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Uridee nicht mit (kausaler) Ursache verwechseln (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Mittwoch, 08.01.2014, 21:53 (vor 3767 Tagen) @ rauhnacht (4714 Aufrufe)
bearbeitet von Forumsleitung, Mittwoch, 08.01.2014, 22:52

Hallo!

Wieso meinst Du, dies alles sei nicht kausal?

Die Unterscheidung ist recht knifflig und setzt wohl ein gewisses Vorstellungsvermögen voraus.

Der menschliche Verstand als eine Funktion des stofflichen, d. h. physischen Gehirns begreift die Welt mechanisch und bildet sich Theorien nach Ursache und Wirkung. Damit mag man in der uns umgebenden, sichtbaren Welt bewegter Körper (und der Welt rationalistischer Gedankengebäude) gut zurecht kommen. Man geht jedoch fehl, wenn man versucht, metaphysische Zusammenhänge mit physischen Mitteln, d. h. das Schicksal kausal zu begreifen.
Für den anderen, schicksalhaften Blick auf die Welt bedarf es wohl einer entwickelten geistigen Empfindungsfähigkeit, d. h. eines Erahnens. (Siehe Alexander von Humboldt: "Überall geht ein früheres Ahnen dem späteren Wissen voraus." Nämlich echtem Wissen, nicht auswendig lernbarem Verstandeswissen, nackter Information und Theorien, wie man sie heute an den Universitäten lehrt.)

Was zur Schicksalsseite des Lebens gehört, ist nicht Kausalität, d. h. ein im Grunde zeitlich geordnetes Nacheinander, sondern Analogie, gleichzeitiges oder vielmehr: zeitloses.

Mein Sein, wie ich bin, findet seine Entsprechung in meinen Lebensumständen, dem Aussehen meines Körpers, meinen geistigen Begabungen usw.

Mein Leben hier auf Erden findet seine Entsprechung in meinem geistigen (oder seelischen, je nachdem, wie man die Begriffe verwendet), auf jeden Fall überzeitlichen Wesenskern.

Goethe suchte gedanklich nach der Urpflanze, weil er sich dachte, bei aller Verschiedenheit der Pflanzenwelt müsse es eine Idee geben, von welcher der Mensch seinen Begriff einer Pflanze nimmt, der es ihm überhaupt erlaubt, eine solche zu erkennen, wenn er sie sieht.
Umgekehrt muß man auf die Urpflanze rückschließen können, wenn man durch Analogie aus allen jemals existierenden Pflanzen das Gemeinsame ableitet.
Freilich hat es die Urpflanze als Gewächs auf Erden nie gegeben.
Evolutionstheoretiker, rein kausal denkende Menschen, bilden sich die Entwicklung der Lebensformen als Reaktion (Wirkung) auf äußere Umstände (Ursache). Daraus hätte sich die Pflanzenwelt mehr oder weniger zufällig entwickelt. Ein so denkender Mensch würde tatsächlich nach der Urpflanze suchen, d. h. nach der ersten Pflanzenart auf Erden (vor 400 Millionen Jahren), aus der sich durch Selektion und Mutation alle anderen Pflanzen entwickelt hätten.
Wer aber wissen will, was die Welt im Innersten wirklich zusammenhält, sucht die Urpflanze nicht als Lebewesen, von dem sich alles fortentwickelt hat, sondern als metaphysische Uridee, auf die sich alles hinentwickelt. Jede jemals existierende Pflanze ist demnach ein analoges Spiegelbild der Urpflanze und bringt andere Abwandlungen dieser Uridee zum Vorschein. Die Urpflanze ist ewig, zeitlos. Sie ist allem pflanzenhaften Leben dieser Welt Schicksal. Dieser Gedanke stellt die gesamte Evolutionslehre auf den Kopf. Die Arten entwickeln sich nicht zu immer besseren (bzw. besser angepaßten) Formen, sondern lediglich der geltenden Idee des jeweiligen Weltzeitalters entsprechenden anderen Formen (das ist allerdings eine andere Baustelle und es stellt sich die Frage, ob es eine irgendwann erreichte Endform gibt oder sich nur die Bausteine des Lebens kaleidoskopartig immer anders zusammensetzen).

Man kann Urpflanze durch Urtier, bzw. Ursäugetier oder jede andere Art der Uridee ersetzen und bekommt einen Aspekt des Schöpfungsgedankens, der sich auf Erden in entsprechenden Formen widerspiegelt. Auf diese Art erkannte Spengler den Bau der menschlichen Kulturen (zumindest des gegenwärtigen Zeitalters) und konnte eine ganz andere Einteilung der bekannten Geschichte vornehmen als die linear-kausal denkenden gelehrten Historiker.

Mit demselben schicksalsmäßigen, Analogien suchenden Blick kann man rückblickend in seinem Lebenslauf den roten Faden erkennen und in den verschiedenen Lebensereignissen das Typische sehen, in dem sich die Idee des eigenen Daseins widerspiegelt.

Dem entsprechend muß auch für jeden Menschen eine Uridee existieren, zu der er sich im Laufe vieler Leben durch Erkenntnis und Ablegen des ihn nicht zierenden Falschen hinentwickelt. (Beim Menschen setze ich eine im Zeitenlauf eingebettete Entwicklung hin zu einem Idealzustand durchaus als gegeben voraus.)

Die Entwicklung läuft jedoch nicht durch bewußtes Überlegen und Entscheiden, gewolltes Ändern der Lebenseinstellung oder ähnlichem (d. h. nicht kausal), sondern geistig.
Der Verstand, deine Gedanken und Gefühle, alles was dem körperlichen Gehirn und Nervensystem entspringt, steht am Rande des Prozesses. Wenn du einen Entschluß faßt, einen Gedanken, dann ist dieser nicht selbst die Erkenntnis. Diese ist in deinem geistigen Wesenskern, der die Uridee widerspiegelt, bereits gemacht worden. Dort liegt das Wollen, das sich im Laufe der Zeit dem Schöpfungswillen angleicht bis zur Vollendung. Der Begriff Reifung (wie bei einer Pflanze oder Frucht) ist völlig zutreffend.
(Edit: Gedanken und Gefühle sind also nicht das wesentliche, sondern ihrerseits nur Ausdruck.)

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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