Anmerkung zur Anmerkung (Schauungen & Prophezeiungen)

Ulrich ⌂, München-Pasing, Freitag, 20.01.2012, 02:35 (vor 4503 Tagen) @ rauhnacht (3219 Aufrufe)

Hallo rauhnacht,

Dass Nullmark ohne eigene Erfahrungen sich dafür interessiert, finde ich achtenswert.

meine Nörgelei richtete sich weder gegen Nullmark's Interesse am Phänomen des Vorauswissens, noch sehe ich, daß ich es missachtet hätte.

Abgesehen davon, daß ich das Forum nicht für einen geeigneten Ort halte, um den respektlosen Umgang irgendwelcher "forschender" Technokraten mit Pflanzen, Tieren oder Menschen breitzutreten und als "unterdrückte Erkenntnisse" zu deklarieren, halte ich den Bericht über Ebener und Schnürch für stark verzerrt:
Bevor irgendjemand etwas "kauft, um es in der Kiste zu versenken", muss es Jemanden geben, der es zum Kauf anbietet, um damit Geld zu verdienen.

Es sollte sich inzwischen herumgesprochen haben, daß Elektroschock-"Therapie" in der Psychiatrie der Gesundheit nicht zuträglich ist, trotzdem wurde Sie lange Zeit von den sie anwendenden Medizinern als vielversprechende Therapie der Zukunft angesehen.

Sehr ähnlich sehe ich Bürgin's Propaganda:
Gesetzt den Fall, das beschriebene Phänomen der Reaktivierung "verschütteter" genetischer Anlagen durch künstlich applizierte elektrische Felder existiert, kann man es - mit Nüchternheit statt Euphorie - auch als den verzweifelten Versuch der betroffenen pflanzlichen und tierischen Organismen verstehen, auf ein "historisch bewährtes" genetisches Notprogramm umzuschalten, um bei den plötzlich künstlich veränderten Umweltbedingungen, also dem applizierten elektrischen Feld, die Erhaltung der Art zu sichern.

"Da setzen wir die was-auch-immer 'mal einem Dauer-Elektro-Stress aus und schauen was passiert. Uiii, die erzeugen jetzt viel mehr Nachkommen (warum, soll uns egal sein), das lässt sich vermarkten, das lassen wir uns patentieren." Solche "Forscher" ekeln mich. Hochjubeln derer "Forschung" ebenfalls.

Das hätte ich freundlicher formulieren können, stimmt, will ich aber nicht.

Einen "Knoten", um von Nullmark's Ausführungen an das Phänomen des Vorauswissens anzuknüpfen sehe ich dennoch:
Sowohl Irlmaier, der im WK I verschüttet wurde, als auch Edgar Cayce, der als Kind fast ertrunken wäre, hatten - meines Wissens vor dem erstmaligen Auftreten von Vorauswissen - ein Nahtod-Erlebnis. Nicht auszuschliessen, daß auch chronische "sanfte" lebensbedrohliche Umstände die Wahrnehmungs-Schiene Vorauswissen / Hellsichtigkeit befördern, weil die "bewährte" Sinnes-Wahrnehmung im Umgang mit der empfundenen Bedrohung als unzureichend eingeschätzt und deshalb auf verschüttete "historische" Programme der Wahrnehmung zurückgegriffen wird.

Was den Bogen schlägt zu Julian Jaynes' Buch, mit dessen Empfehlung ich keine fertigen Erklärungen bewerben wollte, sondern dazu anregen, das Thema aus anderer Perspektive zu betrachten. Die von Dir zitierte Zusammenfassung wird den im Buch dargestellten Ideen nicht gerecht, Deine als Frage formulierten Schlussfolgerungen sind daher falsch.

Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, daß zumindest Jaynes' Feststellung, dass Vorauswissen / Hellsichtigkeit eine biologische / anatomische Entsprechung / Ebene hat, richtig ist:
Bei der medizinischen Außenseiter-Methode der "Elektro-Akupunktur nach Voll" wird unterstellt, daß Akupunktur-Punkte einen spezifischen Organbezug haben und sie werden durch Anlegen einer mit 50-Hz Reizstrom versehenen Elektrode auf der Hautoberfläche gesucht, was bei Erfolg als harmloses Kribbeln empfunden wird. In einem leichtfertigen, unbeabsichtigten "Selbstversuch" beachtete ich nicht, daß der Intensitäts-Regler zu hoch eingestellt war, und das Aufsuchen eines Punktes löste - augenblicklich - das Phänomen aus, daß Sprache in Bilder "übersetzt" und gesehen - statt gehört - wurde, und die Wahrnehmung in den folgenden Tagen von Bildern geflutet wurde, die weder Bezug zum aktuellen Ort noch zur aktuellen Zeit hatten, was verunsichert und nicht alltags-tauglich ist, weil es sich erst Tage später als voraus-sehen erklärt.
Der von Voll zugeordnete Organbezug des Punktes entsprach dem von Jaynes dargestellten Sachverhalt.

Meiner Meinung greifen entweder-oder-Erklärungen beim Phänomen des Vorauswissens zu kurz und Fachbereichs-Monopol-Erklärungen, eigefärbt nach dem jeweiligen persönlichen Weltbild, ob naturwissenschaftlich, religiös, philosophisch oder wie auch immer lassen Fragen offen, weshalb ich es für sinnvoller halte, pragmatisch aus vielerlei Perspektive zusammen zu tragen, was sich möglichst widerspruchsfrei ergänzt, statt an einer erklärenden abstrakten "universalen Feldtheorie" zu basteln.

Etwa so:

Vorauswissen / Schauungen scheint weiter verbreitet, als man vermutet, wenn sie aber aus einer beständigen Haltung der schlimmen Vorahnung und düsteren Befürchtung gespeist wird, scheint das ihre Objektivität zu beeinträchtigen.

"Gesendete" Film-Sequenzen zukünftigen Geschehens gibt es ebenfalls. Eine Variante davon ist das von Robert A. Monroe im dritten Band seiner Autobiographie dargestellte Erklärungs-Modell der "Entwicklungshilfe in eigener Sache". Eine andere, viel schrägere, die mehr Fragen aufwirft als beantwortet, veröffentlichte Ken Webster unter dem Titel "Die vertkale Ebene".

Wer einer religiösen Organisation oder einem festgelegten Weltbild verpflichtet ist, steckt einen Rahmen für die Interpretation des von ihm Vorher-Gesehenen.

usw. usw.

Sowohl der Schall als auch das Licht benötigen eine "Zeitspanne", um - von einer Quelle ausgehend - wahrgenommen zu werden. Dies gilt auch für Ultra- und Infraschall und für den infraroten und den ultraviolettten Anteil des Lichtspektrums, also für den Bereich, der sich der menschlichen Wahrnehmung entzieht und nur messbar ist. Deshalb muss es erlaubt sein zu fragen, ob dies ein Prinzip ist, das ganz allgemein für den gesamten Bereich gilt, der sich der menschlichen Sinnes-Wahrnehmung entzieht, also auch dort, wo das, was ist, sozusagen zur sinnlich wahrnehmbaren Welt "gerinnt", und über den auch staatlich subventionierte Quantenphysiker nur kaum verständliche paradoxe Aussagen machen können.

Mit dieser Frage im Hinterkopf ergibt sich bei der Betrachtung eines Sachverhalts, der jedem Amateur-Astronom geläufig ist, ein verblüffend simples Modell für das Phänomen Vorauswissen:

Ich sitze in Niederbrombach und schaue dem Treiben von Lorber's (verirrten) Mond-Sperlingen auf dem 8,7 Lichtjahre entfernten Sirius zu. Die Tatsache, daß der Sirius sich wegen seiner Bewegung um das galaktische Zentrum längst nicht mehr an der Stelle befindet, auf die ich mein Teleskop richte ist kein Bestandteil meiner Wahrnehmung, aber immerhin weiss ich dies aus der Ableitung der Summe zurückliegender Beobachtungen. Daß Lorber's Mond-Sperlinge bereits vor sieben Jahren - im Kältesommer - verhungert sind, das weiss ich nicht, das liegt in meiner Zukunft. Aber ich könnte Vermutungen über Ihre Lebenserwartung anstellen, unter Berücksichtigung der 10-jährigen Ernte-Statistik des Sirius-Weizens und der Tatsache, dass sie im Exil vielleicht Heimweh haben.

So in etwas sehe ich eine Analogie zu Nullmark's Gedanken über die "Filterung der Menge wahrscheinlicher Zukünfte, bis sie den Gegenwartspunkt erreicht haben" - wenn ich Nullmark richtig verstehe. Ich interpoliere, projiziere das Ergebnis zurückliegender Beobachtungen und Messungen im Rahmen vermuteter Gesetzmäßigkeiten in die Zukunft. Aber ich sehe sie nicht und ich weiss nichts über sie.

Ganz anders stelle ich mir eine Analogie vor, um das Phänomen Vorauswissen für mich verständlich zu machen:
Ein Beobachter, der sich auf halber Strecke zwischen mir und Sirius aufhält und unter Ausschaltung der Lichtlaufzeit in "Echtzeit" mit mir kommuniziert, kann mir jetzt sagen, was für mich erst in vier Jahren sichtbar wird, er "jetzt" sieht, auf dem Sirius aber bereits vor vier Jahren stattgefunden hat. Trotzdem liegt es in "meiner" Zukunft.

Blöd nur, daß ich keine Ahnung habe, wie der Beobachter dort hingekommen ist und wie es ihm gelingt, in Echtzeit mit mir zu kommunizieren, aber damit kann ich leben.

Daß es sich - in groben Zügen - im kosmologischen Bezugssystem "zwischen" den wahrnehmaren Welten so verhält gilt als gesichert und steht außer Frage.
Ob man annimmt, daß es sich auch "unter" und "über" der wahrnehmbaren Welt so verhält, halte ich für eine Geschmacksfrage und für nicht beweisbar.

Gruß,
Ulrich


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