Schlau gemacht über Foucault (Freie Themen)

Isana Yashiro, Mittwoch, 27.10.2021, 08:44 (vor 912 Tagen) @ Pat (744 Aufrufe)

Hallo!


interessant. Von der Analyse des Weltgeschehens zur Analyse des psychischen und biografischen Geschehens der Forumsteilnehmer ;-)

Ich habe den Diskussionsfaden nicht eröffnet, sondern wollte Fenrizwolf eigentlich nur sagen, daß er nicht der Einzige ist, der außerhalb eines Wettkampfes niedergeschlagen wurde oder Verletzungen davontrug.

Wobei natürlich das Weltgeschehen laut Spengler nichts anderes ist als die Wiederholung des Lebenszyklus des Menschen in einem größerem Maßstab. Also hängen beide Themen eng zusammen.

An dieser Stelle sei noch auf die Foucault verwiesen, dessen Werk mit "Wahnsinn und Gesellschaft" begann und der, soweit ich mich erinnere, ebenfalls darauf hinwies, dass sich die Macht - durch gesellschaftliche Diskurse - nun dahingehend zeigt, dass intime Themen, das Innenleben oder erotische Leben betreffend - nun (teilweise) öffentlich gemacht werden, indem man immer wieder darüber sprechen muss (historisch auch auf die christlichen Praktiken der Beichte zurückzuführen). Anzulasten wäre dies aber nicht einer bestimmten Person, wie Fenrizwolf, oder Shiro etc., sondern es sind die Diskurse der Macht, die sich so äussern ...

Foucault ist mal wieder jemand, den ich nicht kannte. Ich kannte das Foucaultsche Pendel, aber ich glaube das ist ein anderer Foucault. Also habe ich mich über den Foucault, um den es hier geht, schlau gemacht und will das den anderen Forumsteilnehmern nicht vorenthalten. Der Foucault, um den es hier geht, war ein französischer Philosoph, der im zwanzigsten Jahrhundert lebte und sich damit auseinandersetzte wie Wahnsinn in der Geschichte gesehen wurde. Er lehnte es jedoch ab als Philosoph bezeichnet zu werden. Ursprünglich war das nicht klar, daß Wahnsinn ein besonderer oder gar krankhafter Geisteszustand sein könnte. Erst nachdem Carl von Linné die biologischen Arten katalogisiert hatte, fing man an, alles in Schubladen einzuordnen. So fingen dann auch erste Ärzte an, Auffälligkeiten im Verhalten zu katalogisieren und so entstanden die Geisteskrankheiten. Weil von Foucault zitiert habe ich dann ein besonders richtungsweisendes und weises Zitat von Dostojewski gefunden: Man sperrt den Nachbarn ein, um die eigene geistige Gesundheit zu beweisen.

Die Sekundärliteratur geht zwar nicht darauf ein, aber als Franzose war Foucault prädestiniert dafür über die geschichtliche Betrachtung des Wahnsinns zu forschen, schließlich regierte in Frankreich Karl VI. von 1380 bis zu seinem Tod im Jahr 1422. Dieser Karl VI. war als der verrückte König bekannt. Manchmal hielt er sich für jemand anderen und erkannte seine eigene Familie nicht, er lief nackt in der Gegend herum, an anderen Tagen glaubte er, daß er aus Glas wäre, und dann wieder, daß er ein Wolf wäre. Außerdem war Frankreich immer ein sehr katholisches Land, daher kann sich dort auch der historische Einfluß solcher Praktiken wie der Beichte gut entfalten.

Desweiteren würde ich die exhibitionistische Tendenz der heutigen Zeit aber auch als Fortsetzung der Abschaffung des Adels interpretieren. Gerade in der Zeit als Frankreich besonders mächtig war, konnten die französischen Könige nichts unbeobachtet tun. Sie wurden beim Schlafen beobachtet, sie wurden beim Essen beobachtet und beim Verrichten der Notdurft ebenso. Ich finde es nicht so verwunderlich, wenn man das nicht einfach so wegstecken kann. Der Adel ist formal abgeschafft, jetzt ist die inhaltliche Umsetzung an der Reihe. Das Individuum aus dem gemeinem Volk muß und will nun auch beobachtet werden. Bei jeglicher Tätigkeit. Das kommt den wahren Herrschern sehr entgegen, denn dadurch wird sich das Sozialkreditsystem chinesischen Vorbilds umso leichter umsetzen lassen.

Gruß,
Shiro


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