Falsche Fälschung (Schauungen & Prophezeiungen)

Gerhard, Mittwoch, 02.11.2011, 01:14 (vor 4559 Tagen) @ Leserzuschrift (5570 Aufrufe)

Hallo, Mitleser, wenn man rechts oben auf der Forumsseite in das Suchfeld "Malachias" eingibt, dann kommt man zu früheren Diskussionen. Sehr gut sind die Beiträge, die nach der Anfrage von Taurec am 12.08.2008 eingestellt wurden:

https://schauungen.de/forum/index.php?id=1001


Es wurde dort aufgeworfen, dass der für uns heute entscheidende Satz über die "letzte Verfolgung" der Kirche womöglich gar nicht im Original drin stehe. Auch Eyspfeil hat diese Frage nun wiederholt. Ich bin deswegen am Montagnachmittag in Bibliothek gewesen und hab das nachgeprüft. Ist schon ein bißchen bewegend, wenn man ein Buch in der Hand hält, das über 400 Jahre alt ist. Ein Foto ist mir nicht gelungen, weil Blitzlicht verboten war, aber ich werde der Bibliothek einen Kopierauftrag geben. Vielleicht glaubt man mir hier aber vorerst auch so, dass der Text mit der "persecutione extrema" tatsächlich schon seit 1595 so im Buche steht.

Ich frage mich, wie man diese Papstweissagung als "Fälschung" bezeichnen kann. Worin bitte soll die Fälschung bestehen? Vielleicht darin, dass der Autor der Liste 1595 die bürgerlichen Namen und die Papstnamen der 41 kommenden Päpste gekannt hat, aber stattdessen nachfolgenden Generationen nur dunkle Sinnsprüche hinterlassen hat? Oder besteht die Fälschung darin, dass er rein gar nichts wußte, aber täuschend vorgibt, ein Prophezeiung zu machen? Oder liegt vielleicht ein "infamer Betrug" darin, dass er mit einer offenbar fiktiven Liste bereits verstorbener Päpste (bis zum Erscheinungsdatum des Buches) den Eindruck erweckt, die Liste für die Zukunft sei genauso richtig wie die der Vergangenheit - wo doch jedes Kind weiß, dass die meisten Prophezeiungen nichts taugen!? Hat schon mal jemand daran gedacht, dass die ersten 71 Vaticinien den Schlüssel verbergen könnten für die Auflösung der folgenden 41 Sinnsprüche? Und worin bitte soll die Richtigkeit oder Falschheit von zwei Wörtern bestehen, die man einem Papst zuordnet? Besteht die "Fälschung" schon etwa darin, dass es niemals gelingen kann, einen Menschen und sein (Lebens-)werk mit zwei Worten treffend zu charakterisieren? Oder ist dann, um einen anderen Gedanken und Vergleich zu bemühen, nicht auch Nostradamus ein "Fälscher", weil er die Dinge, die er (vielleicht ...) wußte, verklausuliert ausgedrückt hat? Hat er es aus Angst getan, oder aus Klugheit, aus Jux und Spinnerei - oder hielt er sich nur an die alte, schon von Teiresias aufgestellte Regel, die Dinge zu sagen und doch nicht zu sagen - weil die Zukunft immer offen bleiben muss?

Wenn man hier urteilt, die Vatizinien des Malachias seien eine "Fälschung", dann kommt mir das so vor, als wenn man sich vor eine Eiche stellt und sagt: falsch, das ist eine Tanne. Dieser Text ist einfach schon seit 400 Jahren da, und man muß ihn akzeptieren, so wie er ist. Es hängt von einem selbst ab, was man mit ihm macht, und gerne kann man ihn natürlich ins Lächerliche ziehen. Das kümmert den Text überhaupt nicht. Abwegig finde ich auch den Gedanken, in der Liste verberge sich ein Programm, um die Papstwahlen zu beeinflußen: das wäre die irrwitzigste aller nun denkbaren Einflußnahmen auf die Geschichte - mit zwei schrägen, im Jahr 1595 gedruckten Worten etwa die Wahl eines Papstes im Jahr 1978 steuern zu wollen.

Nein, der Text ist eine ganz klare Prognose. Er erhebt diesen Anspruch. Zugleich gibt er sich verschlüsselt, und zwar so, dass man den Schlüssel niemals auflösen kann. Auch dann nicht, wenn das Ereignis, das mit der Prognose verbunden war, schon eingetreten ist. Wenn ich richtig sehe, so ist das auch bei Nostradamus sehr oft der Fall - auch da gibt es Verse, in die jeder ein anderes Ereignis der Vergangenheit hineindeutet. Bei Nostradamus regt man sich darüber aber offenbar nicht auf, während es bei Malachias/Neri/Wion lächerlich ist. Dabei spricht der Verfasser dieser Papstliste in einem ganz entscheidenden Punkt absoluten Klartext: er legt erstens seinen zeitlichen Schlüssel offen - es ist eine klare Reihung von einem Papst nach dem anderen - und er bricht zweitens die Liste von 112 Päpsten an einer bestimmten Stelle abrupt ab und spricht plötzlich völlig offen. Kann man es noch deutlicher sagen? Meines Erachtens nicht.

Wir nun sind in der günstigen (eigentlich aber ungünstigen Situation ...), dass wir den Abbruch der Reihe und die nachfolgend angekündigten schrecklichen Ereignisse daraufhin prüfen können, ob diese abgebrochene Liste nun eine "Fälschung" ist. Oder eben nicht. Das Urteil kann jetzt noch nicht gefällt werden. Darum plädiere ich für Zurückhaltung.

Der letzte Papst jener Epoche der katholischen Kirche, die mit der Wahl von Martin V. im Jahr 1417 begann, wird Benedikt XVI. sein. Die beiden Päpste, die ihm nachfolgen, werden nicht mehr korrekt gewählt und deshalb umstritten sein. Und den zweiten wird man vertreiben. Die Zeit unmittelbar vor uns wird dieselbe sein, wie in den Jahren und Jahrzehnten vor der Wahl von Martin V., als es ebenfalls mehrere Päpste gleichzeitig gab. Er war der erste der wieder nach Rom zurückkehrte und dort den Neuaufbau begann, damals wie alsbald mit "deutscher Hilfe" (das Konklave 1417 war in Konstanz abgehalten worden). Gleichermaßen wird nach den uns bevorstehenden Ereignissen eine neue Folge von Päpsten wieder begonnen werden, der "Große Monarch" wird Hilfe beim Wiederaufbau leisten. Die Kirche, die sich danach entwickeln wird, wird aber eine andere Kirche sein. Dieses Forum ist nicht der rechte Ort, um darüber zu schreiben. Doch wenn man hier von bestimmten Sehern bestimmte Aussagen übernimmt (meist sehr selektiv, wie's einem in den Kram passt ...), dann sollte man vielleicht auch die von vielen Seherinnen und Sehern bezeugte Prognose nicht achtlos (oder gar mit Verachtung) in die Tonne werfen, dass es nach der "Weltenwende" nicht nur ein gute und glückliche Zeit sondern auch eine neue und gestärkt in ihre Aufgabe eingesetzte Kirche geben wird.

Übrigens sagt "Malachias" das Gegenteil. Er spricht von völliger Zerstörung und Gottesgericht. Er sieht ein Ende: FINIS. Darin allerdings nun liegt er falsch oder hat - falls er es besser wußte - echt gefälscht ...

Grüsse, Gerhard


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