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Arnold Wion! (Schauungen & Prophezeiungen)

BBouvier @, Samstag, 29.10.2011, 19:41 (vor 4535 Tagen) @ Leserzuschrift (6462 Aufrufe)
bearbeitet von BBouvier, Samstag, 29.10.2011, 20:01

"Im Jahr 1595 wurde eine zweibändige bibliographische
Beschreibung berühmter Mitglieder des Benediktinerordens
unter dem Titel „Lignum vitae, ornamentum et decus ecclesiae“ veröffentlicht.
Ihr Verfasser, der Belgier Arnold Wion, gehörte selbst
dem Orden an.
Die Veröffentlichung wäre höchstwahrscheinlich schnell in Vergessenheit geraten,
würde sie nicht auf den Seiten 307 – 311
die Weissagungen über die Päpste
des Heiligen Malachias enthalten die hier zum ersten mal
an die Öffentlichkeit traten.

Die Weissagungen bestehen aus 112 Orakelhaften Sprüchen,
die sich auf die Päpste beziehen und von Cölestin II (1143)
bis ans Ende der Welt,
des Papsttums oder der katholischen Kirche reichen.
Es handelt sich bei ihnen um kurze Sprüche,
die sich auf die Person des Papstes, auf seine Herkunft,
seinen Namen, sein Familienwappen oder auf wichtige Ereignisse während seines Pontifikats.
Zunächst erfreuten sich die Weissagungen großer Beliebtheit.

Anders als bei anderen Weissagungen aus dem Mittelalter
zweifelte man erst ca. 80 Jahre nach ihrer Veröffentlichung
an ihrer Echtheit.
Mehrere Forscher meldeten im Laufe der Zeit Bedenken an,
da es an Wions Aussage zu viele Ungereimtheiten gibt.
Man weiß z.B. nichts über die Prophetien in den 450 Jahren
zwischen ihrer angeblichen Entstehung
und ihrem Erscheinen im Druck.
Es gibt weder handschriftlichen Dokumente
noch werden sie in irgendeiner anderen Schrift erwähnt.

Wion nennt bei seiner Veröffentlichung keine Quellen,
und Malachias' (=> geb. 1094) ebengenannter Hagiograph,
Bernhard von Clairvaux,
erwähnt die Papstweissagungen mit keinem Wort.
Es erscheint merkwürdig, dass,
obwohl dieser seine Sehergabe besonders hervorhebt,
er seine wichtigste Arbeit nicht erwähnt.

Das wichtigste Argument der Zweifler ist jedoch,
dass ziemlich deutlich zwei unterschiedliche Blöcke
erkennbar sind, deren Weissagungen unterschiedlicher
Natur sind.
Der französische Historiker René Thibaut
will diesen Einschnitt zwischen den 71 ersten
und den folgenden Sprüchen erkannt haben.
Seiner Meinung nach spiegelt erstere exakte Einzelheiten
aus dem Vorleben der Päpste an,
wie Tauf- und Familiennamen, Geburtsort, Wappen usw.,
während die folgenden niemals mit solcher Deutlichkeit
auf persönliche Bilder berufen,
sondern viel Interpretation und Symbolik benötigen.
Der 71. Spruch beschreibt das Vatizinium des Hl. Pius V.,
der zwischen 1566 und 1572 auf dem heiligen Stuhl saß.
Unter den ersten 71 befinden sich die Devisen
„De corona montana“ (von der Krone des Berges),
welche für Julius III. steht.
Sie zielt eindeutig auf seinen bürgerlichen Namen
(Giovanni Maria del Monte) und auf sein Familienwappen,
welches Berge und Kränze zeigte.
Sehr augenscheinlich ist auch der Spruch
„Leo Sabina“ (der Löwe aus Sabina) für Cölestin IV.,
der vor seiner Wahl zum Papst Bischof von Sabina war
und in seinem Wappen einen Löwen trug.
Derartig eindeutige Anspielungen
auf die Herkunft sind nach der 71. Devise sehr selten
zu finden.
Der Einschnitt ist dabei so eindeutig,
dass man daraus folgert, dass die Schriften
erst kurz vor ihrer Veröffentlichung entstanden sind,
also irgendwann in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Der Umstand, dass die Originale der Papstweissagungen
nicht existieren,
spricht für Wion (als Autor)."

Andere schreiben diese Fälschung
dem Alfonso Ceccarello zu.

Kurz:
Wion (oder sonstwer) hat diese "Prophezeiung"
im 16. Jahrhundert frei erfunden.

Und nun sind die Schlagworte der Päpste
nach Papst Nr. 71 derart knapp gehalten, dass man wohl
im Leben eines jeden alten Menschen im Nachhinein
stets irgendetwas finden wird, das dann irgendwie schon passt. :-D

Gruss,
BB


- es ist gemein, Blinden Stummfilme zu zeigen
- eine schöne Theorie sollte man sich mit Forschung nicht kaputt machen
- Irlmaier: "Ein Mann erzählt das, was er irgendwo mal gelesen hat."


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