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"Selig sind die Sanftmütigen" (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Donnerstag, 02.08.2018, 16:13 (vor 2096 Tagen) @ Ranma (らんま) (2200 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Donnerstag, 02.08.2018, 18:05

Hallo!

Endlich. Ich hatte mich schon lange über unterschiedliche Übersetzungen gewundert. Wenn ich ‚geistig Arme‘ aus dem Bibelvers zitierte, dann wurde ich gerne mal auf ‚die Sanftmütigen‘ korrigiert.

Weil es sich offenbar um solche Zeitgenossen handelt, die aus Unkenntnis nur den zwei Verse weiter stehenden Satz im Sinne haben.

Matthäus 5,5: "Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen."

Wobei es sich, wie ich hier bereits anmerkte, auch hierbei um eine entstellende Fehlübersetzung handelt.
Das originale altgriechische Wort "πραεις"/"praeis" hatte in seiner ursprünglichen Bedeutung (siehe den Hinweis auf Aristoteles) mehr den Sinn "gewaltbereit, aber seine Leidenschaften unter Kontrolle habend".

Der Ruhm gebührt also nicht jenen Pazifisten, die von Natur aus sanftmütig und wehrlos sind, da sie keine besondere Leistung vollbringen, sondern den zur Gewalt Fähigen und Bereiten, die sich zur rechten Zeit im Zaume halten können.
Pazifisten und Schwächlinge geraten zu allen Zeiten unter die Räder. Wer seine Gewalt jedoch dosiert zur Anwendung bringt, wenn es notwendig (!!!) ist, dem gehört das Erdreich (!) im Gegensatz zum Himmelreich in 5,3.

Hier wird also eine gänzlich andere Art der Zurückhaltung anempfohlen.
Das Himmelreich tut sich jenen Menschen des Geistes auf, die sich in Demut üben.
Das Erdreich gehört den Menschen der Tat, die ihre Gewalt nicht mißbrauchen, sich nicht von den Leidenschaften zur Machtausübung verleiten lassen, sondern gleichsam dem Ideal der Ritterlichkeit folgen.
(Damit wären wir wieder beim hier erwähnten Gegensatz. Natürlich wirkt jeder Mensch in beiden Bereichen.)

Ich frage mich, welche Fehlübersetzungen in den restlichen Sätzen der Passage Matthäus 5,3-10 noch vorliegen. Mir scheint beinahe, der Text wird (absichtlich?) so übersetzt, um Menschen durch ein Ideal der Schwäche und Wehrlosigkeit zu dankbaren Opfern und (wie der verdrehte Christus) ewig Leidenden zu machen, denen sowohl Schärfe des Verstandes als auch Gewalt an sich verächtlich gemacht werden durch falsch verstandene Sanftmut und geistige Schlichtheit.
Damit läge ein erheblicher Wurm im Christentum vor, der heutigen gesamtgesellschaftlichen Verfallserscheinungen Vorschub leistet und durch richtige Übersetzung und Interpretation gezogen werden könnte.

Anastasias Übersetzung ‚kein Klassenbewußtsein‘ finde ich klasse.

Mit "Klassenbewußtsein" habe ich ein Problem, weil es ein rein moderner sozialistischer Begriff ist, der im Originalwort "pneuma" gar nicht enthalten ist. Gemeint ist doch eher Demut gegenüber erblickten und geahnten geistigen Höhen.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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