ein Haus, in dem Streit herrscht, (Schauungen & Prophezeiungen)

Gerhard, Dienstag, 23.03.2010, 23:47 (vor 5141 Tagen) @ BBouvier (5319 Aufrufe)

ist leichter verwundbar gegen Angriffe von außen, als ein Haus, in dem sich alle einig sind, werter BB!

Wenn Du schreibst:

Ob ein Vaterlandsverräter den Feind dazu aufgefordert hatte,
das eigene Land zu überfallen, ist da völlig irrelevant.

so ist das in Bezug auf Griechenland 1915 eine völlig Verdrehung der historischen Tatsachen.

Es war so, dass König Konstantin und Premier Venizelos ab 1913 zunächst einmütig zusammenarbeiteten. Beide wollten ein großes Griechenland ("megali idea"). Venezilos hatte Kreta "heimgeholt", Konstantin im Krieg gegen Bulgarien Gewinne gemacht. Erst als 1914 der Krieg ausbrach, gerieten beide in Konflikt miteinander, weil der König glaubte, weitere Gewinne seien eher mit den Mittelmächten zu erreichen, während Venizelos die Alliierten als künftige Sieger sah. Noch heute bezeichnen die Griechen diesen Streit zwischen König und Premier als das "Nationale Schisma" (Ethnikos Dikhasmos). Dieser Streit der beiden Führer des Landes hat den Briten und Franzosen erst den Spielraum eröffnet, sich in Griechenland breit zu machen. Wären König und Premier einig gewesen, hätten die Alliierten keine Chance gehabt - höchstens mit einem echten "Überfall".

Du hast nun natürlich das Recht, Dich auf die Seite des Königs zu stellen, und Venizelos als "Vaterlandsverräter" hinzustellen (was die meisten Griechen seither wohl nicht getan haben, ganz im Gegenteil wird Venezilos bis heute in Griechenland hoch geschätzt). Ich selbst beschränkte mich darauf, die Verhältnisse so sachlich wie möglich zu beschreiben, quasi als "neutraler" Beobachter.

Interessant ist übrigens auch die Nachgeschichte. Trotz Sieg der Alliierten hat Venizelos am Ende seine Wahlen verloren und mußte gehen. Konstantin wurde wieder eingeladen, König zu werden, und ist nun (vermutlich wegen der größenwahnsinnigen "megali idea") selbst auf die Unterstützungsversprechungen der Briten reingefallen und hat einen Krieg gegen die Türkei gewagt. Das ging völlig schief, und er mußte erneut gehen, währen Venizelos wieder kam - aber am Ende ebenfalls nicht mehr glücklich mit seinen Griechen wurde. So wogt die Geschichte hin und her, denn wir leben (nicht nur geschichtlich) in einer polar strukturierten Welt.

Gibt es übrigens eine Schauung, dass "welche beim russischen Feldzug die Panzer mit roten Fähnchen" begrüßen? Oder ist das eine rhetorische Idee von Dir? Du meinst wohl den geschauten Angriff der Russen auf Deutschland? Und dass Deutsche wieder rote Fähnchen schwenken? Bin gespannt ...

Grüsse, Gerhard


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