Quellenkritik - aber dann bitte auch an der Bibel

Geschrieben von Elias Erdmann am 08. Mai 2003 22:33:10:

Als Antwort auf: Quellenkritik geschrieben von franke43 am 08. Mai 2003 13:49:59:

Hallo Frank

Quellenkritik ist sicher nützlich - aber auch die kirchlichen Quellen sollten einer kritischen Prüfung unterzogen werden.

>Aber wenn schon, dann will ich da gern Nachweise
>sehen, in Form zitierter Zeitzeugen, Papyrusfunde
>etc.

Das sind hohe Ansprüche. Kann man aber trotzdem finden, wenn man etwas sucht. Mal ein Beispiel:

Gib mal in eine Suchmaschine die Worte ein "Psalm Sonnenhymnus Aton". Da wirst Du ganz sicher etwas über eine Stelle aus den Psalmen finden, die in sehr ähnlicher Form aus der ägyptischen Tradition übernommen wurde.

Selbst innerhalb der Bibel findet man Übernahmen. Dass der Kindermord von Herodes eine eindeutige Kopie der Moses-Geschichte ist, wird inzwischen sogar von Theologen zugegeben.

Aber hält denn der kirchliche Volksglauben auch diesen hohen Ansprüchen stand?

Wo sind z.B. vergleichbare Zeugen oder Papyrusfunde, in denen mal zumindest die Existenz von Jesus oder Moses belegt wären. Hier ist es leider ganz dunkel. Fakt ist, dass tatsächlich beide Personen historisch nicht greifbar sind.

Der Stand der Moses-Forschung ist recht gut zusammen gefasst im Buch:

Das Moses- Rätsel. Auf den Spuren einer biblischen Erfindung.
von Rolf Krauss

Zum Thema Jesus empfehle ich:

Der gefälschte Glaube
von Karlheinz Deschner

und

Nein und Amen - Anleitung zum Glaubenszweifel
von der Theologie-Professorin Uta-Ranke-Heinemann

Ich denke doch, dass es auch Online-Buchhändler gibt, die Bücher auch nach Schweden schicken.

Die Evangelisten sind leider keine verlässlichen Zeugen. Sie haben so viele inhaltliche Fehler beim Schreiben der Evangelien gemacht, die bei echten Zeugen sicher nicht unterlaufen wären. (Historische Unstimmigkeit zwischen Volkszählung und Herodes, unterschiedliche Ahnenreihen, 30 Silberlinge, die nicht mehr im Umlauf waren, ...)

Und außerbiblische Quellen erwähnen Jesus erst, nachdem das Markus-Evangelium erschienen war.

Nach dem Stand der Forschung enstand das Proto-Markus-Evangelium so etwa 70 n.u.Z.

Grundlage war eine Spruchsammlung vergleichbar mit dem Thomas-Evangelium oder dem Phillippus-Evangelium und eine griechische Übersetzung des alten Testaments. Wenn Du dazu mehr wissen willst, suche im Internet nach Begriffen wie "Menschensohn-Logien" "Logiensammlung" oder "Quelle Q".

Dabei wurde Jesus ganz gezielt so beschrieben, damit er auf die alttestamentarischen Messiaserwartungen passte. Wir haben hier also kein besonders guten Prophezeiungen vor uns, sondern ein reines Literatur-Phänomen.

In den Evangelien von Lukas und Matthäus wurden weitere Sprüche mit eingearbeitet.

Einige der Briefe im Anschluss der Evangelien werden inzwischen auch schon von der offiziellen Theologie als spätere "Zuschreibungen" erkannt.

Interessant ist, dass viele wichtige pseudo-chritliche Vorstellungen entweder nicht biblisch belegt sind oder sogar der Bibel wiedersprechen.

Es ist z.B. mal spannend, das Wort Luzifer in der Bibel zu suchen.
Aber nicht böse sein, wenn man es nicht findet.;-))))

Es wird nur das Symbol Luzifers erwähnt: der Morgenstern, doch der wird - man lese und staune - bei Offb. 22,16 ausgerechnet mit Jesus gleichgesetzt.

Zur Symbolik des Morgensterns gebe einfach mal in eine Suchmaschine die Worte "Venus Morgenstern Luzifer" ein oder nimm irgendein Mythen-Lexikon zur Hand.

Und es fällt sicher schwer, Regeln wie z.B. das Zölibat aus einem Buch herzuleiten, in dem klar steht: 1.Tim 3,2 Ein Bischof aber soll untadelig sein, Mann einer einzigen Frau, ...

> Woran kann/soll/darf man noch glauben ?

Der kirchliche Volksglaube kann einer kritischen Überprüfung nicht standhalten. Das läßt sicher bei den Gläubigen Ängste entstehen, dass man hinterher vor dem Nichts steht. Und so möchte mancher vielleicht gar nicht weiter darüber nachdenken nach der Devise "Augen zu und durch".

Aber es gibt aber durchaus neben den Kirchen auch Glaubensvorstellungen, die einer kritischen Prüfung standhalten. Ich möchte in diesem Zusammenhang z.B. an die Erforschung von Todesnäheerlebnissen erinnern, wie sie z.B. von Kübler-Ross durchgeführt wurden.

Und die Glaubensvorstellungen die sich daraus ergeben, sind übrigens sehr ähnlich zum esoterischen Vorstellungen der antiken Myterienschulen, die es auch im ursprünglichen Christentum gab. Doch dieses esoterische Christentum wurde leider durch den Kirchenglauben verdrängt.

Viele Grüße
Elias





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