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Propheten vs. "Berufene", Schlafen und Schauen (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Freitag, 11.05.2018, 16:51 (vor 2177 Tagen) @ dersoeflinger (1635 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Freitag, 11.05.2018, 16:57

Hallo!

Gehe ich recht in der Annahme, daß Prophezeiungen von religiösen Motiven getrennt sein können und jemand, der Prophezeiungen zum Besten gibt ein Prophet ist?

Ja. Sobald ich eine Vor-aussage (= die wortwörtliche Übersetzung des altgriechischen pro-pheteía) tätige, mache ich eine Prophezeiung. Aus dem Wort an sich ergibt sich noch nicht, woher die Information kommt, aus der ich meine Prophezeiung formuliere.
Schauungen sind eine Möglichkeit von vielen, woraus in Prophezeiungen getätigte Aussagen ihren Informationsgehalt haben können. Daher ist es so wichtig, beides zu unterscheiden. Gleichsetzung führt zu Fehlurteilen.
Religiöse Vorstellungen sind eine andere Möglichkeit. Darüber hinaus sind noch viele weitere Informationsquellen denkbar: Kartenlegen, Extrapolation gegenwärtiger Tendenzen etc.
Genaugenommen ist jemand, der prophezeit, ein Prophet. Das Wort scheint vom religiösen Bereich aber ziemlich okkupiert zu sein, so daß seine Verwendung in der Regel entsprechende Assoziationen weckt.

Der Prophet spricht „im Namen von“ oder „anstelle von“. Jemand der interpretiert und kommentiert, z.B Aaron als Prophet des Mose.

Deshalb habe ich mit der Aussage Prophezeiungen seien Märchen oder Sagen ein Verständnisproblem.

Im alten Testament sprachen Propheten für Gott, wobei sie sich durchaus sehr kritisch gegenüber
Gott, z.B. der Prophet Habakuk, geäußert haben.

Ein biblischer bzw. religiöser Prophet spricht im Namen Gottes oder der Wesenheiten, die ihn kontaktiert haben. Dem liegen in der Idee (es sind wohl eher ahistorische oder archetypische Mythen) also Erscheinungen oder Schauungen zugrunde.

Daher kommt wohl die Übesetzung "Sprecher anstelle von...". Die Urbedeutung von "pro-" ist aber "vor-" nicht "für-" (diese ist lediglich "übertragen", also sekundär). Ein Prophet ist ein Voraussager. Das ursprüngliche jüdische Wort im Tanach war offenbar נָבִיא (nābi), was "Berufener" heißt. Die Übersetzung mit "prophetes" in der Septuaginta scheint in diesem Sinne irreführend zu sein, da sie ein Wort anderen etymologischen Sinngehalts wählt. Diese Fehlübersetzung zieht sich offenbar bis heute durch und führt zu Mißverständnissen. Man müßte folglich alle biblischen Propheten richtig als von Gott Berufene bezeichnen und als Sonderform behandeln, um von der allzu engen Konnotation Prophet = Wahrheitskünder wegzukommen, worin leichtfertig gleich alle Prophezeiungen miteinbegriffen werden.
Bei "Berufenen" ist der Kontakt nach oben ja zwingender Bestandteil, bei "Propheten"/"Prophezeiungen" im eigentlichen Wortsinne aber nicht.

Man sollte solche religiösen Propheten also als Sonderform betrachten, die nicht mit jemandem verwechselt werden darf, der Prophezeiungen in dem weit gefassten Verständnis macht, das ich oben formuliert habe. Prophezeiungen sind nicht zwingend religiös und haben vor allem nicht zwingend eine Erscheinung oder Schauung als Grundlage.
Anhand des Begriffs "Prophezeiung" zu unterstellen, ein Prophet hätte eine Gottesoffenbarung oder Schauung gehabt, ist vorschnell. Die Wirklichkeit zeigt, daß eben vieles, was in Prophezeiungsbüchern als Prophezeiung verkauft wird, rein menschliche Hervorbringungen sind, bei denen ältere Texte plagiiert oder eigene Vorstellungen verarbeitet wurden.

Das andere ist das Träumen. Wenn der Mensch träumt, dann versucht sein Unterbewusstsein Geschehnisse zu verarbeiten, hat aber mit zukünftigen Ereignissen nichts zu tun?

Nicht zwingend. Seherische Träume scheinen von den Sehenden als qualitativ anders empfunden zu werden, so daß der Unterschied zu reinen Verarbeitungsträumen in der Regel klar ist.

Wenn ein Seher ohne wachem Bewusstsein eine Schau hat, dann schläft er doch nicht, bestenfalls ist er in einem Schlaf ähnlichen Zustand und hat eben keinen Traum sondern eine Schau.

Schlaf ist ausschließlich ein körperlicher Zustand. Er dient zur diesseitigen Regeneration. Die Seele hingegen ist überkörperlich. Daher halte ich es für keinen Widerspruch, zu schlafen und währenddessen eine Schau zu haben mit dem gleichzeitigen Bewußtsein, eine Schau zu haben, während Körper und Gehirn im Ruhezustand sind.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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