Bewusstseinserweiternde Getränke und vielschichtige Texte (Schauungen & Prophezeiungen)

Leseratte, Dienstag, 20.04.2021, 10:41 (vor 1114 Tagen) @ Isana Yashiro (802 Aufrufe)
bearbeitet von Leseratte, Dienstag, 20.04.2021, 11:06

Hallo Isano,

über die Verbindung des Neuen Testamentes zu dionysischen Kulten hatte BRIAN C. MURARESKU in "THE IMMORTALITY KEY The Secret History of the Religion with No Name" geschrieben. Seine These ist, dass es über Jahrhunderte im Mittelmeerraum zu Zwecken der Bewusstseinserweiterung speziell gemischte Biere gegeben habe, eine Tradition, die später mit ebenfalls angereicherten Wein im Dionysos Kult weiter fortgeführt wurde. Inwieweit das sich im Neuen Testament widerspiegelt, vermag ich selber nicht zu beurteilen. Allerdings erscheinen manche Bilder im Alten und im Neuen Testament (Offenbarung, Daniel), die im hellenistischen Raum entstanden sind, an Drogenvisionen zu erinnern.

In einem Punkt irrst du dich meiner Meinung nach. Hochreligionen unterscheiden sich von Sekten durch die Pluralität und die Widersprüchlichkeit ihrer Lehren. Das Neue und das Alte Testament sind diesbezüglich wahre Fundgruben, die unendlich viele Interpretationen zulassen und sich, wie im Falle des Neuen Testamentes, diametral widersprechen. Die Alten haben wohl in der Antike bewußt einen so heterogenen Kanon ausgewählt. Würde man immer nur eine Interpretation (sozial, spirituell, geschichtlich oder mystagogisch) zulassen, würde man eine inhaltliche Verkürzung vornehmen, die einfältig wäre. Man sollte eine mögliche Sicht nicht als die einzige verkaufen, also etwa nicht die innerliche, spirituelle Erkenntnis gegen die Erlösung im Sozialen ausspielen wollen oder umgekehrt. Gerade weil die Überlieferung auf verschiedenen Ebenen agiert und widersprüchlich ist, ist sie Spiegel der Einheit. Daher ist es auch nicht möglich, in religiösen Texten das Geistige gegen das Materielle auszuspielen, Hiob erhält ja seine Güter zurück.

Doch du führst diese Trennung unter anderem Vorzeichen fort, wenn du das "Geistliche" als etwas eigenes, getrenntes einführst. Schönheit etwa, die wir im Materiellen durchaus wahrnehmen und auch auch schaffen können, beruht auf Harmonien, die an sich geistig sind, aber nun sich im Materiellen manifestieren. Wieso du das eine gegen das andere ausspielst, ist mir nicht klar, notwendig ist es nicht, es hat für mich etwas demagogisches. Sind im Inneren bei dir (außen ist ja nicht so schick, wie du schriebest) Gold, sind Schätze, die der oder die andere nicht hat? Und, wer sind die Toten, die zu begraben Unsinn ist?

Grüße Leseratte


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