Aneinandervorbeirederei

Geschrieben von franke43 am 04. Juni 2004 11:57:06:

Als Antwort auf: Re: Tu quoque fili geschrieben von DaveRave am 04. Juni 2004 10:44:28:

Hallo DR

>Schon wieder ein absichtlicher Beweis dafür, dass
>>zumindest Du nicht bereit scheinst, dem Denglisch
>>abzuschwören.
>Natürlich nicht. Einige eingedeutschte englische Begriffe -gerade im >technischen Bereich- machen durchaus Sinn, da sie oft kürzer und prägnanter >sind als die entsprechenden deutschen Pendants.

DIESEN Teil der Fremd- und Lehnwortbildung kritisiere
ich ja auch nicht. auch aus der Zeit der Französelei
vor 300 Jahren ist uns einiges geblieben, z.B. das
Portemonnaie oder das Trottoir. Keiner stört sich
mehr daran. Aber das muss alles mit Mass und Ziel
sein.

>Viele Anglizismen, oftmals die, die die Werbung verbricht, halte ich dagegen >auch für vollkommen überzogen und unverständlich. Die Deutsche Bahn scheint >sich da mit "countern" und "servicepoints" besonders hervorzutun.

Nicht nur die deutsche Bahn. Jeder, der Fernsehwerbung
sieht (ich sehe deutsche Programme dank Astra-Schüssel),
wird in jedem zweiten Beitrag (nicht: "spot") mit haar-
sträubend vielen und völlig unnötigen Amerikanismen
überschüttet. Wer legt endlich dieser Werbebranche
das Handwerk bzw. bringt die wieder auf Kurs ?

>Auch Dein Spitzname spricht eine
>>deutliche Sprache. Das trifft aber nicht nur auf
>>Dich zu.
>Du kannst mich natürlich jederzeit auch "David wilde Raserei" nennen, wenn Dir >das "DaveRave" so schwer über die Lippen kommt. ;o)

Über die Tasten meinst Du. Naja "DR" kriege ich gerade
noch gebacken.

>Wieviel Mist muss die USA eigentlich noch bauen,
>>bis wir zu unserer eigenen Sprache zurückkehren,
>>weil wir einsehen, dass ausgerechnet DIE keine>Vorbilder sind, auch nicht für >>unsere schuldbeladene Nation ?
>Was kann denn eine über Jahrhunderte gewachsene Kultursprache wie das >Englische dafür, daß Du mit der Bush-Regierung nicht einverstanden bist??

Mooooment, ich habe grossen Respekt vor der Sprache
eines Chaucer, Milton, Shakespeare, Dickens und Orwell.
Sogar so grossen Respekt, dass ich sie eben gerade nicht
mit unserer Sprache vermischen will. Aus Achtung beiden
(!!) Sprachen gegenüber. Ja ich achte sogar die
amerikanische Variante z.B. bei Marc Twain oder Edgar
Allan Poe.

Niemand von aussen zwingt uns dazu Amerikanismen in
unsere eigene Kultursprache zu mischen, das ist eine
Unart deutschen Ursprungs. Und das wird nicht dadurch
besser, dass andere Nationen (z.B. auch Schweden) den
gleichen Blödsinn machen.

Als in Deutschland, Schweden und anderen Ländern viel
Französisch in die Sprache gemischt wurde, war das der
kulturelle Glanz von Versailles. Der Sturm und Drang,
die Klassik und die Romantik haben diese Entwicklung
in wenigen Jahrzehnten weitgehend rückgängig gemacht.

WO ist heute unser Sturm und Drang, unsere Klassik
und unsere Romantik, die uns vom US-inspirierten
Entenquak befreit, und das ohne dass wir deshalb gleich
wieder in eigene Grossmachtgelüste verfallen ?

>>Du verzeihst mir aber schon, dass ich unsere über
>>Jahrhunderte gewachsene Kultur und Sprache Ernst
>>nehme, oder ?
>Sprache lebt von Veränderung, gerade die Deutsche. In anderen Sprachen (jetzt >mal französisch außen vor) ist es nicht anders: Bringen die Amis nicht Ihre >Zöglinge in den "Kindergarden" und tragen die jungen Japaner nicht freudig >ihren "Rucksack" am Rücken?

Mach mal eine Frequenzanalyse. Wieviel nichtenglische
Fremdwörter hat das Amerikanische ? Und wieviele
englische oder amerikanisch-englische Fremdwörter
hat mittlerweile die bei vielen leider "angesagte"
heutige deutsche Umgangssprache ? Muss man wirklich
"cool" und "kids" sagen und zu einem "event" oder
"meeting" gehen, um dann irgendwelche "highlights"
mitzubekommen ? Das Englische hat weder in GB noch
in den USA eigene Wörter für Weltschmerz, Kindergarten,
Brezel usw. Es handelt sich also um sinnvolle Übernahmen.

>Das was Du betreibst ist in meinen Augen sprachliches Sektierertum, von >überzogenen Missionierungseifer getrieben.

In meinen Augen plädiere ich für eine Rückkehr zum
aufrechten Gang und zum sprachlichen und kulturellen
Selbstbewusstsein nach fast 60 Jahren sprachlicher
Speichelleckerei, die in den letzten Jahren sogar
noch exponentiell zuzunehmen scheint, statt endlich
abzuflauen.

Ich mahne zu einer Gegenbewegung wie der von 1765-1815,
in der die Französelei aus der deutschen Sprache
wieder verdrängt worden ist, obwohl Frankreich erst
durch die Napoleonischen Kriege zum "Erbfeind Nr. 1"
hochstilisiert wurde (s. Kleists "Hermannsschlacht").

Damals wurde die deutsche Kultur von der höfischen
Kultur im Frankreich von Versailles überschattet
und übertrumpft. Ich frage völlig zu Recht, worin
eigentlich der "Glanz von Washington" besteht,
besonders wenn wir hier die näheren Umstände unserer
"Befreiung" und auch der "Befreiung" andere "befreiter"
Länder näher beleuchten. WO ist der Glanz dieser
selbsternannten neuen Römer, der das freiwillige
Übernehmen der Sprache dieses kulturellen "Herren-
volkes" seitens der alten Europäer rechtfertigt ?
Ich kann in den USA keine Entsprechung zur Kultur
von Versailles finden, erst Recht keine humanitäre
und demokratische Vorbildfunktion, wie sie immer
zur Rechtfertigung der "Befreiungskriege" heran-
gezogen und postuliert wird.

>Wenn Du selber auf "Denglisch" verzichten willst, bitte. Aber anderen >derartiges aufzwingen wollen - NO.

Ich zwinge nicht, dazu habe ich keine Macht. Aber
ich versuche auf einen Missstand hinzuweisen, der
so unnötig ist wie ein Kropf.

>Viele Grüße
>DR

Ebensolche

Franke


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