Versuch einer Antwort (Schauungen & Prophezeiungen)

Baldur, Samstag, 26.11.2011, 21:10 (vor 4541 Tagen) @ DerBerliner (1721 Aufrufe)
bearbeitet von Baldur, Samstag, 26.11.2011, 21:17

Hallo Baldur,

Zuerst sei mal unterstellt, daß Du der Baldur von den Ketzern bist.

Hallo, Berliner,

ja, der bin ich.

Da Du Baldur ganz eindeutig ein massives, persönliches Problem mit Religion und Spiritualität zu haben scheinst, erlaube ich mir, mich zu wiederholen und auf die Notwendigkeit der Trennung verschiedener Aspekte hinzuweisen.

Nein, mit Spiritualität habe ich überhaupt gar kein Problem. Ich kenne Leute, die an Naturgeister glauben, an Engel oder Feen oder andere Wesenheiten ferner Galaxien, weil sie sagen, sie würden sie sehen bzw. gesehen haben. Das respektiere ich, halte deren Existenz für möglich, aber ich habe diese noch nicht gesehen, und daher sind das für mich unbewiesene Aussagen ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit.

Wer den Anspruch auf Wahrheit erhebt, muß mehr liefern, als Behauptungen, das sei halt so.


1) Der Gottesglaube
2) Das Ethik-System (= Theorie)
3) Was Menschen aus der Lehre machen, vulgo Amtskirchen (= Praxis)
wozu auch das "Drumherum" gehört, das für viele Menschen nun mal wichtig ist.
Insbesondere hier gilt der Satz: "Der Herr sucht sich sein Bodenpersonal nicht aus".

Das setzt aber bereits voraus, daß es diesen personalisierten Herrn denn gibt. Für mich ist das eine unbewiesene Behautpung, sie ist möglich, ich kann es nicht widerlegen, aber sie ist durch nichts verifiziert. Diverse Bibelstellen als Beweis zu verwenden, führen nicht weiter.


Beides ist reiner Glaube und weder beweisbar, noch widerlegbar. Lassen wir das also!

Gut, völlig einverstanden.

Kommen wir zum Ethik-System!

Wie Du Dich sicher erinnerst und wie in Deinem Forum leicht nachzulesen ist, liegt der Schwerpunkt meiner Argumentation fast ausschließlich auf dem Ethik-System, das ich jedoch immer strikt von dem trenne, was Menschen in der Praxis daraus machen.

Darin liegt ein eklatanter Fehler. Der Nationalsozialismus, der Kommunismus, der Maoismus, der Stalinismus, die Demokratie, die Atombombe, PolPot, alle waren gut (gemeint gewesen) - so sagten jedenfalls die Initiatoren. Bewertet wird aber grundsätzlich das Ergebnis, man kann das nicht trennen, es zählt ausschließlich, was real umgesetzt wurde und wird. Die Ergebnisse sind bekannt und wenig schmeichelhaft, alles Elend müssen sich die Erfinder unmittelbar zurechnen lassen !


Genau dies hast Du - meinem Empfinden nach höchst unsachlich und im Ton böswillig - miteinander vermengt, wie es polemische Kritiker liebend gerne tun, meist weil ihnen die Argumente fehlen.

Ich sehe dies genau andersherum, weil ich nicht verstehen kann, daß jemand sich für eine Organisation einesetzen kann, oder eine Glaubensvorstellung, die derart versagt hat. Und für deren Legitimation nicht ein belastbarer Beweis existiert.


Ich halte eine solche Vermengung jedoch nicht für legitim und für sachlich in keiner Weise gerechtfertigt, denn kein zu logischem Denken fähiger Mensch wird ernsthaft behaupten wollen, daß die mißbräuchliche und gegen die Regeln verstoßende Praktizierung eines Ethik-Systems (z.B: Kreuzzüge) in irgendeiner Weise die Qualität des Ethik-Systems selbst beeinträchtigt.

Na, na, na, ich sehe dies völlig anders - eine billige, plumpe Instrumentalisierung ist das. Packe willig-unbedarfte Leute an ihrer Gutheit und nutze sie als Erfüllungsgehilfen des verborgenen, schändlichen Hintergedankens.


Wenn das Ethik-System pauschal sagt "Du sollst nicht töten" und es die Menschen trotzdem tun, dann liegen 100% der Schuld bei den Menschen. Solltest Du anderer Meinung sein, dann lege doch mal bitte detailliert dar, was in dieser Situation der Autor des Ethik-Systems falsch gemacht hat und was du anders oder besser machen würdest. Ich bin gespannt!

Das Ethiksystem sagt eben nicht, Du sollst nicht töten, sondern es sagte explizit, tötet die Ketzer, die Teufel, die Abtrünnigen, die Ungläubigen.

Für ein Ethiksystem *Du sollst nicht töten* brauche ich keine Steintafeln vom Sinai, oder Gottes Gebote, für das brauche ich nur einen Funken Verstand und Erziehung sowie minimal Charakter.



Anders ausgedrückt: Wer als einziges Argument behauptet, eine Regel sei allein und per se deshalb schlecht, weil früher mal oder auch heute noch gegen sie verstoßen wurde/wird, den kann ich nicht ernstnehmen!

Das katholische Ethiksystem verunglimpft und diskriminiert explizit Andersdenkende, Schwule und Lesben, legal Abtreibende, Geschiedene, und Frauen generell, bedient sich aber an deren Steueraufkommen. Wie möchtest Du das rechtfertigen ?


Es ist völlig normal und wurde und wird immer und überall geschehen, daß Menschen gegen Regeln verstoßen, die ihnen gegeben wurden, egal ob von anderen Menschen oder von höheren Entitäten, an die man natürlich nicht glauben muß.

Es macht einen elementaren Unterschied, ob ich als bekennender Krimineller verfehle, oder als wenig nachdenkender Durchschnittsmensch, oder als angeblicher Saubermann, der sich anmaßt, kraft seiner Bezeichnung als hochwürdig (! - wodurch eigentlich legitimiert ?) angesehen werden zu wollen.


Ganz abgesehen davon, ist Deine Darstellung der Verfehlungen von Menschen, die sich als Christen empfanden, maßlos übertrieben ("katholisch gleichbedeutend mit Blutvergiessen, Qual und Seelennot"). Das ist billigste Polemik und in keiner Weise belegbar.

Das sagst Du. Ich sehe es genau andersherum. Da kommen wir nicht weiter, aber zigtausend historisch gesicherte Scheiterhaufen-Verbrannte und Gemartete kannst Du nicht wegdefinieren.


Wäre es denn Deinerseits der Versuch einer redlichen Argumentation gewesen, dann hättest du mindestens berücksichtigt, daß in den von Dir kritisierten Fällen die betreffenden Menschen gegen die eigenen Regeln verstoßen haben, während im Vergleich dazu in anderen Ethik-Systemen genau diese von Dir kritisierten Verfehlungen wesentliche Teile des anderen Ethik-Systems sind wie z.B. im Islam ("Tötet die Ungläubigen wo Ihr sie trefft!" oder die totale Unterdrückung der Frau und der weiblichen Sexualität) oder wenn anderswo wichtige Regeln nur extrem rassistisch gegenüber Menschen anderer Herkünfte bzw Völker gelten, nicht aber gegenüber den eigenen "Volksgenossen".

Kein Wort von Dir dazu!


Ich finde beides letztlich gleichwertig und abzulehnen. Ich erkenne im Christentum nichts, das soviel besser wäre als die Konkurrenz, daß ich es deswegen loben müßte. Nicht umsonst gehört in katholischen Gegenden das Kopftuch zur Tracht der Frau.


Sondern lediglich völlig einseitige und maßlos übertriebene Polemik mit pauschaler Schuldzuweisung an das System, gegen dessen ausdrückliche Regeln in Einzelfällen verstoßen wurde. Das ist - pardon - billig, dumm und Deiner nicht würdig!

Das muß ich absolut zurückweisen, das ist ein subjektiver Ausdruck Deiner Befindlichkeit, weil ich an Deinen Grundfesten gerüttelt habe.


Mit den besten Wünschen dafür, daß Du die Gründe für Deinen tiefen Haß und Deine daraus resultierende Polemik erkennen und zumindest in Teilen beheben und lindern kannst. Noch eine gutgemeinte und persönliche Anmerkung: vielleicht sind die Gründe für diese Deine Einstellung dieselben, die auch für Deinen höchst ausgeprägten, generellen Defätismus verantwortlich sind, der aus vielen Deiner Beiträge besonders in Deinem Forum klar erkennbar ist und den ich dort früher schon öfters kritisiert hatte. Ich vermute es mal.

Wenn Du durch die Natur gehst mit offenen Augen, siehst Du nicht nur Schönheit, sondern auch viel unbegreifliches Leid und Elend. Jede Glaubensrichtung, die sich anmaßt, den Begriff Barmherzigkeit im Schild ihrer Gottesvorstellung zu führen, scheitert und versagt bereits im Ansatz an dieser erbarmungslosen Realität. Wenn Du Dich davon überzeugen möchtest, besuche die nächstgelegene Krebsstation. Oder Tierheim. Welche Wahrnehmung triffts eher ? Die idealistische Wunschvorstellung, oder die schonungslose Bestandsaufnahme ?

P.S. Wie Du weißt oder in vielen meiner früheren Beiträge nachlesen kannst, habe ich auf mehreren katholischen Schulen, die ich besuchen durfte, in keinem Falle "Angst, Schrecken, Unterwürfigkeit und Denkverbote" (Zitat Baldur) auch nur ansatzweise erlebt und noch weniger in meiner eigenen, ausnahmslos katholischen Familie, sondern ich wurde vor allem von den Jesuiten zu einem gegenüber allem und jedem und vor allem sich selbst kritischen Geist erzogen.


Kannst Du ohne Gewissensbisse und Schuldgefühle versuchsweise für einen ganzen Tag lang den Gedanken pflegen, daß alles, was in der Bibel steht, samt der Existenz von Jesus, frei erfunden sein mag,und es nichts dergleichen gibt ? wenn Du das kannst, glaube ich Dir, daß Du nicht als kindliche Seele für dein Leben lang in Ketten gelegt wurdest. Aber auch nur dann.

Und wenn ich von katholisch rede, dann über Erfahrungen aus dem tiefsten, schwärzesten Niederbayern, das man sich nur vorstellen kann. Wo nicht hoffnungsgebende, junge Kaplane das Bild prägen - weil sie sofort versetzt werden -, sondern alte, verbissene, verhärmte, verhaßte, weltfremde Greise, die jedoch die Hochwürde jeden Tag entgegengebracht bekommen. weil es so sein muß. Heißt es da.

Beste Grüße vom Baldur

P.S.: du kannst ohne weiteres eine spirituelle Welt erklären ohne Trinität, Unbeflecktheit, und sonstige schräge Vorstellungen. Es ist ein Trugschluß, anzunehmen, daß es nur die katholische Vorstellung gäbe, oder die atheistisch-materielle, in der die Existenz mit dem letzten Schnauf endet. Es ist eine schlimme westliche Anmaßung, zu glauben, nur unser Kulturkreis hätte die Realität zutreffend erkannt und beschrieben. Oder die nahöstliche Gottesvorstellung sei wahr.


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