Dorfrepublik (Schauungen & Prophezeiungen)

ITOma, Samstag, 10.10.2015, 15:30 (vor 3135 Tagen) @ Wizard (4428 Aufrufe)

Hallo Wizard,

Zu Rüterberg, das Du als Beispiel für eine gelungene Dorfrepublik anführst:

Rüterberg war von der DDR durch Grenzanlagen (die die DDR gebaut hatte) völlig abgeschottet und wurde durch Grenzsoldaten der DDR bewacht. Zugang war nur tagsüber und mit Passierschein möglich. Als Reaktion darauf riefen die Einwohner die "Dorfrepublik" aus.

Das lief offenbar so ab (Alle Zitate: wikipedia.de; habe woanders auch nichts anderes gefunden):

(Der Bürgermeister) "Rasenberger hatte am 24. Oktober 1989 eine Einwohnerversammlung beantragt, was gemäß den Vorschriften auch ins Ministerium für Staatssicherheit nach Berlin gemeldet wurde. Die Versammlung wurde für den 8. November genehmigt. Neben 90 Einwohnern waren im Gemeindehaus Vertreter vom Rat des Kreises Ludwigslust, ein höherer Offizier der Grenztruppen und der Leiter des Volkspolizeikreisamtes zugegen, denen ein von Rasenberger sorgfältig vorbereitetes Dokument vorgelegt wurde, in dem es darum ging, sich in einer Dorfrepublik fortan die eigenen Gesetze zu schaffen und sich nicht länger von der DDR-Führung bevormunden zu lassen. Die Bewohner beschlossen einstimmig die Einrichtung der Dorfrepublik. Bereits einen Tag später fiel die Berliner Mauer und Rüterberg war seit dem 10. November 1989 frei zugänglich."

Da liegt der Hase im Pfeffer: Die hatten einfach Glück. "Saved by the bell" sozusagen. Die DDR hatte einfach keine Zeit mehr, die unter Druck zu setzen und ihrer "Dorfrepublik" die Versorgung abzuschneiden. Wäre der Fall der Mauer ein paar Monate später gekommen, dann hätten die Rüterberger die DDR auf Knien angefleht, wieder in ihren Schoß zurückkehren zu dürfen, damit sie wieder was zu essen kriegen.

"Am 14. Juli 1991 erhielt die Gemeinde Rüterberg vom Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern das Recht, die Bezeichnung „Dorfrepublik 1961–1989“ (ab 2001 „Dorfrepublik 1967–1989“) als Zusatz auf allen Ortsschildern zu führen. Bei dem Akt der staatlichen Anerkennung, der Verleihung der Urkunde, waren 100 Jugendliche aus 19 Nationen anwesend."

Na klar - das hat sich der Westen nicht entgehen lassen. Kostet ja auch nix. Es hieß ja wohlweislich "Dorfrepublik 1961–1989" , also in der bösen DDR-Vergangenheit. Hätte nur noch das Wörtchen "ehemalig" gefehlt, aber so deutlich wollte man's ihnen wohl nicht gleich sagen.

Dorfrepubliken sind das angreifbarste, was es überhaupt gibt, denn jede Enklave ist verletzlich, wenn sie nicht unter dem Schutz eines mächtigen Nachbarstaates steht.

Grüße
ITOma


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