Sinn des Sinns im Sinn (Schauungen & Prophezeiungen)

Isana Yashiro, Samstag, 27.03.2021, 07:41 (vor 1126 Tagen) @ Bea (495 Aufrufe)

Hallo!

Schau ist Schau, klar, aber es gibt ja auch Wahrträume.

Was es nicht alles gibt.

Du glaubst also, dass nur westliche Menschen wahrträumen können?
Und wieso sollten sich ALLE Chinesen mit Traumdeutung befasst haben?

Das sollen sie nicht. Aber auf die gleiche Weise vorurteilsbehaftet wäre anzunehmen, daß Chinesen, die vom Weltuntergang träumen, so einen Traum als präkognitiv einstufen.

Wer ist "wir"?

Du schlugst vor: Mach dir mal den Spaß, lass dir "Traum vom Weltuntergang" vom Google-Übersetzer auf Chinesisch übersetzen und such danach.

Wir umfaßt in diesem Fall alle, die bei diesem Experiment mitgemacht haben.

Eine Schau ist eine Schau - ob man nun eine Katastrophe sieht oder sonstwas.

Und ein Vorurteil ist ein Vorurteil.

Du irrst dich, in China wird viel mit Astrologie gearbeitet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Chinesische_Astrologie#Z%C3%A4hlung_ab_Jahresbeginn
Es wird da zB nach günstigen Hochzeits- oder Geschäftsabschlussterminen gesucht.
Die Chinesen versuchen in viel höherem Grade als wir, auf die Zukunft einzuwirken - zB über Feng Shui.

Da bin ich dreigespalten. Deshalb muß ich darauf drei Antworten geben:

1. Der von Dir verlinkte Wikipedia-Artikel zeigt eine sehr rudimentäre Kunst. Genau das, was man nach jahrhundertelangen Verboten erwarten kann.

2. Wer irgendeines der als Quellen angegebenen Werke gelesen hat, der muß sich nach diesem Artikel fragen: Wo sind die restlichen neunzig Prozent?

3. Mit Zahlen spielen machen Kabbalisten und andere Esoteriker auch. Was hat das mit Astrologie zu tun?

Was die Inder betrifft, schau mal hier:


Die indische oder vedische Astrologie wird Jyotisha genannt. Sie beruht auf bestimmten Schriften aus dem Corpus der Veden (2. Jahrtausend v. Chr.). Sie war fester Bestandteil der höheren Gelehrsamkeit und wird auch heute noch praktiziert.

https://de.wikipedia.org/wiki/Astrologie

Einfach herrlich wie sich die Adminpedia entlarvt, indem sie sich selbst widerspricht. So im Artikel über die Veden:

Die älteste Schicht (ca. 1200 v. Chr. bis 900 v. Chr.) des Veda bilden die vier Samhitas (Sammlungen).

Von da aus ist es dann noch sehr lange hin bis zu den astrologischen Werken, die in die Jahre 600 bis 800 nach Christus datiert werden.

Also nix mit Übernahme von den Griechen.

Das wäre schon seltsam angesichts der Nachläufigkeit sowie der Tatsache, daß nur die Inder den ayanāṃśa (अयनांश) benötigen. Der dient der Umrechnung zwischen dem indischen und dem westlichen Tierkreis. Kein westlicher Astrologe mußte den Tierkreis erst umrechnen.

Und was die magischen Praktiken betrifft - du würdest staunen, wenn du mal schauen würdest, wieviel Geld hier bei uns mit magischen Praktiken verdient wird.
ZB:
https://duckduckgo.com/?q=schutzamulett&t=h_&iax=images&ia=images
https://duckduckgo.com/?q=pyramidenenergie&t=h_&iar=images&iax=images&ia=images
https://duckduckgo.com/?q=schutzsteine&t=h_&iar=images&iax=images&ia=images
Ganz zu schweigen von Partnerrückführungen und Voodoo-Praktiken.

Aber wer verdient damit Geld? Wer läßt sich das aus der Tasche ziehen?

Ich halte das nach wie vor für ein psychologisches Problem.
Und die Psyche ist nicht auf eine Kultur beschränkt, ausnahmslos jeder Mensch hat eine.

Ja. Darin sehe ich eine Voraussetzung für Kultur.

Warum schlugst Du vor nach „Traum vom Weltuntergang“ zu suchen statt nach Schauungen oder der Frage nach deren Sinn? Schließlich überschriebst Du den Eröffnungsbeitrag mit „Der Sinn von Schauungen“!

Letztere ist eine rhetorische Frage, denn es ist völlig klar, daß Dir klar ist, daß man in anderen Sprachen nicht nach dem Sinn von Schauungen fragen kann. Der Begriff Schauung beschränkt sich nichtmal auf unsere Kultur, sondern auf die kleine Subkultur dieses Forums. Außerhalb wird man mit diesem Begriff niemals fündig. Deshalb hast Du offensichtlich stattdessen nach Träumen gesucht. Das ist nunmal nicht das Gleiche.

Den Begriff Sinn gibt es nur im Deutschen. Man meint gerne das müßte anders sein, weil keinen Sinn im Leben mehr zu sehen als Symptom einer Suizidneigung gilt. Oder weil „Sinn machen“ doch ein Anglizismus ist. „Sinn machen“ würde ins Englische übersetzt jedoch „to create meaning“ ergeben. „Sense“ ist höchstens Sinn im Sinne von „alle fünf Sinne beisammen haben“. Sonst trifft meistens „meaning“ oder „purpose“, manchmal auch „reason“. Den Sinn des Lebens müssen die Engländer sich als „raison d’être“ aus dem Französischen holen. Deshalb wird in Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“ nicht nach dem Sinn von allem, sondern nach der Antwort gefragt, woraufhin der zweitgrößte Computer in Raum und Zeit erstmal nachfragen muß, um sich langsam an das heranzutasten, was gemeint sein könnte.

Richard Wilhelm übersetzte zwar den chinesischen Begriff dào (道) mit dem deutschen Wort „Sinn“, aber nicht deshalb, weil dào (道) Sinn bedeuten würde. Er verfiel auf diese Idee nur deshalb, weil ihm aufgefallen war, daß sich beide Begriffe nicht präzise in andere Sprachen übersetzen lassen. Eine solche Gemeinsamkeit ist für viele Kulturwissenschaftler Grund genug, um auf diese Weise zu übersetzen. DeepL „übersetzt“ dào (道) als Pfad. Das ist offensichtlich etwas anderes als Sinn.

Weil sich „Der Sinn von Schauungen“ nicht übersetzen läßt, deshalb nehme ich an, daß es sich bei Schauungen, zumindest der Sorte, nach deren Sinn man fragen kann, um eine kulturspezifische Angelegenheit handelt.

Gruß,
Shiro


Gesamter Strang: