Ein paar Infos über Supernovae und Neutrinos

Geschrieben von MPW am 09. September 2004 21:14:00:

Als Antwort auf: weitere Gedanken zur Auswirkung einer Supernovae geschrieben von SANdOR am 09. September 2004 14:26:31:

Liebe Freunde,

hier kursieren ein paar abwegige Vorstellungen über astronomische Phänomene, die ich nach dem Kenntnisstand der Physik korrigieren möchte.

1. "Eine Supernova strahlt so hell wie eine ganze Galaxis"
Was da wirklich so hell strahlt, nennt sich Quasar und selbst der nächste davon ist einige Milliarden Lichtjahre weit entfernt. Laut gültiger Theorie beobachten wir in den Quasaren die Bildung der massiven schwarzen Löcher im Zentrum von Galaxien. Hierbei "schlürft" ein schwarzes Loch Sonnenmassen in sich hinein.

2. "Eine Supernova in zehn Lichtjahren Entfernung und alles Leben auf der Erde ist futsch"
Nun, Supernovae haben die 600.000-fache Helligkeit der Sonne. Dabei kollabiert das Innere eines Sternes und schleudert seine äußeren Schichten weg. Nebenbei werden bei diesem Vorgang alle Elemente gebildet, die schwerer als Eisen sind (höheres Atomgewicht).
Unsere Sonne ist 1 AE (Astronomische Einheit) von uns entfernt, was 150 Millionen km oder 8,33 Lichtminuten entspricht. Ein Lichtjahr ist eine Entfernung von ca. 63.000 AE. Wie weit müßte eine Supernova entfernt sein, um so hell zu leuchten wie die Sonne? Nein, nicht etwa 600.000 AE (rund 10 Lichtjahre), sondern dank des r²-Gesetzes der Strahlungsausbreitung nur 775 AE. Das ist die 20-fache Entfernung von Pluto zur Sonne. Würde Proxima Centauri als Supernova explodieren (dafür ist der Stern zu klein), müßte er 6,6 Billionenfach so hell strahlen wie die Sonne, um auf der Erde gleich hell zu erscheinen. Also 10 Millionenfach heller als eine "typische" Supernova.
Durch sichtbares Licht und durch thermische Strahlung besteht also keine Gefahr. Freigesetzte Radioaktivität ist ein anderes Problem, aber auch die wird durch die Entfernung stark abgeschwächt. Tschernobyl war in dieser Hinsicht schlimmer.
Wieso sind dann frühere Supernovae geologisch nachweisbar?
Die Supernova bläst "jede Menge" Staub ins Weltall, mit einem sehr hohen Anteil an Schwermetallen. Dieser Staub regnet auf die Erde herab, wenn diese durch die Wolke fliegt. Er schafft eine Sedimentschicht, in der sonst nicht vorhandene Elemente auftauchen. Die einzige Auswirkung könnte eine Absenkung der Temperatur auf der Erde sein, weil der Staub die Sonne verdunkelt. Schlimmstenfalls also eine Eiszeit.

3. "Neutrinos sind überlichtschnell"
Dann wären sie nicht mehr Bestandteil unseres Universums und mit unseren Mitteln nicht nachweisbar. Als 1987 die Sanduleak-Supernova in den Magellanschen Wolken auftrat, kamen die Neutrinos einige Stunden NACH dem Sichtbarwerden der Nova bei uns an. Sie sind also eindeutig langsamer als Licht - oder sie haben im kosmischen McDonalds gebummelt.

4. "Materie zerstrahlt hauptsächlich in Neutrinos"
Zum Glück nicht, denn unsere Sonne "zerstrahlt" jede Sekunde 5 Millionen Tonnen Materie. Die Neutrinos aus dieser Reaktion im Zentrum der Sonne sind ca. 10 Minuten später bei uns, die hochenergetische Strahlung braucht etwa 20.000 Jahre, um an die Sonnenoberfläche vorzudringen, weil sie sich ständig mit der solaren Materie "stößt". Dabei verliert die Strahlung Energie und erscheint als niederenergetisches Licht und Wärme, also als das, was wir zum Leben brauchen.

5. "Neutrinos entweichen schwarzen Löchern"
Falls jemand sich noch an die brownsche Bewegung erinnert... je "wärmer" Atome und Moleküle sind, desto schneller bewegen sie sich. Warme Materie gibt Strahlung ab; man sieht das sehr schön am Schmelzvorgang vom Eisen: Rotglut, Weißglut, Verflüssigung. Wenn nun ein schwarzes Loch Materie einsaugt, dann beschleunigt es Materie auf sich zu. Die abstürzende Materie wird also immer schneller - und somit "heißer". Diese heiße Materie gibt Strahlung ab, die auch als "Todesschrei" bezeichnet wird. Das ist Röntgen- oder Gammastrahlung, so "heiß" ist jene Materie. Diese Strahlung stammt aber nicht aus dem schwarzen Loch, sondern sie entsteht, BEVOR die Materie darin verschwindet. Auch die Neutrinos entstehen vorher. Nicht einmal dafür brauchen sie Überlichtgeschwindigkeit.

6. "Neutrinos sind gefährlich"
Äh... Ja. Pro Sekunde wird jeder von uns von mehreren Billionen Neutrinos heillos durchlöchert, die unsere Sonne ständig liefert. Hm... aber irgendwann sterben wir ja, vermutlich bewirken die Neutrinos die Alterung und nicht die abgenutzten Telomere in unseren Zellen. Ansonsten: Ein Neutrino kann mit 50% Wahrscheinlichkeit eine 5 Lichtjahre dicke Bleiwand durchfliegen, so wenig Lust hat es, sich mit Materie einzulassen.

Falls Euch diese Erklärungen stören, das ist nur Stand der Wissenschaft. Also die Meinung von jenen Idioten, die früher mal gesagt haben, die Erde wäre flach. Laßt Euch bitte nicht Eure Illusionen zerstören.

Freundliche Grüße
MPW


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