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Die russische Version der bösen Russen (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Freitag, 06.04.2018, 10:11 (vor 2213 Tagen) @ Wodans Sohn (2520 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Freitag, 06.04.2018, 10:23

Hallo!

Lässt man den ganzen religiösen Teil wegfallen

Der religiöse Teil scheint mir essentiell zu sein, da er das Grundmuster bereitstellt, das auf die realen Gegebenheiten projiziert wird, falsche Erwartungen erzeugend.

Mir kommt dabei der Gedanke, daß es sich um den russischen Aufguß des Topos "Gog und Magog" handelt, die in der Endzeit aus dem inneren Asiens hervorbrechen sollen.
In der ursprünglichen Fassung aus dem vormohammedanischen Syrien sollten sie aus dem Norden hinter dem Kaukasus kommen, wo Alexander der Große sie einst hinter einer Mauer einsperrte.

Nachdem wir im Abendland mit dem Christentum das Gratispaket "Endzeitschwadronade" als Glaubensinhalt aufoktroyiert bekamen, wurden die Inhalte im Volksglauben angepaßt. Aus Gog und Magog aus dem Norden wurde der Osten. Die Völker selbst wurden zunächst als die Türken, dann als die Russen angenommen, woraus sich schließlich der hundsgemeine russische Überraschungsangriff entwickelte, der uns für drei endzeitliche Schreckensmonate das Fürchten lehren soll, ehe die üblen antichristlichen Mörder, Plünderer und Vergewaltigerhorden, ein Leichenfeld hinterlassend, vom großen Monarchen in die Hölle geschickt werden. Dieses Grundmuster ist schon im Pseudo-Methodius angelegt.

Da die orthodoxen Russen sich nicht selbst als die Bösen sehen können (und aus ihrer Sicht sie selbst die Mitte sind), wurde das Motiv in ihrer Kultur offenbar abermals nach Osten verschoben. Es bleiben eigentlich als Kandidaten nur die Mongolen oder die viel besser passenden Chinesen.

Die Akte des Dramas sind die selben:
1. China überfällt den Osten Russlands
2. Christenverfolgung und Herrschaft des Antichristen
3. Schließlich die rettende Erlösung wie z. B. durch "Aristokles von Moskau" vorausgesagt: "The end will come through China. There will be an extraordinary outburst and a miracle of God will be manifested. And there will be an entirely different life, but all this will not be for long."

Ähnliches berichtet "Theodosius von Minvody", nach einer Phase des Niedergangs und Zerfalls Rußlands, allerdings in einer modernen Variante, die vermuten läßt, daß sie ex eventu an die Gegenwart angepaßt wurde:
"The greatest tragedy will be the seizure of Siberia by China. This will not take place through military means: in consequence of the weakening of the authorities and the open frontiers, masses of Chinese will move into Siberia, will snap up property, enterprises and flats. By means of bribery, intimidation and agreements with the authorities, they will gradually take control of the economic life of the towns. Everything will take place in such a way that one morning the Russians living in Siberia will wake up… in a Chinese state."

Das Ende paßt dann wieder zum Schema unserer Prophezeiungen, in welchen man morgens aufsteht und plötzlich die Russen da sind (oder vor der Kirche stehen etc.).

"The destiny of those who remain there will be tragic, but not hopeless. The Chinese will deal cruelly with every attempt at resistance. (That was why the elder prophesied a martyric end in the stadium of the Siberian town for many Orthodox and patriots of the Homeland.) The West will assist this creeping conquest of our land and in every way support the military and economic might of China out of hatred for Russia."

Natürlich aus blankem Haß, wie es sich für die Schergen des Antichristen gehört. Ob es in Rußland auch Spekulationen über eine westliche und chinesische Langzeitstrategie gibt? ;-)

Der Westen erscheint in russischen Prophezeiungen ambivalent, nimmt am Ende aber die Rolle des Helfers ein, ähnlich den Franzosen bei uns. Aristokles von Moskau: "But wait until the Germans take up arms, for they are chosen as God’s weapon to punish Russia – but also as a weapon of deliverance later."

Schließlich die Erlösung bei Theodosius von Minvody:
"But then they [der Westen] will see the danger for themselves, and when the Chinese try to conquer the Urals [eine Schwelle wie in unseren Prophezeiungen der Rhein], this time by military might, and go even further [der eigentliche "chinesische Überraschungsangriff"], they will by all means hinder this and will even be able to help Russia in deflecting the invasion from the East. Russia must stand her ground in this battle; after sufferings and complete impoverishment she will find in herself the strength to recover."

Interssanterweise findet sich bei Theodosius keine Entsprechung zum "großen Monarchen", allenfalls eine Andeutung:
"The posed one more question to him – on the possibility of the restoration of a monarchy in Russia. The elder replied that this restoration must be earned. It exists as a possibility, but not as something pre-determined. If we are worthy, the Russian people will elect a Tsar, but this will become possible before the very enthronement of the Antichrist or even after it – for a very short time."

"Pelagia von Ryazan" wußte hingegen:
"The Antichrist will come to power and will begin to persecute Orthodoxy. And then the Lord will reveal His tsar in Russia. He will be of royal family and will be a strong defender of our faith… When the Lord will give this very intelligent person, life will be good!… The Antichrist will declare himself from America. And the whole world will bow down to him except Tsarist Orthodox Russia."

Man beachte, daß es in den russischen Prophezeiungen offenbar keine Aussagen über einen russischen Feldzug in Europa gibt, was nicht wundert, weil es sich um ein christliches Wandermotiv handelt, bei dem man stets selbst der Geschundene ist.
Falls noch jemand daran zweifelt, daß die Endzeitprophetie eine religiöse Schwadronade ohne jeglichen realen Gehalt ist, der führe sich nur die Variante der Russen zu Gemüte, wo die Motive entsprechend auf sie angepaßt ebenfalls auftreten. Nach dem gleichen Muster gingen sie ursprünglich auf Europa über.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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