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Widerstand gegen das System (Freie Themen)

Taurec ⌂, München, Freitag, 12.03.2021, 14:55 (vor 1135 Tagen) @ Frank Zintl (1520 Aufrufe)

Hallo!

Ein berechtigtes und dringliches Anreden zerredet und zerr-analysiert, statt den Hilferuf zu hören.

Ich sag' Dir was: Wenn das, was Du da fabriziert hast, Hand und Fuß gehabt hätte, wäre Zerreden gar nicht möglich gewesen.

Wenn ich am Absaufen bin und nahc Hilfe schreie, brauche ich einen Rettungsring, nicht jemand, der mir voranalysiert, ob ein Rettungsring uberhaupt Leben retten kann.

Wenn es kein Leben retten kann, ist es kein Rettungsring. So einfach ist das.
Besser ausgedrückt: "Wenn ich am Absaufen bin und nach Hilfe schreie, brauche ich einen Rettungsring, nicht jemanden, der mir voranalysiert, daß mein erwarteter Rettungsring in Wirklichkeit gar keiner ist."
Gibt aber jemand einen Hinweis, wie die Dinge wirklich liegen, ist es nicht genehm, weil man auf seinen Wunschrettungsring wartet, der vielmehr nur eine morsche Planke des Schiffes ist, mit dem man untergegangen ist.

Viele dieser "Widerstände", die heutzutage organisiert werden, bringen nichts, weil es eigentlich gar keine Widerstände sind. Die Leute hängen den selben geistigen Axiomen an, die den Niedergang vorantreiben. Statt den modernen Staat und die Demokratie als Vehikel der Auflösung der Kultur und Unterdrückung zu begreifen, glauben sie, daß die Demokratie nur nicht ordentlich umgesetzt worden wäre und der Staat nur reformiert werden müsse. Auf dem Weg in den Untergang wollen sie ein paar Stufen zurückgehen, um die letzten Schritte nach unten nochmal ordentlich durchzuführen. Da werden dann z. B. Parteien gegründet, die konservative Positionen der Achtziger und Neunziger Jahre vertreten, oder Initiativen, welche die "liberale Marktwirtschaft" wiederherstellen wollen, weil das die Umstände sind, die den Leuten aus ihrer romantisch verklärten Jugend erinnerlich sind, in der die Zivilisation eine Phase relativer Stabilität durchlief. Ziel ist dann ein liberal-konservativer Staat mit Marktwirtschaft, der dann gefälligst auf dieser Stufe für ewig eingefroren werden soll, was völlig ahistorisch und utopisch ist. Daneben gibt es oft die Forderung nach Beendigung der (linken) Gesellschaftsexperimente, und zwar in völliger Verkennung der Tatsache, daß bereits die Einführung der Demokratie und Umwandlung der Monarchien in Republiken ein gewaltiges Gesellschaftsexperiment war, das inzwischen so tief in die Geister der in seinem Banne Lebenden gesunken ist, daß sie gar nicht mehr begreifen können, wie stark sie selbst das Produkt dessen sind, was die Ursache der Mißstände ist. In ihrem geistigen Gefängnis laufen sie im Kreise und können ihre Fesseln nicht erkennen.

Die Bargeldabschaffung ist auch nicht unser primäres Problem, sondern allenfalls Begleiterscheinung. Wichtig erscheint sie jenen, welche das Leben von seiner Wirtschaftsseite her denken, die jedoch nur einer, aber nicht der zentrale Aspekt ist.

Ist Dir außerdem klar, daß heutiges Bargeld bloß eine mehrerer möglicher Erscheinungsformen eines Geldes darstellt, das schon lange kein "richtiges" Geld mehr ist? Wir leben in einem System, in dem Geld eine durch Kreditvergabe ins Leben gerufene Schuld ist, die von den Wirtschaftssubjekten untereinander gehandelt wird. Bargeld ist darin nur eine Möglichkeit, Schuldversprechen von Angesicht zu Angesicht weiterzureichen. Die Einlösung dieser Schuldversprechen wird von höheren Stellen garantiert. Ihre Substanz beruht aber lediglich aus dem gemeinsamen Vertrauen der Wirtschaftssubjekte in diese Institutionen und der Möglichkeit der Schuldner, fällige Schuldversprechen durch die irgendwie zu erfolgende Akquirierung anderer Schuldversprechen zu bedienen. Bargeld ist in diesem System tatsächlich eine Möglichkeit, noch halbwegs anonym zu agieren. Deswegen wurden die Grenzen der anonymen Bargeldzahlung längst so weit gesenkt, daß quasi alle Aktionen, die systemrelevant oder potentiell systemgefährdend sind, nur noch elektronisch getätigt werden können. Bargeld ist längst nur noch alltäglichen Transaktionen vorbehalten, deren völlige elektronische Abwicklung (derzeit noch) keinen systemischen Nutzen birgt, weil der Aufwand, selbst die geringsten Summen elektronisch zu erfassen, sich nicht rechnet. Die Bevölkerung soll außerdem, so meine Vermutung, in der Illusion eines "freien Zahlungsverkehrs" gehalten werden, indem >90% der Transaktionen, die tatsächlich nur geringfügiger Natur sind (alle täglichen Einkäufe, Trinkgelder, Feierabendbiere usw.) noch mit Bargeld getätigt werden können. Daher wird es womöglich zu keiner endgültigen Abschaffung des Bargeldes kommen. Hingegen bleibt alles Relevante, inklusive der Lohnzahlungen (!!!), auf elektronischer Ebene.
Das sollte man nicht übersehen: Solange man als Angestellter seinen Arbeitslohn oder als Unternehmer seinen Erlös (und zwar auch für Millionenaufträge!) nicht ausschließlich bar empfangen kann und hierfür auf ein elektronische Bankkonto angewiesen ist, lebt man doch schon in einem bargeldlosen System, in dem elektronisches Geld nur noch aus Bequemlichkeitsgründen kurzfristig in Bargeld umgetauscht werden kann.

Dein Aufruf kommt mit Sicherheit um Jahrzehnte zu spät. Das Kind ist doch schon längst in den Brunnen gefallen! Die Möglichkeit, es wieder aus dem Brunnen zu holen (über Rettungsringe, aber solche, die wirklich welche sind) besteht nicht darin, die letzten Reste baren Spielgelds zu retten, sondern das System an sich zu stürzen.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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