@ rauhnacht (Schauungen & Prophezeiungen)

Ulrich ⌂, München-Pasing, Donnerstag, 02.01.2014, 18:29 (vor 3776 Tagen) @ rauhnacht (4355 Aufrufe)

Hallo rauhnacht,

Danke für Deine Ausführungen, mit denen ich allerdings einige Schwierigkeiten habe:

„Du nimmst einen Regenschirm mit“ und nennst dies freie Willensentscheidung. Ich nenn es immer noch Kausalkette. ...
... Deine Entscheidung ist nicht frei, sondern lediglich möglich und zudem determiniert durch Deine eigenen Prägungen.

wenn ich Dich richtig verstehe, führst Du den Inhalt meiner zweiten Schublade, also das, was ich freie Willensentscheidungen nenne, so lange in einer Kette auf irgendeine a-personale, naturgesetzliche Ursache-Wirkung-Voraussetzung zurück, um ihn dann in meine erste Schublade ("Wenn es regnet, wird man naß") umzulagern.

"Es liegt genau auf der gleichen Linie wie die Ansicht des Hindus, die Welt ruhe auf einem Elefanten und der Elefant stehe auf einer Schildkröte; als man ihn fragte: 'Und was ist mit der Schildkröte?', sagte der Inder: 'Sprechen wir von etwas anderem!' "
Bertrand Russell: "Warum ich kein Christ bin." Vortrag, 6. März 1927, National Secular Society

Im nächsten Abschnitt siehst Du die Windböe in meiner dritten Schublade ebenfalls falsch eingeordnet mit dem Argument: "Ich glaube, dass eben an solchen Punkten, das Schicksal als etwas rein fremdbestimmtes empfunden wird, weil sie schlicht seltenere Ereignisse sind. Dadurch fehlt uns dann Erfahrungshorizont, Verständnis zu Wirkungsweisen und die Möglichkeit zu Entscheidungen."
Jetzt also doch die "Möglichkeit zu Entscheidungen", deren Existenz Du zuvor bezweifelst, und die Du auf naturgesetzliche "Ursache-Wirkung"-Voraussetzungen zurückgeführt sehen möchtest ?
Und wenn es tatsächlich nur eine Frage der Seltenheit der Ereignisse wäre , dann wird der Begriff des Schicksals für Dich entbehrlich, sobald es gelänge, sich trotz der selteneren Ereignisse einen entsprechenden Erfahrungshorizont und die Möglichkeit zu Entscheidungen zu verschaffen ?

Ich gebe zu, ich bin traumatisiert und deshalb nicht unbefangen, weil meine Socken auch immer von einer Schublade zur anderen wanderten, "gewandert wurden", mit ähnlich widersprüchlichen Argumenten. ;-)

Zwischen den Zeilen lese ich die unausgesprochene Vermutung, daß freier Wille dem Begriff Schicksal widerspricht, was mir nicht einleuchtet, wenn man die Sache so betrachtet, daß im Rahmen der naturgesetzlichen wenn-es-regnet-wird-man-naß-Kausalität (1.Schublade) Jeder jederzeit frei entscheiden kann (2.Schublade), wie er dem auf ihn zugeschnittenen Schicksal (3.Schublade) begegnet. Was ihm begegnet, und wann, das entzieht sich allerdings seinem Einfluss.

Gruß
Ulrich


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