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Mittelalter, Gold, Zivilisation (Freie Themen)

Taurec ⌂, München, Samstag, 13.03.2021, 13:05 (vor 1158 Tagen) @ Isana Yashiro (1369 Aufrufe)

Hallo!

An dieser Stelle ist die Frage angebracht, ob anderes Geld als Goldgeld überhaupt Geld ist. Schon Münzen aus Silber waren seit jeher dazu gedacht, Münzen aus Gold zu ersetzen, wenn es zu wenig Gold gab, um es als Geld verwenden zu können.

Abgesehen davon, daß Goldstückelung für alltägliche Geschäfte viel zu grob ist, weswegen sich das weniger wertvolle Silber anbietet (das im historischen Durchschnitt ca. 1/15 des Goldwertes hatte).

Du sagtest an anderer Stelle, daß der Begriff Mittelalter kein sinnvoller wäre. Dabei darf man aber nicht vergessen, daß der Begriff nicht erfunden wurde, um Spenglerianern zu widersprechen, sondern eine wirtschaftsgeschichtliche Beschreibung ist.

Der Begriff wurde eher von Humanisten erfunden, die merkten, daß mit ihrer Zeit eine irgendwie neue geistige Epoche angebrochen war, die sich von den vorangegangenen Jahrhunderten abhebt. Darüber hinaus war klar, daß die Antike, an der man sich verstärkt orientierte, sich durch einen Bruch dunkler Jahrhunderte von der eigenen Geschichte abhebt. Deswegen nannte man die Zeit zwischen Antike und humanistischer Neuzeit das Mittelalter. Das ist ein Begriff, der nur in Europa und nur für unsere Kultur anwendbar ist. Die ganze restliche Weltgeschichte fügt sich nicht darin ein, weswegen er als Kategorie eines umfassenden Geschichtsbildes abzulehnen ist.

Deshalb fängt das Mittelalter mit der Währungsreform Karls des Großen an.

Das wäre mir neu. Scheint eine willkürliche Setzung zu sein, weil der ordnende Geist irgendwo einen Pflock einschlagen muß, wo sich die Geschichte im Nebel verliert.

Das Mittelalter endete als man mit amerikanischem Gold zur Goldwährung zurückkehrte.

Angeblich kehrte man schon mit den Kreuzzügen wieder zu Goldmünzen zurück (Quelle). Folglich endet das Mittelalter im Jahre 1252, als Florenz mit dem Fiorino d’oro die erste Goldmünze prägte. ;-)

Das heißt, wir leben heute in einem neuem Mittelalter.

Das alte Mittelalter wäre da sicher beleidigt, wenn es sähe, wie die Menschen heute im Gegensatz zu ihm drauf sind. :ok:

Enden kann es nur, indem wieder eine Edelmetallwährung oder etwas noch besseres eingeführt wird.

Enden würde es zum Beispiel, wenn man die Demokratie abschaffte und durch ein hierarchisches Stände- bzw. Kastensystem ersetzte, das von adligen Fürsten geführt wird. Die Währung wäre als ein Aspekt des Wirtschaftslebens, das wiederum nur ein Aspekt des Lebens ist, nur eine Komponente. Also irgendwas kann an Deinem von der Wirtschaftsseite her gedachten Geschichtseinteilung nicht stimmen...

Aber das Problem mit dem Goldgeld ist ja gerade, daß nicht genügend Gold vorhanden ist! Wo soll das Edelmetall also herkommen?

Markus Krall führte das in seinen Vorträgen gelegentlich aus: Obwohl die Goldmenge im Deutschen Kaiserreich relativ stabil blieb, wurde die Geldmenge ausgeweitet und ein unvergleichlicher Wirtschaftsboom eingeleitet. Maßgeblich ist wohl nur, daß das Geld nominal goldgedeckt ist (in der Annahme, daß nicht alle gleichzeitig das Versprechen einzulösen gedenken). Aber auch das war eigentlich Staatsgeld.

Die Römer, die aufgrund ihre antiken, körperbezogenen Seelenverfassung kein mit Abstrakta hantierendes dynamisches Währungssystem hatten wie wir im Abendland, standen da vor wirklichen Problemen, da sie Gold tatsächlich materiell in konkreter Münzform handelten, was mit der Ausweitung des Imperiums zu einer Ausdünnung des Goldbestandes und der Notwendigkeit einer weiteren Ausdehnung des Imperiums führte, um fremde Völker zu berauben und sich deren Edelmetallbestände anzueignen (insofern waren die Römer die Amerikaner der Antike, wobei es letzteren nicht darum geht, sich die fremde Währung anzueignen, sondern anderen die eigene als Zahlungsmittel aufzudrängen, um ihren "Wert" zu erhalten). Imperiale Überdehnung und Zusammenbruch waren die Folge, weil man an vielen Fronten dem Druck von außen nicht mehr standhalten konnte. Das trug neben anderen Faktoren zu der im Vergleich zu anderen Zivilisationen relativ kurzen Dauer der antiken Zivilisation bei.

Voraussetzung einer stabilen Goldwährung scheint ein Wirtschaftsraum zu sein, aus dem nicht mehr Gold abfließt als hereinkommt oder abgebaut wird, und der über eine lange Zeit stabile Bevölkerungszahl verfügt.

Das kürze ich mal als Aussage B ab. Sie widerspricht Aussage A. Es gibt doch irgendeine Bezeichnung dafür, wenn man neben der eigenen Aussage gleich noch das Gegenteil behauptet, damit man am Ende Recht behalten muß?

Nö, wieso? Bargeld ist nicht gleich nichtgoldgedecktem Geld. Geprägte Goldmünzen sind ebenso Bargeld wie Eurogeldscheine. Die Abschaffung der Golddeckung (1971 durch Nixon) war eine Aktion demokratischer Politiker (nicht der demokratischen Partei sondern Politiker in einem demokratischen System).

Wäre unter den Monarchien alles perfekt gewesen, dann hätte man sie nie gestürzt.

Mitnichten, denn die Etablierung einer Staatsform richtet sich nicht danach, ob sie nützt oder nicht, sondern nach der Phase im Zyklus der Kulturen. Das Ende der Monarchien war gekommen, weil der rationalisierende und organisierende Intellekt der Großstädte mit seinen abstrakten und ideologischen Gesellschaftsentwürfen die Oberhand über Blut und Boden gewann, während zeitgleich die herrschenden Familien Europas nach 1000 Jahren blutmäßig ausgelaugt waren und den Kampf gegen jene, die sie in Frage stellten, nicht mehr führen konnten.
Wie sich seitdem regelmäßig herausstellt, sind alle abstrakten Gesellschaftsentwürfe grundsätzlich unperfekt und nur temporär stabil, was sie der organisch gewachsenen Kultur unterlegen macht. Nachdem letztere aber vernichtet wurde, läßt sie sich nicht mehr wiederherstellen. Der Intellekt kann nicht planhaft ins Leben rufen, was sich grundsätzlich der Planbarkeit entzieht. Es verhält sich wie mit einem Gärtner, der zwar anpflanzen, düngen und die Voraussetzungen für Wachstum schaffen kann, während das Wachstum selbst, die Lebendigkeit einer Pflanze sich aus immateriellen Quellen speist, die sich dem Intellekt entziehen. Das ähnelt dem Böckenförde-Diktum, mit dem konservative Staatsrechtler schon lange erkannt haben, daß die modernen säkularisierten Staaten auf Grundlagen fußen, die sie selbst nicht garantieren können. Die demokratischen, liberalen und sozialistischen Gesellschaftsexperimente der letzten beiden Jahrhunderte haben die Kultur getötet und damit die Voraussetzungen des organischen Wachstums. Alle Versuche, es anders oder besser zu machen als die Vorväter und ein utopisches "perfektes" Staatswesen einzurichten, haben nur noch tiefer in den Untergang geführt. Jetzt befinden wir uns in einer Münchhausensituation, in der wir uns selbst am Schopfe aus dem Sumpfe ziehen müßten.

In einem späterem Beitrag lieferst Du eine kurze Erklärung des debitistischen Wirtschaftssystems (in dem wir leben). Da ist es seltsam, edelmetallhaltiges Bargeld zugleich als den höchsten Preis zu bezeichnen. Goldgeld wurde schließlich eingeführt, um debitistisch wirtschaften zu können.

Gemeint war nicht das Goldgeld als höchster Preis, sondern der unschätzbare Gewinn, der uns winkte, wenn es uns gelänge, den selbstzerstörerischen Modus zu beenden, in dem sich unsere auf liberalen-demokratischen und (zunehmend) sozialistischen Grundlagen organisierte Zivilisation befindet. Andernfalls dräut uns womöglich ein ähnlich schnelles Ende wie dem alten Rom.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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