Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888"
Geschrieben von BBouvier am 18. Oktober 2004 20:52:45:
1)
Nach den entsetzlichen Erfahrungen des 30-jährigen Krieges
hatte sich in Europa eine Form der Kriegsführung entwickelt,
die die übelsten Schrecken des Krieges zähmte.
Als höchste Kunst galt es, durch geschicktes Manövrieren
den Gegner aus seiner strategischen Position zu schieben,
Schlachten und Blutvergiessen überhaupt zu vermeiden.Kriegsziel war ohnehin nicht die Vernichtung des Gegners,
weder auf dem Schlachtfeld, noch dessen politischer Existenz.
Es ging um einen Erbfolgestreit, um eine Grenzprovinz,
manchmal nur um „Ehre“.
Der Einsatz und etwaige negative Folgen waren gering.
Die Ritter hatten bereits zuvor abdanken müssen,
und diese adelige Kriegerkaste
hatte sich, ihren Ehrencodex weitestgehend beibehaltend,
zu Anführern der Söldnerheere gemacht.
Sonst wären sie überflüssig geworden.
Soldatsein, das war ohnehin eine Tätigkeit für Abenteurer,
Entwurzelte, Beutegierige, von der bunten Montur Verlockte,
für ehemalige Strauchdiebe.
Krieg führte der König mit Denen, und das interessierte Bäcker,
Leineweber, Fuhrkechte, Musiker und Kutscher nicht die Bohne.
Und Denen war es auch so ziemlich gleichgültig,
ob der König nun mal gewann oder eben nicht.2)
Der erste Wandel trat im Gefolge der Französischen Revolution ein,
als die Franzosen dazu übergingen, Massenheere aufzustellen,
die gesamte Nation unter die Fahnen zu rufen.
Die Nation zu vergöttern, anstelle Gottes.Dass die Nation ein Ding sei,
für das man gefälligst zu sterben habe, bei Bedarf,
ist uns so geläufig, mittlerweile, dass wir uns gar nicht mehr vorstellen können, dass es sich dabei um eine völlig neue,
ganz irrwitzige Erfindung von roten, revolutionären Demagogen handelt.An die Spitze der Truppen traten hergelaufene Bürgerliche.
Bei der Belagerung von Toulon war der Vorgesetzte
des Hauptmanns Buonaparte ein ehemaliger Frisör ohne jeden Schimmer,
der kein Blut sehen konnte,
und dessen einziger Satz darin bestand, stereotyp zu wiederholen:
„Wir greifen in zwei Kolonnen an!“Dennoch hielt sich die Vorstellung,
zwischen rechtmässigen Kombattanten und Zivilisten zu unterscheiden:Fürst Tolstoi beschreibt die Figur des Pierre,
der bei der Schlacht von Borodino ganz unbekümmert im Frack auf den Artillerieschanzen des Fürsten Bragation
als Schlachtenbummler weilt,
während in unmittelbarer Nähe die Franzosen
mit gefälltem Bajonett, ihn als Zivilisten nicht weiter beachtend, vorbeistürmen.Die USA waren Europa wieder mal ein Stückchen voraus.
Kein Wunder.
Ihr Offizierkorps ist nicht geprägt
vom Geist der europäischen Ritterlichkeit
(wie denn auch! – dort waren von Haus aus Offiziere auch mal Söhne von Anstreichern ).
Nach der Schlacht von Sedan trat beispielsweise
der US-General Sherman an Moltke heran und riet ihm,
das nun wehrlos daliegende Nordfrankreich zu terrorisieren,
indem man die Bauernhöfe abfackelte, das Vieh massakrierte,
die Obstbäume abhackte, die Bevölkerung verjagte.
Moltke sah ihn nur völlig fassungslos und stumm vor Verblüffung an.
Wurde weiss.
Da meinte Sherman, das sei doch eine tolle Idee,
und gerade diese habe soeben im US-Bürgerkrieg
doch die schönsten Erfolge gezeitigt:
Sein Marsch durchs Shannendaohtal habe ihm in den USA grösste Meriten erworben.3)
Der zweite Wandel betrifft den Einzug der Technik in die Kriegsführung.
Das beginnt zwar bereits lange vor der Einführung der Kruppschen:
„Nahtlos gezogenen Stahlrohrlanze ´88“,
aber hier sehe ich die Zäsur.„88“ ist das Ende der Kavallerie, Maschinengewehre,
Stacheldraht, Giftgas folgen kurz darauf.
Mit dem Ende der Kavallerie verschwindet auch der Geist des „Kavaliers“
aus dem Kriege.
Es erfolgt der Rückfall in die Barbarei:
Man unterscheidet nicht mehr zwischen Kombattanten = ehrenwerten Gegnern
und Zivilisten.
Der Gegner wird zum „Feind“.
Und „Feind“:
Das ist die gesamte gegnerische Nation.
Da werden ganze Städte mitsamt Frauen und Kindern ausgemordet,
mit Hilfe modernster Technik.
Antiseptisch, auf Knopfdruck aus 8000 Metern Höhe, vom Ledersessel aus.
Von berufsmässigen Killern.
Gewissenlosen.
Bezahlten.Zur Beruhigung etwaiger Gewissensbisse
verhetzt man diese Handwerker/Techniker des Krieges
und erzählt ihnen die butrünstigsten Schauermärchen
über frei erfundene Untaten ihrer Mordopfer.
Das besiegte Land verfällt dem Morgenthauplan.
Die Bevölkerung wird rechtlos.
Wird vertrieben.
Wird nach Kriegsende weiter dezimiert.
Soweit es denn überhaupt noch Überlebende gibt.
Und Diese werden zu „Schuldigen“ gemacht.
Müssen nun büssen.
In Arbeitslagern.
Für tatsächliche oder erfundene Untaten.
Der ehemaligen Regierung.4)
Tendenz:
Der Tiefpunkt scheint mir noch nicht erreicht zu sein.
Bereits jetzt werden die Führer von Staaten,
die einen Krieg verloren haben,
wie Schwerverbrecher per Steckbrief gejagt.
Und nach Bedarf mit politischen Schau-Prozessen abgefertigt.
Auch schon mal gehenkt.Bereits im 2.WK. haben alle Seiten Kriegsgefangene
in grossem Stil ermordet.
Die deutsche Regierung von damals hat nach meiner Schätzung
rund 4 MILLIONEN!
russische Kriegsgefangene auf dem Gewissen.
(Die haben nur keine Lobby.)
Heute haben wir Guantanamo,
dort werden Kriegsgefangene offenbar planmässig im Auftrag der Regierung gefoltert.
Interessiert nur Wenige.Die Grenze zwischen rechtmässigen Kombattanten und Unrechtmässigen (=Verbrechern) schwindet mehr und mehr.
Jeder gegen Jeden.
Leidtragende werden mehr und mehr unbeteiligte Zivilisten.
Frauen und Kinder.
Recht putzig anzuschauen in Palästina.DAS ist die Zukunft des Krieges:
Barbarei total.
BB(Gegner der Stahlrohrlanze 88)
- "Die Nation zu vergöttern, anstelle Gottes" - ? Salim 19.10.2004 12:58 (2)
- Re: "Die Nation zu vergöttern, anstelle Gottes" - ?@Salim BBouvier 19.10.2004 17:36 (1)
- Re: "Die Nation zu vergöttern, anstelle Gottes" - ?@Salim Salim 19.10.2004 23:41 (0)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" DaveRave 19.10.2004 09:41 (10)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" JoeKaiser 19.10.2004 10:55 (3)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" detlef 19.10.2004 14:51 (0)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" DaveRave 19.10.2004 11:00 (1)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" JoeKaiser 19.10.2004 11:06 (0)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" BBouvier 19.10.2004 10:16 (5)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" DaveRave 19.10.2004 11:09 (3)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" detlef 19.10.2004 15:02 (0)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" JoeKaiser 19.10.2004 11:22 (1)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" DaveRave 19.10.2004 11:30 (0)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" JoeKaiser 19.10.2004 11:04 (0)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" X 19.10.2004 05:12 (6)
- Händeabhacken in Afrika versus Krieg in Palästina Georg 20.10.2004 21:03 (0)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" BBouvier 19.10.2004 12:17 (3)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" X 21.10.2004 02:47 (2)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888"@"X" BBouvier 21.10.2004 11:32 (1)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888"@"X" X 22.10.2004 05:01 (0)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" BBouvier 19.10.2004 10:12 (0)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" detlef 19.10.2004 00:02 (6)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888"@Detlef-P.S. BBouvier 19.10.2004 12:35 (1)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888"@Detlef-P.S. detlef 19.10.2004 15:35 (0)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888"@Detlef BBouvier 19.10.2004 00:18 (3)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888"@Detlef detlef 19.10.2004 03:39 (2)
- sauber Detlef :) Fleecer 19.10.2004 10:18 (1)
- Re: sauber Detlef :) detlef 19.10.2004 14:43 (0)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" Taurec 18.10.2004 22:11 (3)
- Re: Gedanken zur "Stahlrohrlanze 1888" Fleecer 18.10.2004 23:45 (0)
- ketzerisch, was ist die message? JoeKaiser 18.10.2004 22:18 (1)
- Re: ketzerisch, was ist die message? Taurec 18.10.2004 22:23 (0)
- Und was willst Du uns damit sagen? (owT) JoeKaiser 18.10.2004 21:13 (9)
- Vielleicht, daß das Einhalten der goldenen Regel... Medicineman9 18.10.2004 23:23 (8)
- oh, stop mal ... RaginHari 20.10.2004 00:13 (3)
- Re: oh, stop mal ... der Punkt franz_liszt 20.10.2004 00:29 (2)
- Re: oh, stop mal ... der Punkt RaginHari 20.10.2004 01:40 (1)
- Ja das stimmt, so hat er es nie gesagt... Medicineman9 20.10.2004 11:19 (0)
- Re: Vielleicht, daß das Einhalten der goldenen Regel - danke :-) (owT) franz_liszt 19.10.2004 10:16 (0)
- Re: Vielleicht, daß das Einhalten der goldenen Regel... detlef 19.10.2004 03:16 (2)
- Re: Vielleicht, daß das Einhalten der goldenen Regel... Lorberfreund 19.10.2004 12:29 (1)
- Re: Vielleicht, daß das Einhalten der goldenen Regel... detlef 19.10.2004 15:17 (0)