Divination mittels Drogen

Geschrieben von Savonarola am 05. November 2002 11:14:44:

Gewidmet einem Krieger in öden Landen ...


Guten Tag allerseits

Wie kommen Prophetien zustande? Was verhindert, uns die ungetrübte Sicht,
permanent in den geistigen Bereich sehen zu können?
Irgend etwas geschiet im menschlichen Gehirn, dass die Tore in die geistige
Welt öffnen kann - sicher nicht ganz ungefährlich mittels Drogen diese Türen
zu öffnen.
Der amerikanische Mykologe Paul Stamets berichtet in seinem Buch
Psilocybinpilze der Welt von einer aussergewöhnlichen Erfahrung,
welche er erfahren durfte. Nachfolgend sein Bericht:


... Innerhalb von zwanzig Minuten tauchten wir in die ersten Stadien
des Rausches ein. Die erste Stunde ist meist der unangenehmste Teil
der Erfahrung; in späteren Phasen spürt man eine vertraute Ruhe. Nach
zwei Stunden empfanden wir, dass sich die Intensität verlangsamte,
und nach drei Stunden hatten wir ein Plateau erreicht. Die Dosis war
stark und vielversprechend. Geometrische Muster entfalteten sich in
Wellen von Schönheit und Komplexität vor mir. Meine Gedanken kreisten
um Gott, die Evolution, die lebendige Erde, das unendliche Universum,
die Kräfte von Gut und Böse, das Geheimnis des Todes und das
Paradoxon von Zeit. Vorsichtig stiegen wir durch die Tausende von
Psilocyben, die uns ausgelegt auf Zeitungspapier umgaben und so gut
wie jeden Qudratmeter des Fussbodens - bis auf schmale Gehwege -
bedeckten. Das enorme Ausmaß unserer Entdeckung ließ uns klein
erscheinen. Ehrfürchtig tauften wir unseren Fund "The Great Boat
Street Patch".

Ein oder zwei Stunden nach Mitternacht, sechs Stunden nachdem wir uns
die erste Portion Pilzbrei einverleibt hatten, ging ich ins Bett.
Geometrische Muster erhellten meine Visionen, als ich in Schlaf fiel.
Einige Stunden später, im Dämmern zwischen Schlafen und Wachen,
umhüllte mich ein eigentümlicher und seltsam realer Traum.

Ich befand mich im College und versuchte verzweifelt, zu meiner
Berghütte zurückzukehren, als ob mein Leben davon abhinge. Dieses
Gefühl von Dringlichkeit dominierte alle anderen sich aufdrängenden
Gefühle von Wichtigkeit. "Geh zurück. Geh schnell zurück."
Im Traumzustand beeilte ich mich, in die Berge zu Fahren. Dann als
ich um die Ecke einer Landstrasse bog, kam ich in ein weites Tal, das
von einem kalten, klaren Licht durchflutet war. Das Tal war überschwemmt
worden. Im eisigen Sonnenlicht trieben aufgebläht
Hunderte und Aberhunderte toter Kühe. Der Traum endete abrupt, und
ich erwachte, in kaltem Schweiss gebadet und niedergestreckt von der
Furcht eines unmittelbar bevorstehenden Unglücks.

Ich ging nach unten und erzählte es meinen Freunden. Dieser Traum war
anders als alle, die ich jemals zuvor gehabt hatte, durchdrungen von
einer speziellen Atmosphäre böser Vorahnungen, die mich im innersten
meines Seins erschütterte. Ich fürchtete, es handle sich um so was
wie einen Atomkrieg ... vielleicht würde Russland angreifen, der
Schnee würde durch die Hitze eines nuklearen Feuers schmelzen, und
die Kühe würden von den ansteigenden Fluten ertränkt! Meine Freunde
nahmen mich nicht ernst und fingen an herumzuwitzeln. Einer aber war
neugierig genug, mich zu fragen, wann sich die Katastrophe denn
ereignen würde. Ich erzählte ihm, dass sie unmittelbar bevorstünde ...
Ich wusste nicht genau wann; ich wusste nur, es würde an einem
Wochenende sein. Er zeigte auf dem Kalender auf ein Datumin zwei
Wochen, den 1. Dezember, und ich wusste, dass es dies war. Er schrieb
"nach Paul der jüngste Tag" in den Kalender, und die Konversation
nahm eine andere Richtung.

Zwei Wochen später, nach Regenstürmen und Schneefällen bei den
Cascades, die alle Rekorde brachen, suchte ein ungewöhnlicher
Temperaturumschwung West Washington heim. In den Bergen stiegen die
Temperaturen an und die schnell einsetzende Schneeschmelze ließ die
Bäche innerhalb von Stunden zu reißenden Strömen werden. Bäume,
Häuser, und Brücken wurden überflutet. Meine Berghütte, die nur 600
Meter neben einem Gletscherbach entfernt war, war unmittelbar
gefährdet. Ich wusste, dass alles verloren wäre, wenn ich nicht
schnell dorthin gelangte: meine Nachschlagewerke, meine Manuskripte,
all meine persönlichen Gegenstände. Am nächsten Tag fuhr ich nach
Darrington zurück, um jedoch nur auf Brücken zu stoßen, deren
Überquerung verboten war. Schließlich fuhr ich verschlungene Wege,
die einen Umweg von fast 160 Kilometer bedeuteten, und fand meine
Hütte noch intakt, aber 300 Meter näher am tobenden Fluß. Am nächsten
Tag packte ich alles zusammen und machte mich südlich in Richtung
Olympia auf den Weg. Als ich ins Snohomishtal kam, starrte ich
ungläubig auf Hunderte von Kühen, die über Nacht in den ansteigenden
Flüssen ertrunken und gestrandet waren. Es war der 1. Dezember, exakt
der Tag, den mein Traum vorhergesagt hatte. Dieses Erlebnis
erschütterte meine Auffassung der linearen Zeitfolge. DIE ZUKUNFT IST
VORHERSEHBAR.

Nun wusste ich, was Schamanen schon seit Jahrhunderten wissen: Das
Psilocybinerlebniss kann den Blick in die Zukunft öffnen - vor allem,
wenn es sich um eine bevorstehende Naturkatastrophe handelt, wie in
meinem Fall.
Nun verstand ich auch, warum die Mazateken und Azteken Psilocybe als
Pilze schätzten, die sich zur Divination eignen und warum sie ihnen
als intelligente und wundersame Pilze erschienen. Sie erkannten in
den Pilzen machtvolle Mittler, die jenen, welche für ihren Ruf
empfänglich waren, einen evolutionären Vorteil bringen konnten.

Freundliche Grüße Savonarola


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