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Katastrophismus vs. Aktualismus (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Dienstag, 31.03.2015, 10:27 (vor 3325 Tagen) @ EinMensch (4020 Aufrufe)

Hallo!

Du tust so, als muesste mich die Laecherlichkeit der franzoesischen Académie Française irgendwie beeindrucken. Da bist Du schlicht auf dem Holzweg.
Ich bin mir sicher, dass Impakte, Meteoriten und was weiss ich noch fuer Sternenstaub, welcher vom Himmel faellt, vererbtes Wissen und uralt sind.
Und ich wuerde es begruessen, wenn sich hier mal noch ein Dritter, oder mehrere einklinken.
Denn ich kann ja trotzdem daneben liegen...;-)

Natürlich ist das tradiertes Wissen und uralt.
Bis in unsere Zeit hat aber niemand das Kind beim Namen genannt. Darauf kommt es doch an!

Man hatte die Sintflutmythen, Phaetons Sonnenwagen, die Edda (und etliche andere) und verband damit die Göttergeschichten, Weisheitslehren und religiösen Inhalte, die einem daraus entgegenspringen, in der modernen Welt durchaus etwas verächtlich, weil man davon ausgeht, jetzt "weiter" zu sein.

Die Einflüsse einer Urkatastrophe auf diese Mythen wurden vor Tollmann meines Erachtens gar nicht systematisch untersucht. Bis dahin war dieses "ererbte Wissen" vergraben und unzugänglich.

Im 18./19. Jahrhundert gab es einen wissenschaftlichen Streit zwischen den Anhängern Lyells und Cuviers, also zwischen den Anhängern der Lehre, die Erdoberfläche wäre stets nur von den gegenwärtig beobachtbaren Kräften geprägt worden, und den Katastrophisten, die in Betracht ziehen, die Erdoberfläche würde immer wieder von Naturkatastrophen grundlegend umgekrempelt werden.

Letztlich setzte sich Lyells Aktualismus als Paradigma durch. Das ist auch dem Zeitgeist geschuldet.
Die Kultur neigte sich dem Ende zu, dem Zustand der lebensmüden, pazifistischen Zivilisation. Umwälzungen werden als nervig empfunden, als die Kreise des altgewordenen Lebens störend. Die Vorstellung, wir hätten das Ende der Geschichte erreicht und es würde immer so bleiben, liegt seit der französischen Revolution in wachsendem Maße dem gesellschaftlichen Selbstverständnis zugrunde. Wo immer republikanische Staatsformen entstehen, seien sie demokratisch, sozialistisch, faschistisch etc. sind sie bedacht, ihren eigenen Zusammenbruch zu verhindern und ihre bloße Existenz als historische Notwendigkeit, quasi als Naturgesetz darzustellen. Zu solchen Konzepten passen Lehren regelmäßiger Umwälzungen in der Geschichte oder in der Natur natürlich nicht. Sie müssen ein Randdasein mit der Anrüchigkeit des Geächteten fristen. Das betrifft die unterschiedlichsten Ansätze, z. B.:

  • Der Katastrophismus mit allen Theorien (Impakte, Monstervulkane, Polsrünge etc.)
  • Spenglers Untergang des Abendlandes, der den politischen Erlöserutopien restlos den Boden entzieht.
  • Debitismus à la Paul C. Martin, der den Untergang des modernen Finanzsystems voraussagt.

Statt dessen setzen sich im allgemeinen Bewußtsein Lehren durch, in denen unerwünschte Brüche möglichst vermieden werden:

  • Darwins Evolutionstheorie, in Abwandlungen bis heute gültig. Arten entwickeln sich unendlich langsam. Die Möglichkeit von Schöpfungsakten, die bedeuten würde, daß es etwas unergründliches gibt, dem der Mensch unterworfen ist, wird negiert.
  • Dazu passend Lyells Aktualismus, der die für Darwin nötigen zig Millionen Jahre starken Erdepochen zur Verfügung stellt.
  • Ein darauf aufabauendes Bild der Menschheitsgeschichte, das linear immer neue Epochen aneinanderreiht, beginnend bei der primitiven Steinzeit vor 5000 Jahren und immer weiter im Aufstiege begriffen, hin zu einem "immer besser", "immer freier", bis die Menschheit schließlich die Erde verläßt und "den Weltraum erobert".

Der moderne, letzte Mensch kann sich so als Speerspitze des Fortschritts fühlen, als eine Sproße im Aufstieg der Menschheit, ohne an das eigene Ende denken zu müssen. Diese Geisteshaltung herrscht bis heute. Es dürfte kaum jemandem entgehen, wie das System darum kämpft, den eigenen Zusammenbruch hinauszuzögern und alle Krisenanzeichen entweder ignoriert oder kleinredet. Die Widersprüche zwischen Wirklichkeit und Selbstbild der Gesellschaft könnten gar nicht groß genug werden.

Im wissenschaftlichen Bereich geschieht eine Einbindung katastrophistischer Theorien nur halbherzig dort, wo sie aus rationalen Gründen nicht mehr zu vermeiden ist. Das aktualistische Paradigma bleibt als eine religiöse Säule des zivilisierten Wissenschaftlers aber unangetastet. Der Möglichkeit von Impakten ist man inzwischen gewahr geworden. In den zwei Jahrhunderten zuvor war dies nicht Allgemeingut, auch wenn man davon hätte wissen können, was eine Minderheit auch tat.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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