Rasputin

Geschrieben von Swissman am 14. November 2003 02:27:26:

Als Antwort auf: Korrektur geschrieben von Luddit am 13. November 2003 08:20:48:

Hallo Luddit,

>Einer der Ansprechpartner am Zarenhofe war ein Herr namens Grigorij Jefimowitsch Rasputin/Novych aus Pokrowskoje/Sibirien, Beichtvater der Zarina Alexandra Romanowa von Hessen-Kassel, Berater, Wunderheiler und den weltlichen Vergnügungen nicht abhold.

Tatsächlich hatte Rasputin den Zaren sogar schon vor Kriegsausbruch gewarnt, sich nicht auf einen Krieg einzulassen. In diesem Zusammenhang ist es nicht übrigens nicht uninteressant, dass einen Tag nach dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger in Sarajewo auch auf Rasputin ein Mordanschlag versucht wurde, den er nur mit viel Glück überlebte: Er hielt sich zu diesem Zeitpunkt in seinem Heimatort Prokowskoje auf, wo ihn eine sich als Bittstellerin ausgebende Frau durch Messerstiche in den Bauch lebensgefährlich verletzte.

Rasputin überlebte seine Verletzungen mit viel Glück, war aber während den entscheidenden Wochen bis Kriegsbeginn ans Krankenbett gefesselt. Daher war es ihm nicht möglich, dem Chor der Falken in Petrograd entgegenzutreten.

Übrigens stand Rasputin der Zarenfamilie zwar sehr nahe, Beichtvater der Zarin konnte er jedoch nicht sein, da er kein Priester war. Er war ein "Starez": Starzen waren im vorrevolutionären Russland eine relativ häufige Erscheinung. Sie Starzen waren fast immer Laien, in der Regel von einfacher Herkunft, die sich berufen fühlten, ein Mönchs-ähnliches Leben zu führen, durchs Land zu ziehen und zu predigen. Nicht selten wirkten die Starzen im "Teilzeitjob", d. h. nach einer mehr oder weniger langen Wanderschaft setzten sie ihr bürgerliches Leben solange fort, bis sie sich berufen fühlten, wieder loszuziehen (bevor Rasputin bei Hofe eingeführt worden war, war er abwechselnd Starez und Bauer, wobei er natürlich in seinem Dorf bereits damals eine gewisse Ehrenstellung gehabt haben dürfte).

Zu Rasputins Ehrenrettung sei noch erwähnt, dass die meisten (wenn auch nicht alle...) Geschichten, die bis heute über ihn kursieren, frei erfunden und von seinen Gegnern in Umlauf gebracht worden sind. Dass er das Zweite Gesicht hatte, entspricht augenscheinlich den Tatsachen. Zudem verfügte er über die Gabe, Menschen durch Handauflegen zu heilen. Insbesondere war er als einziger in der Lage, dem Zarewitsch, der an der Bluterkrankheit litt, zu helfen, indem er seine Blutungen zum Stillstand brachte - in einem Fall bewirkte er dies, indem er per Telefon zu ihm sprach!

Abschliessend noch ein Buchtipp: "Rasputin", von Frank Stein (ISBN: 340461495X) - meine gegenwärtige Lektüre. Ich habe bislang gut die Hälfte gelesen und kann es uneingeschränkt weiterempfehlen: Im Gegensatz zu den meisten anderen, die über Rasputin geschrieben haben, hat Stein sich die Mühe gemacht, nicht bloss von seinen Vorgängern abzuschreiben, sondern die Quellen zu untersuchen. Dabei erweisen viele jahrzehntelang als wahr angesehene Mythen als tatsächlich nicht mehr länger haltbar.

mfG,

Swissman


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