Avatar

Die menschliche Apotheose (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Dienstag, 10.01.2023, 09:57 (vor 472 Tagen) @ Nullmark (1398 Aufrufe)

Hallo!

Das ist wohl wieder ein Beispiel, wie sich moderne Menschen von technischem Fortschritt (also vom großen, quasireligiösen Mythos ihrer Zeit) faszinieren lassen, als wäre es nicht eine der trivialsten Tatsachen unserer Epoche. Wer sich nicht nur von Erfindungen in den Bann schlagen läßt, die er persönlich nie zu machen in der Lage wäre, als sei es reine Magie, sondern den steten Verlauf der technischen Entwicklung hin zu einer vom Menschen gemachten Imitation der Schöpfung begriffen hat, dem ist es durch lineare Extrapolation in die Zukunft natürlich schon damals treffend zu prognostizieren möglich gewesen, daß es Fluggeräte, Autotelefone, Bildtelefone, Roboter usw. geben würde. Dafür mußte man kein Seher sein. Was wir heute "künstliche Intelligenz", "Transhumanismus" nennen, war bereits damals als Ziel der Entwicklung implizit angelegt und konnte von wachen Menschen jener Zeit, die noch größere klassische Bildung und Bindung an die traditionelle Welt besaßen und wie damals jeder (!) Intellektuelle Spengler gelesen hatten, durchaus als dräuende dämonische Gefahr der technischen Zivilisation erahnt werden.

Der faustische Mensch der Spätzeit seiner Kultur und der Zivilisation hat Gott getötet und sich selbst auf dessen Thron gesetzt. Kraft seiner rationalen Fähigkeiten will er nun selbst an die Stelle der Schöpfung Gottes eine eigene setzen, die alle wesentlichen Eigenschaften der ursprünglichen Schöpfung hat, aber in einer vom Menschen verbesserten Variante, die möglichst vollkommen dem menschlichen Willen entspricht. Und wie die erste Schöpfung soll die menschliche Schöpfung natürlich eigenständig werden und von den Marionettensträngen ihres Konstrukteurs losgelöst ein seinen eingegebenen Gesetzmäßigkeiten folgendes Eigenleben führen.
Auf diesem Pfade fortschreitend war die Entwicklung der Technik von Anfang an darauf gerichtet, durch Erweiterungen und Vergrößerungen der natürlichen Möglichkeiten des Menschen ein Gehäuse zu schaffen, das im wesentlichen eine Verbesserung seiner körperlichen und geistigen Funktionen ist. Dies begann mit den ersten Maschinen und der Eisenbahn, die zunächst die Kräfte des Menschen und seine Bewegungsfähigkeit im Raume vergrößerten, setzte sich mit dem Automobil und dem Flugzeuge fort und machte mit dem Telegraphen, dem Telefon, dem Radio, Fernseher und schließlich dem Internet (alles durch ein Strom-, Kabel- und Funknetz wie durch ein gigantisches Nervensystem verbunden) den Sprung von den körperlichen zu den geistigen Fähigkeiten. Alle modernen Medien, die gesamte Computertechnologie ist eine Erweiterung und Vergrößerung des menschlichen Gehirns. Indem alle Informationen der Welt im Internet vorhanden sind, ist die gesamte Welt (jedenfalls insofern sie für den Menschen von Belang ist) jedem menschlichen Verstande zugänglich. Damit ist die Außenwelt sozusagen zur Innenwelt umgeschlagen worden und existiert als eine Vorstellung in unseren Köpfen. Indem wir nun (freilich surrogathaft) die gesamte Welt in uns tragen, sind wir bzw. der faustische Mensch tatsächlich zu einer Art Nachahmung Gottes geworden, der in sich das gesamte Universum birgt.
Die nächsten Schritte liegen klar auf der Hand: Die noch immer mechanische Bedienung der Computer muß durch eine direkte geistige ersetzt werden. Erste Erfolge der Computerbedienung durch Gedankenkraft bzw. Gehirnimpulse wurden bereits erzielt. Dies umgesetzt schließt sich logischerweise zwingend die Wahrnehmung der Information durch Umgehung der körperlichen Sinne und unmittelbare Übertragung ins Gehirn an. Auch das wird jedoch nicht genügen. Das weltumspannende Ersatzgehirn muß von seinem Erschaffer unabhängig zu denken lernen, auf daß die Schöpfung dem Schöpfer ohne dessen weiteres Zutun zu Diensten sei und in seinem Sinne auf der Welt wirke und die Schöpfung des (getöteten) Urgottes eigenständig im menschlichen Sinne verbessere.
Weil der Mensch aber seine eigenen Impulse auf seine Objekte überträgt, muß er befürchten, daß seine Schöpfung mit ihm irgendwann ebenso verfahre, wie er mit seinem Gotte umgegangen ist: nämlich daß sie ihn vom Thron stürzt, weil sie meint, seiner nicht mehr zu bedürfen. Willentlich oder nicht ist die Abschaffung des Menschen ein Endziel dieser Entwicklung, indem er einerseits bis zur Unkenntlichkeit mit seiner Maschinerie verschmolzen wird, andererseits von der Maschine wie ein nicht mehr benötigtes Teil entsorgt wird. Diese schlichte psychische Projektion ist die Grundlage sämtlicher Dystopien, in denen sich die Maschinen gegen den Menschen erheben, um ihn zunichte zu machen. Damit schließt sich der Kreis des großen Mythos, in welchem sich der faustische Mensch selbst bespiegelt. Im Idealfall erkennt er sich darin selbst und geht gereift daraus hervor. Im schlimmsten Falle macht uns die Natur keinen Strich durch die Rechnung oder uns versagen nicht durch substantielle Ermüdung vor Verwirklichung unserer Utopie die Kräfte, was möglicherweise wirklich in unserer Selbstvernichtung enden würde.

Die von N.I. benannten Details sind interessant.

Auf mich wirkt das überinterpretiert, weil er seinen gedanklichen Ausgangspunkt ("versteckte Prophezeiung", "sublime Botschaften") überstrapaziert. Aus einer blubbernden Glasröhre macht er einen "Mikrofusionsgenerator", aus einem zum Neger geschminkten Weißen der dekadenten Oberschicht (desgleichen war doch im Varieté der 1920er normal) einen Hinweis auf "Diversity", aus einer platten Darstellung des Turms zu Babel die EU.
Völlig absurd wird es, wo er seine Echnaton- und Illuminatentheorien in Metropolis hineinphantasiert. Da haben wir dann die typischen Zirkelschlüsse eines subjektiv Überzeugten, der selektiv überall Bestätigungen seines Weltbildes sieht, wobei er hanebüchene Verrenkungen machen muß. An einer Stelle vergleicht er z. B. die Ausrichtung der Kapelle im Film nach Nordosten mit der typischen Ausrichtung christlicher Kirchen nach Osten anhand des Kölner Doms – meinend, der Priester darin hätte die untergehende Sonne vor Augen. Er übergeht dabei (oder weiß womöglich gar nicht!), daß der Priester im römischen Ritus (es sei denn, der Kircheneingang war nach Osten ausgerichtet) mit der Menge im Rücken der aufgehenden Sonne zugewandt war. Seine Interpretation, auf welchen Sonnenuntergang die Maria im Film blicke, wirkt daher ziemlich an den Haaren herbeigezogen und – wie das gesamte letzte Drittel des Videos – gezielt darauf hin konstruiert, seine Amonideen aus anderen Videos einzubinden.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


Gesamter Strang: