das Schicksal hinnehmen oder herausfordern? (Schauungen & Prophezeiungen)

Baldur, Sonntag, 15.12.2013, 19:08 (vor 3794 Tagen) @ RichardS (4753 Aufrufe)

Dein Unterfangen ist ein anderes: Du forderst – zumindest in Deinem Wunschdenken – Dein Schicksal heraus, während das >gemeine Forenmitglied, ... im Einklang mit seinem Schicksalsstrom ...
was, was einem bestimmt ist, außer Kraft setzen bzw. selbst bestimmen zu wollen.

Bestimmungen haben es an sich, sich zu realisieren, ob einer es will oder nicht. Aber mit Paradoxien muss man leben, anders >läuft es nicht in unserem Dasein.

Hallo, RichardS,

wir haben einen enorm wichtigen Punkt tangiert.

Sofern es überhaupt möglich wäre - wäre es dann zulässig, sein Schicksal selbst zu bestimmen?

Setzen wir es in einen historischen Kontext, um es besser zu versinnbildlichen: seien wir fiktiverweise Wehrpflichtige im Jahre 1914, oder Angehörige einer ethnisch unerwünschten Minderheit im Deutschen Reich der Jahre 1935-1938, Bürger der SBZ im Jahre 1961, oder Steuerpflichtige der BRD im Jahre 2014ff. - in allen Fällen erscheint es zum Entscheidungszeitpunkt zwingend, dass es zu einer deutlich schlechteren oder gar bedrohlichen Entwicklung kommt.

Durch die geburtsseitige, kollektive Zugehörigkeit zu einer grossen Gruppe (Einwohner, Staatsbürger, Rechtssubjekt) ergibt sich so etwas wie ein zugedachtes Schicksal, wenn man diesen Schicksalsbegriff entsprechend versteht. Hier sind wir zum entsprechenden Zeitpunkt hineingeboren, schwimmen im Schicksalsstrom mit.

Ist es nun legitim, sich diesem zu entziehen? Durch Auswanderung, Flucht, desertieren, oder vergleichbare Handlungen? Ich habe mich entschieden und die Staatsangehörigkeit gewechselt. Ich habe auch erreichen können, keinen Wehr- oder Zivildienst ableisten zu müssen.

Wäre man schicksalsergeben, könnte man alles als Bewährung, Herausforderung, Entwicklung und Sammeln von Erfahrungen deuten. Reinkarnationsvertreter Trutz Hardo hat den Gedanken von Wiedergeburt und Karma einmal auf Beispielsgruppe zwei anzuwenden versucht, und wurde deswegen rechtskräftig wegen Volksverhetzung verurteilt, dies nur am Rande. Aber es zeigt meiner Ansicht nach zu Recht auf, dass es irgendwo einen Schlusspunkt finden muss mit der Ergebenheit in ein lediglich geglaubtes, konstruiertes System, für dessen Existenz keinerlei Beweis existiert (ich meine natürlich das Schicksal, die Vorsehung, das Karma, nicht etwa die staatliche Gesetzgebung der Fälle eins und vier).

Wäre es gottgewollt, dass niemand entkommt, gäbe ist in den Fällen eins und zwei keine Überlebenden. Glücklicherweise gab es davon Ausnahmen, selbst unter unglaublichsten Umständen gab es Leute, die entkommen konnten. Ist das wiederum glücklich vorherbestimmtes Einzelschicksal, oder die Lücke im System, das nie zu 100% funktionieren kann?

Ein Bekannter war Wehrpflichtiger und wurde zweimal erschossen - einmal als Kriegsgefangener, der nach einem Saufgelage der Gegner mit seinen Kameraden an die Wand gestellt und niedergemetzelt wurde - aber nicht getroffen. Nach Stunden im Leichenberg konnte er sich davon schleichen. Bei einem anderen Einsatz trafen ihn 6 Projektile - fünf blieben in seiner eigenen, umgehängten MP hängen, ein sechster in der Uhr, die er tags zuvor ! als Auszeichnung bekommen und in seiner Brusttasche getragen hatte.
Es soll auch bei Geflügelschlachtern einzelne Gänse und Enten geben, die nicht in die Maschinerie geraten.
Klar: das muss individuelle Vorsehung sein - warum begnügen wir uns nicht damit?

Weil es vor der Zuspitzung politischer Rahmenbedingungen meist möglich ist, den Schauplatz des Geschehens zu verlassen, heute mehr als jemals zuvor. Nicht unbedingt leicht, aber eben möglich. Und man dann auf viel bequemeren Niveau alles überlebt. Wenn man nicht derweil einer Krankheit erliegt oder bei einem Überfall erschossen wird, oder auf der Überfahrt im Schiff untergeht.

Insofern gibt es niemals eine Garantie für Erfolg, das Schicksal hat genügend Möglichkeiten, in seinem Sinne zu wirken, egal wo und wie.
Herausfordern können wir es angesichts dessen nicht, dafür ist es zu mächtig und allgegenwärtig.

Aber wir können es ihm und uns leichter machen, und bedrohliche/schwierige Situationen meiden, auch mit kreativen Mitteln.

Ob es einen glücklich macht, als einziger davongekommen zu sein, sei dahingestellt. Umbringen kann ich mich dann selbst immer noch.
Aber ich kann mir nur schwer vorstellen, dass es irgendeinen Sinn ergibt, sich bewusst zu opfern, wie das über diejenigen, die es taten, ruhmreich und politisch korrekt behauptet (Bonhöffer und Co.) bzw. als Verbrechertum verunglimpft wird (Wehrpflichtige, die ihre Stellung befehlsgemäss hielten, und dabei zu Tode kamen).

Als ich kürzlich an einer französischen Festung aus dem 1.Weltkrieg vorbeifuhr, überkam mich ein eigenartiges Gefühl, als ob mir diese Zeit mehr sagte, als mir derzeit bewusst ist. Wohl kaum gibt es ein noch sinnloseres Beispiel vor schicksalsergebenen Gehorsam als Verdun, für alle Beteiligten.

Und selbst wenn es das zugedachte Schicksal wäre, inmitten von hunderttausenden Nachbarn und Freunden zu sterben, wäre es immer noch meine Pflicht als vernunftbegabtes Individuum, dies in Frage zu stellen.

Der Kaiser hat gar keine Kleider an. Und die Vorsehung, das Schicksal, die göttliche Ordnung zeigt sich tagtäglich weissgott nicht so edel, als dass sie Hochwürdigkeit und unbedingten Gehorsam verdient hätte...

Zu meinem dazu passenden Beispiel des Brotdurchreichens am Gefängniszaun gehört aber, dass sich der Insasse von sich aus dem Zaun nähert. Sonst kann ihm von aussen niemand etwas zuwerfen.

Ich plädiere dafür, wir sollten uns mal dem Zaun etwas annähern.....wir schärfen lediglich unsere Sinne, unser Gehör, und fangen auf, was da ist. Wir können niemanden dazu bringen, an etwas unvertretbarem mitzuwirken. Aber Gleichgesinnte finden.

Wer sollen diese Gleichgesinnten im Jenseits sein? Na, klar, die, die schon früher so dachten, wie wir, und uns vorausgegangen sind. Diese ändern doch nicht ihre Ansichten, nur weil sie verstorben sind. Es sind unsere Freunde, unsere Vorfahren, die uns in Liebe zur Seiten stehen können. Und wenn das in-der-Zeit-zurücksenden funktionieren sollte, sind wir es sogar selbst Davor habe ich keine Angst......

meint Baldur der Ketzer, und grüsst bestens in die Runde


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