Propaganda von oben (Schauungen & Prophezeiungen)

RichardS, Freitag, 20.08.2010, 13:05 (vor 4998 Tagen) @ Eyspfeil (4829 Aufrufe)

Hallo RichardS!

Hallo Eyspfeil,

was mich beim ersten Lesen irritierte: Der Wunsch, "in einem
sozialistischen Staat zu leben, solange für Arbeitsplätze,Solidarität und
Sicherheit gesorgt wäre", wäre ernst genommen gerade einer nach
Friedhofsruhe. Nach dem Motto: ich ließe mich gerne gängeln und
dirigieren, würde mir als Gegenleistung von oben wenigstens das materielle
Überleben "versprochen". Aufrührerisches, Rabbatz usw. klingt anders.
Gleichwohl, ich weiß, worauf Du anspielst. Und falls es zu den gesehenen
breitflächigen Unruhen in den romanischen Ländern, England und sogar
(abgemildert) hier kommen sollte, dann möglicherweise nicht aus dieser
untertänigen Gemütsverfassung heraus, die hier demoskopisch ermittelt
wurde.
Und nicht ganz zu vergessen: es gibt nicht nur "Deutsche", die für die
Beendigung der "Friedhofsruhe" hier in Betracht kommen.

Gruß
Richard

Ja, mit 'Friedhofsruhe' meinte ich die orwellsche Verlogenheit, wie nach
der Finanzkrise wieder alles so hingedreht wird, als wäre nix passiert.
Dabei ist dieser momentare Exportboom das Paradebeispiel für ein typisch
deutsches Strohfeuer: die Lager werden weltweit aufgefüllt, auf den
Stand vor dem September 2008. Und das war's dann, wenn sie wieder voll
sind.

Vom "Wirtschaftswunder", wie es Brüderle & Co. propagieren, kann ich
nichts erkennen: bin selbst gerade auf Jobsuche, und mit wenig
Qualifikationen hat man nach wie vor bloß die Perspektive,
WCs zu putzen, auf 4oo€-Basis.
Für eine Beschäftigung in einer Fabrik muß man dann nach China
oder Indien auswandern.
Ein Viertel aller 25-35jährigen bekommt nur noch befristet einen
Arbeitsvertrag. Was heißt, daß sie keine Familie gründen können,
keine Kredite bekommen, und nicht wirklich motiviert arbeiten.
Bei den Krankenkassen werden Zusatzbeiträge eingeführt, und an der
Rente mit 67 wird auch nicht gerüttelt.
Da ist doch eine Propaganda-Maschinerie am Werk, natürlich nicht
nur in D, die auch nicht anders wie in Diktaturen immer Schönwetter
produziert. Mit viel Sport dazwischen, wie der römische Pruder.:-D

Mfg,
Eyspfeil

Moin Eyspfeil,

die verlogenen Parolen, ich kenn sie, die momentanen sind jedoch weniger Schönwetter(-eitel-Sonnenschein)-Parolen (schon gar nicht "immer Schönwetter"!), sie muten eher wie Aufklarungsparolen - nach einer Schlechtwetterfront - an (Motto: das Schlimmste ist überstanden... dank...).
Sollten die von Dir zitierten ermittelten und durch Medien verbreiteten Gemütslagen der deutschen Bevölkerung vom März des Jahres ein Körnchen Wahrheit enthalten (Achtung: auch solche Medienmitteilungen sind ja ein winziger Teil des des von Dir als verlogen bezeichneten Wetterberichts, welcher ja nun doch wenigstens ein paar dräuende Wölkchen am nationalen Himmel zeichnet und eben keineswegs ein "immer Schönwetter" - das wäre den Öffentlichkeitsarbeitern scheinbar nun doch zu plump), dann scheinen mir jedenfalls die wenig als Beleg für künftige "Unruhen" von "unten" zu taugen. Von Widerständigkeit, Verlust von Autoritätsgläubigkeit, Wut oder was für Vokabeln Du hier auch sonst noch einsetzen magst, um ein Bild von Unruhen "auf der Straße" (gar bürgerkriegsähnlichen) zu zeichnen, zeigt sich da keine Spur. Der "allgemeine Linkstrend", den Du in der Überschrift Deines Beitrags konstatierst - er mag sich demnächst in diesem Theater "bewahrheiten", doch wäre der eher eine Verschiebung wieder mehr hin zu einem Wählerstimmenzuwachs für die nicht schwarz und gelb, sonders anders gefärbten einschlägigen Parteien - die es dann richten sollen, betreuend, verwaltend, bevormundend wie die jetzigen, immer das Wohl des Untertanen im Auge. Noch mehr Staat (bis zur Aufgabe sog. Freiheitswerte) ist dem Untertanen 2010 kein Gräuel, sondern Hoffnung, das ist die Melodie der demoskopischen Ergebnisse, die Du zitierst. Von wegen Bereitschaft zu Unfrieden.

Die Unruhen, die gesehenen, kommen anders.

Gruß
Richard


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