Was tun (Schauungen & Prophezeiungen)

ITOma, Samstag, 10.10.2015, 14:30 (vor 3135 Tagen) @ Wizard (4495 Aufrufe)

Hallo Wizard,

Ja, es ist auch ein Konsumverzicht, aber nicht nur. Es geht ja nicht darum, grundsätzlich auf alles zu verzichten, sondern gezielt Dinge die man nicht braucht. Man muss keinen Zweit- und Drittwagen haben, und ebenso braucht man nicht ständig das neueste Handy, die neueste Glotze usw. Solche Aktionen schaden den Konzernen (weniger Profit) und dem Staat (weniger Steuereinnahmen).

Ja, mir ist das schon klar.

Das Problem liegt, denke ich, tiefer. Diese ganzen überflüssigen Käufe von Konsumgütern sind Ersatzbefriedigungen für etwas, das den meisten Leuten die letzten 70 Jahre lang gründlich ausgetrieben wurde: der Stolz auf ihre Leistungen, und der Stolz, einem angesehenen Volk anzugehören. Man konnte bei der Fußballweltmeisterschaft sehen, wie froh die Leute waren, endlich mal "Flagge zeigen" zu dürfen, und das waren zu 90% keine Nah-Ziehs. Aber nachdem die WM vorbei war, herrschte wieder der Alltag, wo die Leit-und Massenmedien einem andauernd einreden, man müßte sich schämen, deutsch zu sein. Und das dann morgens zum Frühstück, und abends als "Dessert" zu einem harten Arbeitstag. Die Leute haben dadurch den Eindruck: egal, wieviel und wie gut wir arbeiten, wie sehr wir uns reinhängen: wir werden nie gelobt dafür, wir hören nie: ihr seid tolle Leute! Allenfalls bekommen sie ein wenig mehr Geld, und dafür kaufen sie sich dann eben etwas. Sie brauchen es zwar eigentlich nicht, und das wissen sie im Grunde auch, aber es gibt ihnen ein gutes Gefühl, wenn sie es kaufen, und vielleicht noch eine Woche danach. Dieses gute Gefühl beim Einkaufen ist das einzige, was sie als (emotionalen) Lohn für ihre Arbeit bekommen.

Man weigert sich nicht, die Steuern zu bezahlen, was letztlich nicht möglich ist, weil da der Staat am längern Hebel sitzt. Man sorgt dafür, dass diese Steuern erst gar nicht fällig werden.

Grundsätzlich natürlich richtig.

Beispiel Kfz:
Keine Kfz-Steuer, keine Mineralölsteuer, keine Versicherungen usw.

"Ohne Auto leben" klappt nur in den Städten, und wird da auch zunehmend gemacht, wenn auch oft aus anderen Gründen.
Außerhalb der Städte ist es mittlerweile de facto unmöglich, ohne KFZ zu leben. Alle Infrastruktur (Läden, Schulen, Ärzte, Behörden) ist zentralisiert in der Kreisstädten, Arbeit gibts vielerorts nur in der Stadt und öffentlicher Nahverkehr ist auf den Dörfern spärlich bis gar nicht vorhanden. Noch in den 70er Jahren war das anders. Wenn man nicht endlos viel Zeit hat, weil man arbeiten gehen muß, kann man das nicht mit dem Fahrrad auffangen.
Und das Auto ist natürlich auch ein Statussymbol. Wer keins hat, ist ein Hungerleider.

Beispiel Arbeit:
Wenn man weniger Arbeitet, bekommt der Staat weniger Steuern. Wenn man gar nicht mehr Arbeitet, bekommt er noch weniger bis gar nichts und kann im Gegenzug noch draufzahlen. Hinzu kommt die fehlende Arbeitsleistung. Hunderttausende hängen hier als Aufstocker im Niedriglohnsektor und jammern herum, dass sie von ihrer Arbeit nicht leben können. Aber statt den Mist hinzuschmeißen, suchen sie sich Zweit- und Drittjobs, von denen sie immer noch nicht leben können, und jammern weiter. Würden nur 20 - 30% der Hungerlöhner aufwachen, und diesen Mist sein lassen, hätte das System ganz schnell arge Probleme.

Das liegt daran, daß sie wissen: sie können von Hartz4 kaum menschenwürdig leben und werden zusätzlich noch systematisch stigmatisiert als "asoziale Schmarotzer". Sie würden nicht nur den bisher mit Zweit- und Drittjob mühsam gehaltenen Lebensstandard verlieren, sondern vor allem ihre soziale Stellung. Besonders wenn man Kinder hat, überlegt man sich das dreimal. Die sind dann in der Klasse, im Sportverein usw. nämlich unten durch. Will man ihnen das antun? (Ich weiß, wovon ich rede. Ich war zeitweise eine von denen mit Kind und drei Jobs.)

Das Problem bei Aktionen wie Komsumverzicht ist leider: wenn es nicht sehr viele sind, die das geordnet tun, bewirkt es so gut wie nichts.


Das Problem ist TEAM = Toll, ein Anderer macht’s.
Bis auf wenige Ausnahmen stellen sich alle hin und jammern und erwarten das große Wunder das andere anfangen und sich etwas ändert. Aber genau so funktioniert das eben nicht. Jeder muss bei sich selber anfangen und nicht erst drauf warten, dass ein anderer anfängt.

Stimmt, das ist auch ein Faktor. Aber eben nicht der einzige.

Konsumverzicht ist wie eine Schrotflinte. Man trifft schon, aber es gibt auch viel Schaden: die Wirtschaft des eigenen Landes, die nötigen und erwünschten Investitionen wie Schulen, öffentlicher Nahverkehr, Krankenhäuser, Altenpflege ... Du kannst eben nicht bestimmen, wofür die Steuern verwendet werden. Die Regierenden haben keine Skrupel, die Steuern für ihre eigenen Zwecke zu verwenden (für die Kommunen, für Radwege und Schulen ist kein Geld da, für bankrotte Banken oder mal 'ne Million Zuwanderer aber immer!). Wenn zu wenig Steuern für die Ausgaben da sind (wie schon seit Jahren), nimmt die Regierung eben Schulden auf. Die dürfen dann unsere Kinder und Enkel bezahlen. Und Du wirst sehen, wenn das mit dem Konsumverzicht um sich greift, führen sie die Kopfsteuer wieder ein. Dann mußt Du arbeiten, um die zu bezahlen, oder auswandern.

Wo wäre beispielsweise der einleuchtende Zusammenhang zwischen dem ungebremsten Hereinholen von Zuwanderern und der Aktion, daß ich auf mein Auto verzichte und Fahrrad fahre?

Steuern die ich nicht bezahle, können sie auch nicht zum Fenster raus schmeißen.

Ja, uns ist das klar, aber das ist zu lang für eine "Bild"-Schlagzeile. Das hatte ich gemeint mit "der einleuchtende Zusammenhang.
Außerdem weckt "Steuern, die ich nicht bezahle" aufgrund jahrzehntelanger Indoktrination in Deutschland sofort die Assoziation "Schmarotzer" . In Italien und Griechenland ist das anders, da ist man ein Held, wenn man keine Steuern zahlt. Aber damit das bei uns ja nicht einreißt, wird ja gerade ein Exempel an Griechenland statuiert.

Aber was ist mit vielen, vielen Mikro-Demos gleichzeitig? Da wird es schwieriger mit den Gegenaktionen, wegen Personalstreuung. Und wenn (angemeldet! aber ohne Thema + ohne Transparente!) in jedem Ort ein paar Leute einfach dastehen und schweigen oder eine Strecke gehen und schweigen, erweckt man Neugier. Aber sie können einem nichts tun oder vorwerfen, weil man ja nichts tut außer ordnungsgemäß angemeldet herumzustehen oder zu -gehen. Ohne was zu sagen. Und ohne Transparente. Also auch ohne Möglichkeit von "Mißverständnissen". Immer zur selben Zeit am selben Ort. So lange, bis sich was ändert. Das darf man ja. Das ist CMs Vorschlag im Gelben, und den find ich gar nicht so schlecht.


Das Problem bei solchen Aktionen ist immer, dass man dann auch angreifbar ist. Egal, wie groß oder klein man das aufzieht. Und erreichen tut man damit gar nichts.

Angreifbar ist man natürlich immer, sobald der Angreifer sich einen Dreck um Recht und Gesetz schert, oder sich das Recht einfach selber bastelt. Aber sonst mit dieser Methode kaum. Und erreichen kann man damit durchaus etwas: Gandhi war ja auch nicht gerade erfolglos.

Schöne Grüße
ITOma


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