… Die „göttliche Regieführung“ sehe ich als gegeben an … (Schauungen & Prophezeiungen)

Nullmark, Samstag, 14.01.2012, 22:36 (vor 4506 Tagen) (3843 Aufrufe)

Zitat:
„ … Die Bibel in den entsprechenden Teilen unterscheidet sich in ihrer Dramaturgie kein Fitzelchen von dem was wir hier so munter diskutieren. Die „göttliche Regieführung“ sehe ich als gegeben an, mir scheint es auch durchaus als belegt zu gelten, dass zahlreiche Seher der Neuzeit dies ebenso tun. …“
und
„…Womöglich hinkt unser „Verständnishorizont“ irgendwie seiner Zeit nach? Oder wir haben ganz schlicht dasselbe Problem wie vergangene Epochen, dass sich das, was wir noch nicht kennen und erfassen können eben einfach nicht begreifen lässt!? Weltenwende als Denkenwende nach dem Großreinemachen… „.
(Urheberrecht bei @rauhnacht)


Guten Tag zusammen.

Diese Brücken scheinen mir auf den ersten Blick ziemlich wackelig.
Es reizt mich schon zum Widerspruch, unseren neuzeitlichen Verständnishorizont so einfach als Ausrede hinnehmen zu wollen, dafür, dass wir zuließen, dass unsere ursprünglich vorhandenen spirituellen Fähigkeiten im Laufe unserer mentalen Reifung verschüttet wurden.
Die Vermutung, dass dies so gewollt war/ist, treibt mich schon seit einigen Jahren um und führte zu einer Reihe von Überlegungen, die @rauhnacht in dem anderen Faden so wunderbar zusammengefasst hat. Dies scheint mir eine eigene Betrachtung wert.

Zu erwartender Erkenntnisgewinn veranlasste mich hier zur Anmeldung. Ich stelle voran, dass ich die im Forum verwendeten Begriffe möglicherweise zu weit fasse oder ihnen einen anderen Inhalt zuordne, da die Zusammenhänge auf mir fremde Art und Weise strukturiert und zugeordnet sind. Deshalb fühle ich mich mit nachfolgendem Aufsatz in dem Forum hier nicht besonders gut und bin verunsichert, wie auch schon mit meinen vorhergehenden Beiträgen als Mitleser. Ich werde also vermutlich erneut mit beiden Beinen gleichzeitig in das eine oder andere Fettnäpfchen tapsen. Dafür entschuldige ich mich schon mal vorab und bitte um Verzeihung.
Für den „Nicht-Seher“ Nullmark bedeutet es eine außerordentliche Gehirnakrobatik hier die Strukturen zu erkennen und die eine oder andere zum Verständnis der Ganzheit notwendige Näherung zu bilden.
Meine Position ist also die des Beobachters – vielleicht in einer Situation, vergleichbar mit der von mir bereits erwähnten in „Schrödingers Katze“. Ich suche Antworten und bin für jeden Hinweis dankbar.

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Jede Gesellschaft sieht sich nicht nur einer Folge wahrscheinlicher Zukünfte, sondern auch einer Skala von möglichen Zukünfte und einem Konflikt hinsichtlich wünschenswerter Zukünfte gegenüber. Da wir außerstande sind, die Zukunft „hundertprozentig“ zu kennen, können wir lediglich unsere Schätzungen systematisieren, fundieren und versuchen, ihren Wahrscheinlichkeitsgrad festzustellen.
(aus: Alvin Toffler, Der Zukunftsschock, ISBN-13: 978-3426003398)

1.
Nach dieser Tofflerschen These sollten also alle möglichen realen biochemischen und bioelektrischen Reize und Verknüpfungen die Kopf (Verstand) und/oder Bauch (Gefühl) des Individualorganismus vom Typ Mensch , die in einer statischen „Raum-Zeit-Blase“ generiert und die hier Schauung genannt wird, auf Tragfähigkeit für mehr oder weniger wahrscheinliche Zukünfte geprüft werden.
Diese (Zukunfts-)Schauungen existieren zunächst nur in der vergeistigten Sphäre des Sehers. Die Schau der Zukunft muss also in die materielle Ebene transferiert, dass heißt eins zu eins in die Vergangenheit übertragen werden, damit sie für Menschen kommunikationsfähig wird.
Das Paradoxon liegt auf der Hand.

2.
Wie präzise kann eine Schau sein bzw. was ist von dieser übrig, wenn sie in die Kommunikationsebene (meinetwegen dieses Forum hier) eintritt? Inwieweit ist das verbleibende Fragment geeignet, daraus wirksame künftige, individuelle oder gesellschaftliche Ereignisse oder Abläufe – also die einzige verbleibende der Zukünfte abzuleiten?

Soweit ich bisher erkannt habe, sind Zusammenhänge zwischen verschiedenen Schauen selten, die Ergebnisse zwar treffend, aber kaum übereinstimmend. Es scheint sich ausnahmslos um die Beschreibung von Standbildern oder Sequenzen zu handeln, die nie chronologisch geordnet sind. Sie sind individuell, zeitlich unbestimmt und unterliegen keinem erkennbaren Schematismus.
Sie bedürfen jeden Falles der Interpretation und teilen diese Eigenart mit verschiedenen Arten von Traumdeutung, Dichtung und Prosa.
Als Mosaik scheint mir das Seherbild oberflächlich und unvollständig, kontrastlos und unscharf zu sein.
Das dürfte auch unbestritten bleiben, solange Schau nicht mit Show verwechselt wird.
Zuverlässige Schlüsse auf eine nähere oder fernere Zukunft halte ich auf dieser Basis insoweit für problematisch.
Es besteht Raum für eine ganze Reihe von Annahmen und diametralen Ansichten.

3.
Unter normalen Umständen sind Sprünge in Zukünfte mit Stopp zu einem unbekannten Zeitpunkt und Rückblick auf eine noch nicht existente Historie aus der physikalischen Ebene des dreidimensionalen Raumes schon wegen der Vielzahl von Freiheitsgraden und Variablen unmöglich. Eine Steigerungsform für einen Sprung in EINE bestimmte Zukunft schließt sich somit von selber aus.

Die Zeit stellt einen Vektor dar, der zwar verlangsamt, aber nicht angehalten oder gar umgekehrt werden kann. Es gibt auch keine negative Zeit oder rückgewinnbare Zeiteinheiten. Die Zeit bildet für sich selber eine Dimension (die Vierte). Ob sich daraus ableiten lässt, dass die Vergangenheit real, die Zukunft dagegen imaginär und nur im Plural zu haben ist, oder umgekehrt die zeitlosen Zukünfte auf die Irreversibilität der Zeit zurückgeführt werden muss, sei hier mal dahingestellt. So oder so resultiert daraus, dass Zukünfte neben ihren möglichen, gewünschten und wahrscheinlichen Eigenschaften ein Mengenproblem jenseits der Zeitbindung sind.
Wichtig scheint hingegen zu sein, dass es zwischen der Vergangenheit und den Zukünften auch einen so genannten Gegenwartspunkt (GP) gibt, an dem die 4. Dimension sehr klein bzw. annähernd null ist. Ob hier ein „Loch“ zwischen 3. und 5. Dimension besteht, ist Spekulation. Dass dieses Loch mit Schauungen zu tun haben könnte, halte ich für unwahrscheinlich, aber denkbar. Einfache Logik versagt hier ohnehin und inwieweit metaphysische oder quantenmechanische Erklärungsmodelle greifen, vermag ich derzeit nicht zu übersehen.

4.
Die Schau wird in der Nähe des GP auf immer weniger mögliche Zukünfte reduziert und schließlich auf eine Einzige, bevor diese dann zur Vergangenheit umschlägt. Die abnehmende Anzahl von möglichen Zukünften vor dem GP korreliert deshalb auch eher mit geschauten Bildern und würde erklären, dass diese auch präziser erinnerlich sind (etwa so: das habe ich vorhergesehen oder besser: VORHER gesehen).
Umgekehrt muss mit dem Abstand zum GP die Anzahl der Zukünfte einer Exponentialfunktion folgen. Daraus schlussfolgernd ist in der Nähe der Unendlichkeit jede mögliche Zukunft gleich wahrscheinlich.

5.
Geschautes und Eingetroffenes wird sich in so weit ausschließlich auf Zufallstreffer beschränken, die mit Annäherung des GP an die Zukünfte zunehmen müssen. Damit ist auch der Eintritt jeglicher geschauter Zukunft höchst wahrscheinlich. Gleichzeitig wird auch klar, warum Seher nicht alle Zukünfte (die meinigen zum Beispiel) sehen, sich andererseits aber niemals irren können! Nichttreffer hinterlassen wegen fehlender Zeitbindung keine Wirkung für/auf den Seher und können deshalb von ihm nicht bilanziert werden. Gleichzeitig würde dies erklären, dass dem Seher bei einer Vielzahl der möglichen Zukünfte die jeweilige Schauungen unschärfer und stärker fragmentiert vorkommen. Die Wahrscheinlichkeit von Treffern muss abnehmen, je weiter diese vom GP entfernt sind. Sie fallen deshalb auch eher dem Vergessen anheim.

6.
Wenn nun unterstellt würde, dass zu jedem Zeitpunkt das Verhältnis von Sehern zu Nichtsehern konstant ist, müsste auch die Trefferquote und ihre gesellschaftliche Relevanz zunehmen, wenn sich die verschiedenen individuellen Zukünfte dem Gegenwartspunkt annähern. Das scheint mit Blick auf die Schauungen die Weltkriege oder andere prägende Ereignisse betreffend auch der Fall zu sein, also besonders dann, wenn sich weit reichende gesellschaftliche Umwälzungen ankündigen.

7.
Da solche Ereignisse nicht einfach so oder aus heiterem Himmel passieren und der Mensch als gesellschaftliches Wesen auf die Kommunikation und Interaktion mit seiner Umwelt und seinem Umfeld angewiesen ist und er sich diesem unmöglich völlig entziehen kann, muss unterstellt werden, dass das Niveau seiner psychosozialen Gesundheit Einfluss auf die Schau nimmt.
Es muss also angenommen werden, dass auch Erwartungshaltungen auf die Auswahl der Zukünfte Einfluss haben, und somit den Seher beeinflussen. Ich vermute weiter, dass die „sich selbst erfüllende Prophezeiung“ aus dem Spannungskreis in der Nähe des GP resultiert und kollektive Erwartungshaltungen auf die Zukünfte selektierend wirken.
Aus einer Schau nun DIE Zukunft aller Zukünfte ableiten zu wollen, finde ich dann nicht mehr so sehr mutig, weil die mögliche Zukunft dann auch auf andere Weise, z.B. durch Anhäufung von Detailinformationen, mit mindestens gleicher Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden kann und dafür den Seher nicht braucht.

8.
Der Versuch individuell Geschautes mit der irdischen, natürlichen oder gesellschaftlichen Basis zu verheiraten, wird zu einem chaotischen, unfassbaren und deshalb nicht plausibel beschreibbaren Ergebnis führen, da sich aus dem Geschauten unmittelbar kein Ursache-Wirkung-Mechanismus ableiten lässt. Die Wirkung wird hinein interpretiert, während die Ursache zu dem Geschauten auf einer höheren Dimensionsebene verbleibt und bestenfalls schemenhaft durchschlägt (siehe auch 3TF usw.). Dies ist nicht unbedingt ein Nachteil, sondern ein Weg, der an der Logik vorbei zum vergleichbaren Ergebnis führt und Schauungen ihren Sinn verleiht.

9.
Haben die Seher in der menschlichen Gesellschaft etwa eine Aufgabe zu erfüllen?
Wenn man nun die Existenz einer „göttlicher Regieführung“ akzeptiert, muss man auch eine Instanz hinnehmen, deren Aktivität sich in den o. a. höheren Dimensionen manifestiert, mindestens aber der irdischen übergeordnet ist. Es würde das universelle Ursache-Wirkung-Prinzip aushebeln, wenn dieser Instanz nicht auch ordnende Motive zugestanden würden und dafür die Zeit als Übertragungsvehikel zwischen den Dimensionen dient. Dann aber wäre das Schicksal der Menschen fremdbestimmt und würde vom mehr oder weniger guten Willen übergeordneter himmlischer Mächte abhängen. Dies ist aus diesem Blickwinkel nicht auszuschließen und schon deshalb eine weitere Analyse wert.

10.
Kann in der Folge ein Erkenntnisprozess überhaupt zielführend sein, wenn das „Drehbuch“ und der Handlungsalgorithmus in seiner Komplexität nicht bekannt sind? Und wenn schon nicht im Detail, dann wenigsten in Umrissen etwa in der Art eines Weltenplans?
Mit diesem „Drehbuch“ werde ich mich wahrscheinlich noch in einem anderen Beitrag auseinandersetzen.
Auch nach dem Drehbuch der Zukünfte beginnt eine Handlung erst, wenn man die Dimension der Zeit hinzufügt. Eine Ursache kann nur dann ihre Wirkung entfalten.
Das heißt aber, wenn die „göttliche Regieführung“ nach einem Drehbuch erfolgt, welches dauernd fortgeschrieben und, wenn die Handlung nicht mehr passt, geändert wird, dass jegliche Schau in Nichts zerfallen muss, wenn die geschaute Zukunft verworfen wurde.

„Es soll sich regen, schaffend handeln,
Erst sich gestalten, dann verwandeln;
Nur scheinbar stehts Momente still.
Das Ewige regt sich fort in allen:
Denn alles muß in Nichts zerfallen,
Wenn es im Sein beharren will.“

Das ist von dem Seher Goethe.
Oder noch kürzer: „panta rhei“. Das ist von Heraklit, dem man unterstellen darf, dass er sich auskannte.

Im Gegensatz zu diesen Herrschaften räume ich ein, mich irren zu können.

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Nun, die Wahrscheinlichkeit von Fehlschüssen und Fehlschlüssen nimmt mit zunehmendem Alter ab - in etwa, bis die Jüngeren eine manifestierte Porzellan-Phobie des Alten (69) diagnostizieren. ;-)
Insoweit entspricht dieser Aufsatz der Kurzfassung meines derzeitigen Kenntnisstandes unter dem selbst gestellten Anspruch, die Thematik hier möglichst kurz und einfach darzustellen.
Ob @rauhnachts Brücke das aushält, vermag ich allerdings weiterhin nicht einzuschätzen.
Auf jeden Fall hat @Taurec (Danke für die Freischaltung!) eine kontroverse Diskussion angekündigt.

Alles Gute und Gruß
von Nullmark


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