paßt doch (Schauungen & Prophezeiungen)

Isana Yashiro, Sonntag, 25.04.2021, 04:56 (vor 1091 Tagen) @ Leseratte (635 Aufrufe)

Hallo!

Bei Jesus wissen wir, außer in gnostischen Schriften, von keiner Geheimlehre, noch von Geheimnissen, die nur die Elite wusste. Nur wissen wir nicht, was bei den gnostischen Evangelien – wie bei Daniel – nachträglich Jesus in den Mund gelegt wurde, einzig die Logienquelle in den synoptischen Evangelien scheint von Augenzeugen zusammengefasst zu sein.

Markus 4:
„33 Und durch viele solche Gleichnisse sagte er ihnen das Wort so, wie sie es hören konnten. 34 Und ohne Gleichnisse redete er nicht zu ihnen; aber wenn sie allein waren, legte er seinen Jüngern alles aus.“

Die synoptischen Evangelien selbst berichten also davon, daß Jesus den Jüngern mehr lehrte als in der Öffentlichkeit. Diesen zusätzlichen Lehren kommt man mit den biblischen Berichten alleine leider nicht auf die Spur.

Nun zum Letzten, was du schreibst. Mir scheint, dass du sagen willst, dass die Aussage Jesu, "Laß die Toten die Toten begraben" eine Absage an den Materialismus sei. Und dass dies eigentlich Widerworte gegen die heutigen, seelisch oder spirituell toten Menschen seien. Es passt aber nicht. Im Mittelmeerraum war damals des Bestatten der Toten bei Griechen und Juden eine religiöse Pflicht.

Genau deshalb paßt es! Niemand hätte den Spruch seinerzeit so verstanden, daß man die Toten einfach herumliegen lassen und bei der Verwesung beobachten solle. Natürlich war jemand, dessen Vater verstorben war, an den Wanderprediger herangetreten. Dieser antwortete dem Mann, daß sich jemand anderes um das Begräbnis kümmern könne und zwar jemand, dem nichts an der christlichen Lehre liegt. Das Wort Tote wird in dem einen Satz zweimal verwendet und das in jeweils einer anderen Bedeutung. Das ist dem Verständnis eines Textes abträglich, aber der Autor des Evangeliums hat es wohl für ein gutes Stilmittel gehalten. Dieses Stilmittel findet sich auch in anderen alten Texten.

Hinzu kommt, dass es zwar in Israel Sadduzäer gab, die so nicht an eine Fortleben nach dem Tode glaubten, aber die gesamte Antike war so von Religion, Aberglauben und religiöser Praxis durchzogen, dass es schlichtweg keinen mentalen Raum für Atheismus gab.

Jesus wird dem Bittsteller eher gesagt haben wollen, daß der Tod kein Abschied für immer ist, so daß der Bittsteller sich nicht endgültig zu verabschieden hatte, sondern das auch ausfallen lassen konnte. Ob Gott existiert war dabei nicht die Frage.

Wenn überhaupt, lassen sich philosophische Grundzüge des Atheismus erst bei Wilhelm von Ockham finden (Gott sei eine Sache des Glaubens, die Regeln der Welt, also die scholastischen Ideen, seien nach den Dingen erst gedacht und man müsse sie so prüfen wie Folterknechte einen Angeklagten). Richtig virulent wird Atheismus erst in der Wende zum achtzehnten Jahrhundert, als man während der Hexenverfolgung kritischer geworden war gegenüber von Anklägern behaupteten magischen Praktiken und sich mit dem Kapitalismus in England eine Ideologie ausbreitete, die den esoterischen und magischen Zusammenhalt der Dinge, wie ihn die Alchemie kannte, leugnete. Schwierig ist es immer, das Heute auf das Damals zu Übertragen.

Ja, das ist wahr. Deshalb sollte man nicht einfach unterstellen, daß Jesus genau das getan habe, was Leute später machten oder heutzutage machen. Man sollte Jesus nicht einfach unterstellen, daß er die Zukunft vorhergesagt habe, sondern alle seine Aussagen daraufhin überprüfen. Ich finde nur eine sehr sehr kurzfristige Vorhersage:

Lukas 23:
„39Aber der Übeltäter einer, die da gehenkt waren, lästerte ihn und sprach: Bist du Christus, so hilf dir selber und uns! 40Da antwortete der andere, strafte ihn und sprach: Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? 41Und wir zwar sind billig darin, denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind; dieser aber hat nichts Ungeschicktes getan. 42Und er sprach zu Jesu: HERR, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst! 43Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein.“

Die Auslegung als „heute gehen wir auf eine Zeitreise in die Zukunft, in der ich das Paradies ins Diesseits gebracht haben werde“ wäre total seltsam. Ich halte die Auslegung „heute werden wir unsere materiellen Körper ablegen und als Seelen ins Jenseits überwechseln, wo sich das Paradies befindet“ für die geradezu offensichtlich richtige. Obwohl Jesus hier tatsächlich eine Vorhersage macht, beschreibt er das Reich Gottes immer als jenseitig und niemals als zukünftig. Das war es, worum es in diesem Teilfaden ging!

Gruß,
Shiro


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