Macht und Macchiavelli
Geschrieben von franke43 am 15. April 2004 16:23:44:
Als Antwort auf: Re: Macht ist nicht gleich Recht geschrieben von Marc Malbec am 15. April 2004 15:16:17:
Hallo
Wie wird Friedrich II zitiert, der als Kronprinz einen
"Anti-Macchiavell" verfasst hatte ?"Man nimmt, wenn man kann, und hat niemals Unrecht,
solange man nicht gezwungen ist zurückzugeben">Da ist genau das Gegenteil richtig. Die Stelle in Mein Krampf besagt, daß >keine Absicht besteht, die im Versailler Diktat abgetretenen Gebiete mit >Gewalt
>zurückerobern zu wollen. Deshalb ja auch der Verzicht auf Gebietsansprüche
>(Elsaß) an Frankreich. Bitte bei Schultze-Rhonhof nachlesen.Die Textstelle war weiter unten in diesem Forum zitiert.
Leider kann man sie - je nach Lesart - so oder auch so
verstehen. Polnische Leser - die ja vielleicht mit den
Feinheiten der deutschen Sprache ihre Schwierigkeiten
gehabt haben können - haben möglicherweise hineingelesen,
was nicht unbedingt so dastand.>Die Todsünde Adolfs, wieder Schultze-Rhonhof, war der Einmarsch in die >Tschechoslowakei, ein offener Verstoß gegen das Münchner Abkommen. Deshalb sei >in London und anderswo der Entschluß gereift, Deutschland in der Danzig-Frage, >wo das Recht zweifellos auf deutscher Seite war (anders als beim Einmarsch in >Prag!) um jeden Preis scheitern zu lassen.
Naja, man kann zumindest sagen, dass der Einmarsch ins
Sudetenland durch die rabiate antideutsche Politik von
Benesch provoziert war.>>"Wer hat angefangen ?"
>Von mir aus. Aber wenn, dann auch für die Jahre 1914 und 1939.Schon richtig
>>Allerdings war es von Napolen III auch naiv zu glauben,
>>Bismarck werde Frankreich als Stillhalteprämie deutsches
>>Land opfern,
>Nein. Bismarck hat es ihm aller Wahrscheinlichkeit mal in Aussicht gestellt, >ohne eine verbindliche Zusage zu geben. So über´n Tisch in Schampuslaune muß >man sich das vorstellen. Du unterschätzt Bismarcks ungeheure geistige >Beweglichkeit, seine an schiere Prinzipienlosigkeit grenzende politische >Taktik. Der hätte seine Großmutter verkauft, um Erfolg zu haben. Verkauft >vielleicht nicht, er hätte sie zum Verkauf angeboten.Ich unterschätze Bismarcks geistige Beweglichkeit keinesfalls.
Er war wohl ein guter Schüler von Talleyrand.>Bismarck wußte, wo man Frankreich kitzelt. Für den Gebietwunsch Napoleons II >gab es eine Präzendenzfall. Für seine militärische Unterstützung der >italienischen Einigung hat Frankreich Gebietsabtretungen verlangt, und auch >bekommen. Teile Savoyens und der Cote d` Azur. Nizza, Menton und andere Städte >waren mal italienisch!
Und Teile von Piemont sind eigentlich französisch.
>>Die Angst vor Einkreisung ist verständlich, wenn man
>>bedenkt, dass Frankreich ja durch die Kaiserwahl
>>Karls V in Deutschland (1519) schon einmal eingekreist
>>und danach mit Krieg überzogen worden war.
>Warum nicht auch im Falle Deutschlands, wo im 30jährigen Krieg das Land zum >ersten Mal Spielball und Schlachtfeld fremder Mächte geworden ist?Das stimmt so nicht. Der 30-jährige Krieg hat als
Bürgerkrieg begonnen, in den sich aber einige Nachbarn
einmischten, als die innerdeutschen Konfliktparteien
schon geschwächt waren und man sich leichte Erfolge
erhoffen konnte. Aber von einer Vorausplanung der
Nachbarstaaten kann man nicht sprechen.Dänemark griff zu früh ein (1625), als die Schwächung der
deutschen Armeen noch nicht weit vorqangeschritten war.Schweden griff auch etwas zu früh ein (1630), konnte
sich aber dank modernster Taktik (Lineartaktik) gegen die
konservativen katholischen Armeen auf den Schlachtfeldern
behaupten (Ausnahme Nördlingen 1634).Frankreich beteiligte sich lange nur mit Geldmitteln
(Subsidien) für die schwedische Kriegspartei.>>Dahingegen hatte Frankreich gegenüber Deutschland 1914
>>keine Einkreisung vorgenommen, lediglich waren der
>>russische Zar und Frankreich verbündet.
>Was ist denn ein französisch-russisches Bündnis anderes, als eine perfekte >Einkreisung, eine Zange, die Deutschland zerquetscht?War das ein Angriffspakt, etwa so wie 1756 gegen Friedrich II
oder 1699/1700 gegen Karl XII von Schweden ? Meines Wissens
war die Tripelentente ein reines Verteidigungbündnis.>Monate vor dem Attentat von Sarajewo ist der damalige französische >Außenminister Poincare nach Petersburg gereist, und hat das Bündnis mit >Rußland perfekt gemacht. Sein Kommentar anschließend, ich zitiere frei: "Ich >habe den Krieg im Gepäck."
Darf ich hierzu die Quellen erfahren ?
>>Aber es stimmt schon: auch 1914 kann die Kriegsschuld-
>>frage nicht eindeutig geklärt werden, sie wurde nur per
>>Diktat mit vorgehaltener Waffe 1919 "geklärt".
>Ja, darauf will ich hinaus.>>Was 1939 anbetrifft, so gab es Gründe für Kriegs-
>>drohungen gegen Deutschland spätestens ab dem
>>Einmarsch ("Anschluss") in Österreich, wo man von
>>deutscher Seite die Volksabstimmung hätte abwarten
>>sollen.
>Wie bitte? Wenn Schottland zu England kommt, gibt es Grund für >Kriegsdrohungen? Wir reden nicht mehr von der Donaumonarchie in ihrer großen >Ausdehnung, sondern nurmehr von deutsch-österreichischen Kernland, dem >geographischen Hühnerschenkel.Aber man hätte warten können, bis der Hühnerschenkel
abgestimmt hat. Dann wäre man völkerrechtlich viel
besser dagestanden, trotz Versailler Diktat.>Daß der Anschluß in den jedem Völkerrecht hohnsprechenden Versailler >Bedingungen untersagt war, ist klar. Nur, was ist ein Vertrag wert, der nur >EINE Seite verpflichtet, und bei dem die andere Seite noch nicht einmal die >Bedingungen einzuhalten bereit ist (Abrüstung), die sie selber ausgehandelt >und unterschrieben hat?
Aber Frankreich hat sich z.B. hinter der Maginot-Linie
eingeigelt, statt sich offensiv zu rüsten.>>Polen sah sich bereits 1934 noch unter
>>Pilsudski durch die deutsche Aufrüstung bedroht,
>Noch mehr Grund haben andere Länder gehabt, sich durch lauthals vorgetragene >großpolnische Expansionsgelüste bedroht zu fühlen; sogar Russland.Moment: war es völkerrechtlich in Ordnung, dass ab
1773 Polen von den Nachbarn sukzessive eingesackt und
als völkerrechtliches Subjekt für über 100 Jahre
einfach ausgeschaltet wurde ?>>...zumal man in Polen wusste, dass die polnische
>>Unabhängigkeit gegen deutsche Interessen und
>>unter Inanspruchnahme deutscher Territorien
>>durchgedrückt worden war, obwohl Deutschland im
>>Osten 1918 Siegermacht war und nicht Verlierer.
>Polen war Profiteur des Versailler Verbrechens-Vertrags. Kann jemand, der >wisenrtlich von einem Verbrechen profitiert, daraus Ansprüche ableiten?Wenn dieser Teil des Vertrags altes Recht (vor 1773)
wieder herstellt, warum nicht ? Die polnischen Teilungen
hätte es nie geben dürfen.>>Gebietsabtretungen trotz siegreichen Feldzugs hatten
>>viele in Deutschland nicht eingesehen, und das
>>wusste man in Polen. Wobei der Verlust des ober-
>>schlesischen Kohlereviers besonderen Ärger erregt
>>hatte.
>Man muß halt Macht und Recht auseinanderhalten. Die neue deutsche Gehirnwäsche >eines Guido Knopp geht dahin, diesen Unterschied wieder zu verwischen. Und >keiner merkt, daß das Ineinssetzen von Macht und Recht nichts anderes >darstellt, als den Wesenskern des Faschismus.Trotzdem bleibt in uns immer die Sehnsucht, dass
irgendwann die Machtkalküle durch den allseitigen
Respekt vor dem Recht ersetzt werden.>Marc Malbec
Gruss
Franke
- Re: Franke, das ist mal eine tolle Antwort Marc Malbec 15.4.2004 17:07 (11)
- Nur zum Thema Polen franke43 16.4.2004 12:16 (8)
- Re: Nur zum Thema Polen Tashi Lhunpo 16.4.2004 14:53 (0)
- Re: Wollte nie gegen Polen polemisieren Marc Malbec 16.4.2004 14:47 (6)
- Re: Wollte nie gegen Polen polemisieren DaveRave 16.4.2004 19:25 (2)
- Re: Nachtrag zur politisch-korrekten Mehrheit Marc Malbec 16.4.2004 21:33 (0)
- Re: Ich kenne den "Dämon der Deutschen" Marc Malbec 16.4.2004 20:11 (0)
- Die Diskussion lohnt franke43 16.4.2004 15:43 (2)
- Re: Europa als riesiges Pferdegestüt? Marc Malbec 16.4.2004 17:05 (0)
- Re: Es lebe der Herzog, der Vater im Lande Marc Malbec 16.4.2004 16:29 (0)
- Re: Franke, das ist mal eine tolle Antwort Kiaril 15.4.2004 22:15 (0)
- Re: Franke, das ist mal eine tolle Antwort BBouvier 15.4.2004 18:07 (0)
- Bitte mehr von dieser Art der konstruktiven Konversation! Danke!!!! (o.T.) Mischel 15.4.2004 16:44 (0)