Vader Lueck / Birkenbaum (Schauungen & Prophezeiungen)

randomizer, Donnerstag, 26.06.2008, 20:49 (vor 5805 Tagen) @ BBouvier (8539 Aufrufe)
bearbeitet von randomizer, Donnerstag, 26.06.2008, 21:02

hallo BB,

Eingearbeitet sind wohl Teile älterer Schauungen.
So scheint dieses hier darauf hinzuweisen:
=>
"Hernach werden sie eine erschreckliche Schlacht
halten im Preußischen nahe bey dem Berken Baum,
welche 3 Tage währen wird; und diese wird verlohren werden."

wie weiter oben im thread schon betont: falls bernhards vader-lueck-text tatsächlich aus dem 18. jh. stammt (?1758) und damals bereits diese stelle enthielt, hätten wir hier wohl das älteste fragment von der "sage der schlacht am birkenbaum" vor uns.
[zur erklärung: die birkenbaum-literatur verweist beim thema herkunft zwar immer auf eine angebliche kölner schrift von 1701* (vgl. beykirch seite 81), aber in den letzten 150 jahren ist weder eine handschrift noch ein druck aufgetaucht, der diese herkunft von 1701 erhärten würde. beykirch läßt seine leser zwar darüber im ungewissen, aber imho hat er die herkunftsangabe* von w. schrattenholz übernommen, welcher leider an anderer stelle (spielbähn) einen unseriösen eindruck hinterläßt.]

* Abhandlung über die himmlische Erneuerung, von einem Unbekannten, der durch Gesichte erleuchtet wurde. Mit Erlaubniß des Werl´schen Officialates. Cöln 1701. (?> Prophetia de terribili lucta Austri et Aquilonis et proelio horrendo in finibus ducatus Westphalae prope Bodbergum. Ex libro cui Titulus erat: Coelestis Anonymi redintegrationis Tractatus de visionibus illustrati. Cum permissione officialatus Werlensis. Coloniae 1701.)

Allerdings wird die Schlacht am Birkenbaum
für den Feind (!) einst verloren gehen.
Und das ist dem Produzenten offenbar entgangen.

die sache ist - wie immer - komplexer und verworrener. z.b. existiert ja die folgende quelle, die imho so zu verstehen ist, daß der feind am birkenbaum zunächst noch obsiegt, im anschluß aber in einer letzten schlacht am lausebrink vernichtend geschlagen wird:

[Drei Schlachten / Letzte Schlacht]

"Ein anderer Berichterstatter sagte, die erste Schlacht werde am Rheine stattfinden, wo man (!) geschlagen werden wird, von da werde man sich auf den Birkenbaum bei Bremen zurückziehen, wo die Schlacht ebenfalls verloren gehen wird; die dritte und letzte Schlacht endlich wird am Lausebrink bei Salzkotten geschlagen werden, und von dort wird kein Russe zurückkehren, um den Seinigen zu sagen, daß alle gefallen sind."

Kuhn, Adalbert: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen, Leipzig 1859, Bd. I. Seite 206


folgende frühe schriftquelle von 1843 erwartet den feind nicht aus dem osten (einstmals verm. türken, spätestens ab den 1840er-jahren russen), sondern aus dem westen (dies nur beispiel, wie undurchsichtig die birkenbaum-überlieferung bei genauerer betrachtung ist):

[Drei Schlachten im Paderbornischen]

Ich hörte sie von landleuten in der gegend von Büren im december 1832, als man überall in der erwartung eines schweren krieges war, und schrieb sie mir damals mit folgenden worten nieder. Bald, so sagten die landleute, werde eine große schlacht auf dem Sintfelde geschlagen werden, gegen ein heer das aus westen komme. Das sei schon eine alte prophezeiung. Die gröste noth des krieges werde angehen wenn der hafer reif sei, dann werde eine zweite schlacht geliefert am birnbaume** bei Werl, und die letzte endlich bei den Fürstner linden unweit Erwitte, in der erst das heer aus westen den sieg habe, bis von links her (aus süden?) ein general auf weißem schimmel ansprengend die schlacht für die unsrigen entscheide. So habe es auch schon lange der alte Wicker zu Weiberg bei Büren gesagt. Nach der schlacht bei Erwitte aber werde das volk so dünne sein daß die menschen sich wieder zu einander suchen müsten.

Leverkus, Dr.: Friesische Weissagungen aus dem XVI. Jahrhundert, in: Zeitschrift für deutsches Alterthum III, Berlin 1843, S. 459

(** sic, hier ist gewiß der birkenbaum - bzw. die gleichnamige flur - bei werl gemeint)

"An ihren Hüthen werden sie tragen Kirschen oder Holder Blumen..."

Das ist ganz offenbar ebenfalls entnommen dem:
"Wessel Dietrich Eilert, genannt Bauer Jasper" (1764–1833)

jasper wurde imho erstmals 1848 gedruckt. daher könnte es sogar umgekehrt sein, also daß jasper die formulierung von vader lueck adaptiert hat. manchmal entstehen solche parallelen in der formulierung auch indirekt über ein gemeinsames vorbild (leicht nachweisbar, wenn solch ein urtext erhalten ist, jedoch schwerer nachvollziehbar, sobald der volksmund ins spiel kommt).

"...Die Soldaten werden die Grenzen beziehen,
bald darauf beruhigt wieder heimkehren.
Kaum aber sind sie zu Hause,
so ist der Feind in solcher Masse da,
als wenn er wie Pilze aus der Erde gewachsen wäre.
Mit Kirschenblüten an den Tschakos kommen die Soldaten an...."

Und hierzu noch einmal:
"An ihren Hüthen werden sie tragen Kirschen oder Holder Blumen..."

Hier hat der Fälscher aus Kirschblüten => Kirschen gemacht.
Damit es nicht so auffällt.

kann gut sein, aber solange wir nicht mal wissen, wer von wem abgekupfert hat (sowas kann man im idealfall aber durch vergleich der primärquellen beweisen bzw. ausschließen), muß auch eine indirekte abhängigkeit in betracht gezogen werden.

besten gruß,
randomizer


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