Phänomen statt Kultur: Präkognitive Träume (Schauungen & Prophezeiungen)

Pat @, Freitag, 13.01.2023, 14:02 (vor 440 Tagen) @ detlef (626 Aufrufe)
bearbeitet von Pat, Freitag, 13.01.2023, 14:27

Hallo Detlef,

ich bin ein (nicht immer erfolgreicher) spoekenkieker, kein humanistischer oder esoterischer gelehrter.

oje, das waren wohl zu viele Begriffe und entsprechend zu wenig Erläuterungen. Allerdings denke ich, dass dir auch theoretisch mehr bekannt ist, als du bescheiden schreibst ;-)

Beispiel Castaneda:
"dann zieh dir mal die werke von Carlos Castañeda rein. mindestens dreimal. einmal zum gelesen haben, einmal zum kapieren, einmal zum begreifen. und danach zum vergnuegen oder zum experimentieren." Zitat Detlef.

Man könnte nun diskutieren (und über diese Brücke möchte ich aus Zeitgründen nicht ausführlich gehen), ob Castaneda alles nur aus esoterischer Literatur abgekupfert hat, oder ob in seinen Büchern ebenfalls mündlich tradierte, echte toltekische Glaubensvorstellungen drin sind.

Soweit ich das kapier, haben die meisten dieser begriffe in irgendeiner form mit "Glauben" zu tun.

Das Phänomen, worum es geht, ist nicht primär Kultur und Glauben, sondern – Beispiel Castaneda – Methoden, eine erweiterte Aufmerksamkeit zu erreichen. Ein Ansatzpunkt dafür sind luzide Träume (eine Art Wachsein im Traum). Und luzides Träumen ist nun nicht etwas genuin religiöses, toltekisches, sondern wurde auch wissenschaftlich in Schlaflabors untersucht.
Dzogchen aus Tibet, ist ähnlich wie Zen aus Japan (wenn auch nicht identisch).
Den kulturellen Hintergrund weggelassen (soweit wie möglich), geht es zumindest im Dzogchen auch darum, eine erweiterte Aufmerksamkeit zu erreichen und eine Methode ist ebenfalls das luzide Träumen. Letztlich geht es mir diesbezüglich um Präkognition.

Auf das Beispiel der Filmdokumentation habe ich im vorherigen Beitrag hingewiesen, da Yeshe, der Sohn des Namkhai Norbu, in Italien – als Europäer – aufgewachsen ist und seine Erfahrungen zeigen, dass bestimmte Phänomene – wie Zukunftsvisionen – über die Grenzen der Kulturen hinausgehen.
Sarah hat kürzlich einen grundsätzlichen Gedankengang geäussert, wonach wohl viele Begriffe oder Theorien betreffend Präkognition bereits formuliert wurden und man das Rad nicht neu erfinden müsse, soweit ich sie verstanden habe.
In dem Sinne hat es mich weitergehend interessiert, einmal in andere Kulturen (bzw. deren Einflüsse) oder in die griechische Antike einen Blick zu werfen, welche Ansätze dort bereits zu finden sind.

Abschliessend noch zwei Klarträume (=präkognitive Träume), über die Namkhai Norbu, ein tibetischer Dzogchenmeister und Gelehrter, der in den 60er Jahren nach Italien kam, berichtete:

[Traum; das persönliche soziale Umfeld betreffend]

Namkhai Norbu: "Vor vielen Jahren hatte ich in Italien eine Freundin. Sie war eine wirklich gute Freundin, eine begabte Sängerin, … Eines Nachts träumte ich, ich sei in einem Wagen unterwegs nach Neapel. Ich sah von vorn einen roten Wagen kommen. Als ich näher hinsah, erkannte ich am Steuer meine Freundin, und sie wirkte aufgebracht. Ich wendete und fuhr zurück nach Rom, und schon bald kam ich vor dem Haus an, in dem ich wohnte. Kurze Zeit darauf traf auch meine Freundin ein. Sie wirkte jetzt nicht mehr verärgert, sondern sagte: 'Ich möchte dir für deine Hilfe danken.' Ich schenkte ihr eine Schweizer Uhr. Dann sah ich sie wieder an, und sie hatte keinen Kopf. Ich war bestürzt.
Beim Aufwachen war mir sehr seltsam zumute. Ich versuchte, sie zu Hause anzurufen, aber ihre Mutter sagte, sie sei nach Lugano gefahren. Ich bat sie ihrer Tochter doch auszurichten, sie möge mich anrufen, aber es kam nichts, und ich rief selber wieder an. Ihre Mutter sagte mir, sie sei kurz zu Hause gewesen, aber sofort nach Jugoslawien weitergereist, wo sie ein Engagement hatte. Ihre Mutter hatte ihr nichts gesagt, weil sie unsere Freundschaft nicht guthiess. Meine Freundin kam dann aus Jugoslawien wieder nach Hause zurück und brach bald nach Neapel auf. Unterwegs hatte sie einen tödlichen Unfall."

[Zweites Beispiel; das Weltgeschehen betreffend]

Namkhai Norbu: "Vor vielen Jahren, 1960 – ich war damals gerade erst ein Jahr in Italien –, hatte ich einen Traum, in dem ich mit jemandem sprach, aber ich wusste nicht, wer es war. Dieser Jemand erklärte mir, wie sich die weltpolitische Lage entwickeln würde. Er sagte, zwischen China und Russland werde es konkrete Probleme geben. Ich erwiderte, das sei doch unmöglich, die beiden Ländern hätten eine tiefe Beziehung zueinander, schon aufgrund ihrer gemeinsamen kommunistischen Weltanschauung. (Als ich in China war, gab es da eine sowjetische Gesellschaft, die mit den Chinesen auf dem Gebiet der Propaganda und der kommunistischen Erziehung zusammenarbeitete.) Dennoch, die Stimme blieb dabei, dass es einen Konflikt zwischen den beiden Ländern geben werde. Und nicht nur das, fuhr sie fort, ausserdem würden sich zwischen den Vereinigten Staaten und China freundschaftliche Beziehungen entwickeln. Wieder sagte ich, das sei undenkbar. Die Stimme sagte, es werde trotzdem geschehen, weil die Lage zwischen China und den Vereinigten Staaten eine andere sei als die zwischen der Sowjetunion und China. Die Vereinigten Staaten und China hätten gemeinsame wirtschaftliche Interessen und ausserdem keine gemeinsame Grenze, die zu Streitigkeiten Anlass geben könnte.
Das war einer meiner Träume. Ich erzählte ihn am nächsten Tag meinem Mitarbeiter Geshe Jampa Sangye. Er fand auch, dieser Traum klinge sehr unwahrscheinlich.
Ein paar Monate später lesen wir in der Zeitung, dass es zwischen China und der Sowjetunion ernstlich Streit gab. Mein Freund Geshe staunte nicht schlecht. Und später staunte er noch mehr, als sich zwischen den Vereinigten Staaten und China freundschaftliche Beziehungen entwickelten. Das ist ein Beispiel für einen Klarheitstraum, der sich durch die tatsächliche Entwicklung als solcher erweist."

Namkhai Norbu. Traum-Yoga. Der tibetische Weg zu Klarheit und Selbsterkenntnis. Barth. 1994

Gerade der letzte Traum ist keine direkte Schau seitens N. N., also eher eine kurzfristige Prophezeiung, die damals evtl. eingetroffen ist?

Gruss, Pat


_

«Die Kritik der Religion endet mit […] dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.»
_

«Also war die Kritik der Utopie implicite bereits eine Kritik der Technologie in der Vorschau ihrer extremen Möglichkeiten.»
_

«Das ist wirklich ein zu weites Feld.»


Gesamter Strang: