Chinesischer "Spezialstoff"
Geschrieben von Andreas am 10. Oktober 2003 16:11:14:
Als Antwort auf: Nachrichten (ausnahmsweise schon um 16 Uhr... geschrieben von Andreas am 10. Oktober 2003 16:01:44:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,268833,00.html
Ein Material, das sich wie von Geisterhand verfestigt und verflüssigt, war bisher nur als Grundstoff finsterer "Terminatoren" in Hollywood-Filmen bekannt. Chinesische Forscher aber haben jetzt tatsächlich einen Stoff mit derartigen Fähigkeiten entwickelt.In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Nature Materials" berichten die Wissenschaftler von ihren Experimenten mit so genannten elektrorheologischen Flüssigkeiten, deren Zähigkeit und Fließeigenschaften durch das Anlegen eines elektrischen Feldes beeinflusst werden können. Dieser Effekt wird schon seit längerem intensiv untersucht.
Die Chinesen konnten ihn allerdings in einem bislang nie erreichten Ausmaß erzeugen: Eine Mixtur aus in Silikonöl aufgeschwemmten Nanoteilchen erreichte je nach Stärke des elektrischen Feldes eine Festigkeit von bis zu 130 Kilopascal, was in etwa der Härte des Kunststoffs Polyurethan (PU) entspricht, der beispielsweise in Gummi oder PVC vorkommt. Bislang lag die mit elektrorheologischen Flüssigkeiten erreichbare Härte lediglich bei etwa fünf bis zehn Kilopascal, entsprechend der Konsistenz von Tofu. Dieser Wert galt zugleich als das theoretisch erreichbare Maximum.
Den deutlich stärker härtenden Effekt erreichen die Chinesen dadurch, dass sich die 50 bis 70 Nanometer (Millionstel Millimeter) großen Teilchen entlang der Kraftlinien des elektrischen Feldes ausrichten. Dabei bilden sie kettenartige Verbindungen, die nur schwer zu durchtrennen sind. Sheng und seine Kollegen erzielten die Rekordwerte mit Partikeln aus Bariumtitaniloxalat, die von einer drei bis zehn Nanometer dicken Hülle aus Harnstoff umgeben waren.
Unabhängig von der theoretischen Erklärung eröffnen die Experimente ganz neue Anwendungsmöglichkeiten für elektrorheologische Flüssigkeiten. Futuristische Roboter, die sich geschmeidig den unterschiedlichsten Umgebungen anpassen, werden zwar weiterhin auf sich warten lassen. Die Automobilindustrie aber dürfte sich schon heute für den elektrisch gesteuerten Wechsel des Aggregatzustands von flüssig zu fest und wieder zurück interessieren. Sheng und seine Kollegen schlagen in ihrer Studie bereits "aktiv steuerbare Kupplungen, Stoßdämpfer, Ventile und Schlösser" vor.
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Kommentar aus der Dark Age Perspektive: Ein typisches Merkmal einer absteigenden Zivilisation ist laut Widdowson die sogenannte "innovation failure": Es werden keine technischen Innovationen mehr entwickelt. In Bezug auf den Westen meint Widdowson, dass die jüngeren Fortschritte eher oberlächlicher Natur seien. Im Bereich der Energiegewinnung, dem Abbau von Rohstoffen aus den Ozeanen und des Weltraumfluges habe es dagegen seit Jahrzehnten keine nennenswerte Fortschritte gegeben.
Nun bin ich nicht in der Lage, die chinesischen Forschungsergebnisse hinsichtlich ihrer technologischen Relevanz zu beurteilen. Immerhin bilden sie zusammen mit dem kurz bevorstehenden Raumflug eines chinesischen Astronauten eine Gegentendenz gegen das Klischee, wonach China nur billige Sweatshirts produzieren könne. Wer weiss, welche Überraschungen in den nächsten Jahrzehnen noch aus China zu erwarten sind.
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