehen. Die Umgebung muß zur Umstimmung dafür sorgen, daß derjenige sprichwörtlich gegen eine Wand läuft (also gegen einen äußeren Widerstand), so daß die Notwendigkeit für ein Umdenken konkret vorhanden ist. Auf dieser Grundlage mag ein Überzeugungsversuch (mit den richtigen Argumenten) erfolgreich sein. Jemanden überzeugen zu wollen, daß seine augenblickliche Lebensweise irgendwann zu einer Katastrophe führt, ist sinnlos, wenn nicht konkret spürbar im Abstrakten schwebt.
Wer sich lieber um des kurzzeitigen Endorphinstoßes willen gnadenlos vollfrißt, statt seine emotionalen Probleme anzugehen, läßt sich wohl erst nach dem ersten Herzinfarkt zu einer Änderung bewegen, oder wenn sich die Pflegekraft weigert, ihn mit dem Kran auf die Toilette zu hieven.

Wie das bei Deinem Bekannten konkret aussehen könnte, und ob Du überhaupt in der Position bist, sein Leben entsprechend zu beeinflussen, oder ob er nicht selbst gegen eine Wand laufen muß, läßt sich hier natürlich nicht beantworten. Möglicherweise erhebt sich schließlich schicksalhaft ein anderes Problem/Widerstand in seinem Leben, so daß er seine Haltung aufgibt.
Desgleichen dürften sich z. B. im Falle eines Kollapses bei vielen die nicht körperlich begründeten Zivilisationskrankeiten auflösen, wenn sie plötzlich äußerlich mit einem Problem konfrontiert werden und sich nicht mehr selbst "Problemchen" generieren müssen.
Vielleicht solltest Du auch erst Deine eigenen Grundprobleme angehen, statt Deine Scheinprobleme zu lösen, um anderen adäquat helfen zu können. Es nützt wohl wenig, wenn Blinde versuchen, Blinde aus der Dunkelheit zu führen, dabei nicht erkennend, daß nicht die Umgebung, sondern sie selbst Grund der Finsternis sind.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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