@Baldur: Markustag und Ostern (Freie Themen)

Ulrich ⌂, München-Pasing, Mittwoch, 28.02.2024, 18:09 (vor 59 Tagen) @ Baldur (900 Aufrufe)

Hallo Baldur,

Wenn schon Einträge im Alter von dreihundert Jahren fehler- und lückenhaft sind, wie sehr müssen es dann viel ältere sein, zumal aus völlig verschiedenen und unverstehbaren Kulturkreisen?

dass der Zahn der Zeit die Spuren untergegangener Kulturen unauffindbar macht, und man mangels archäologischer Befunde daraus nicht "beweisen" kann, es hätte sie nie gegeben, ist doch selbstverständlich und berührt nicht mal am Rande die Frage, was die Maya mit ihrem Kalender im Sinn hatten, denn das IST überliefert, und mit dieser Überlieferung haben sich Generationen professioneller und dilettierender Forscher akribisch auseinandergesetzt:

"Die Schöpfung ihrer Welt (Nulldatum) legten sie auf den Tag 4 Ahaw (Ritualkalender) 8 Kumk'u (Sonnenkalender) fest, was etwa dem 20. Sept. 3113 v.Chr. im Julianischen Kalender entspricht. ...
Für ihre Zählung von diesem Zeitpunkt ab, bedienten sich die Maya verschiedener Zeiteinheiten: ..."

Der Text ist unglücklich formuliert, erst DANACH wird erwähnt, auf welchem größeren Zeitrahmen innerhalb des Kalenders sich diese Rückdatierung bezieht:

"Den Beginn ihrer Welt datierten die Maya auf das Ende des 13. bak'tun (13.0.0.0.0 geschrieben) Zyklus."
(von hier: http://www.fernandez-gamio.de/Mayas/Zeitrechnung.htm )

Wer die folkloristischen Deutung der Azteken hinsichtlich der nachträglichen Synchronisierung zweier weiterer untergegangener Welten VOR diesem von den Maya rückdatierten Startdatum der "vierten welt" mit dem von ihnen von den Maya übernommenen Kalendersystem dazu benutzt, auf wiederkehrende globale Katastrophen schließen zu wollen, OBWOHL die Maya selbst diesen Kalender nur auf die Rückrechnung des Beginns ihrer "vierten", der "historischen Welt" bezogen haben, der kann mit der gleichen "Logik" auch aus dem Sachverhalt, dass sich mal jemand zum christlichen Kalender einen Spruch ausgedacht hat "wenn der Markustag auf Ostern fällt ..." ableiten, bei der Einführung der christlichen Kalenderrechnung hätte man die "Schlacht am Birkenbaum" oder ähnliches bereits im Sinn gehabt und wollte sie "berechenbar" machen.

Mit "Quellen" meine ich natürlich "Primärquellen", die sich auf das beziehen, was sich die Maya, die diese Kalenderrechnung eingeführt haben, selbst dabei gedacht haben, und das ist nun mal einzig der Bezug auf einen rückdatierten (hypothetischen) Startpunkt ihrer Kultur, in deren prähistorischen Vorgeschichte zwei weitere Welten untergangen sein sollen, auf die aber kalendarisch NICHT Bezug genommen wurde.

Dass es auch "Sekundärquellen" gibt, die sich auf das beziehen, was die Azteken aus dieser Überlieferung gewurstet haben, mag für Historiker interessant sein, ist aber auch nur eine weitere Bestätigung, keine Widerlegung dessen, was die Primärquellen bereits schlüssig zeigen.

Die von folgenden Kulturen nachträglich konstruierte Mayakalender-Katastrophen-Theorie ist so tot wie deren drei untergegangene prähistorische Welten und ich halte mich da an die Empfehlung des von mir geschätzten Wanderpredigers: "Lass die Toten die Toten begraben".

Katastrophismus eignet sich nicht als Religionsersatz.

Gruß,
Ulrich


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