Re: vorschlag zu New Orléans

Geschrieben von Hinterbänkler am 03. September 2005 11:04:32:

Als Antwort auf: Re: vorschlag zu New Orléans geschrieben von Johannes am 03. September 2005 00:40:54:

Lieber Johannes,

Ich schreibe eigentlich aus Prinzip nicht zwischen die Beiträge anderer meine Antworten rein, ebenso wie ich aus Prinzip mich in einem Forum nicht rechtfertige. Trotzdem möchte ich zur näheren Erläuterung meiner Gedanken noch was sagen.

Ein Händler, der seinen ganzen Tag damit zubringt, für mich Waren bereit zu halten, tut das nur, weil er aufgrund der aktuellen gesellschaftlichen Gesamtsituation (z.B. Marktwirtschaft) für sich und die Seinen einen Vorteil erfährt (Lebensunterhalt + Schuldenminderung + Mehrwert + Gewinn...). Er macht das keinesfalls wegen mir, sondern nur weil ich mir aufgrund meines Vorteils, den ich als Käufer suche, eben ein 'Nachfrager' bin. Ich erwarte keinesfalls, daß jemand kostenlos für mich arbeitet, sondern ich bin - auch aufgrund der aktuellen gesellschaftlichen Gesamtsituation (z.B. Marktwirtschaft) - bereit ihm seinen Vorteil zu gewähren (Lebensunterhalt + Schuldenminderung + Mehrwert + Gewinn...). Unsere aktuelle gesellschaftliche Gesamtsituation hat es eben so eingerichtet und dazu fühlen wir uns alle mehr oder weniger verpflichtet, notfalls mit staatlichem Gewaltmonopol.

Ist ein solches nicht mehr da, gelten eben plötzlich neue Regeln, die in der 'Natur' ihre gleiche Berechtigung haben, wie z.B. unsere aktuelle Gesellschaftsregeln. In diesem neuen bzw. vielleicht auch uralten Regelwerk lohnt es sich einfach nicht Plünderer moralisch zu verurteilen, da diese Moral (also was gut und böse ist) nicht von der Natur unterstützt wird. Diese Moral wird eben nur durch das Funktionieren der modernen gesellschaftlichen Ordnung getragen.

Für mich ist noch lange nicht ausgemacht, daß Gott solche gesellchaftlichen 'Selbstregelmechanismen' wie den Kapitalismus, den Nationalismus, die Demokratie, den Feudalismus usw. mag und richtig findet. Vielleicht irren wir uns da als gesamte Menschheit.

Über Mayas, Hindus, Anhänger von Naturreligionen etc. kann ich nix schreiben, da ich da viel zu wenig weiß. Außerdem habe ich Dir schon mal geschrieben, daß unsere Sorge und Kritik in erster Linie denen gelten muß, die uns am nächsten sind, die mit uns verwandt sind. Wir sind nun mal aus dem Christen- und Judentum gewachsen. Das sind unsere nächsten 'Verwandten'. Kapitalismus, Sozialismus sind einige der jüngsten und teilweise geliebten Verwandten des Christentums, obgleich sie anderen auch als häßliche Ausgeburt gelten. Das sind die, die uns prägen. Das sind also nun mal die, die wir betrachten und kritisieren müssen(!). In den Foren, die ich meinte, sind übrigens die christlich Geprägten diejenigen, die in Sachen Moral dominant sind. Und auch die anderen sind selbst dann vornehmlich christlich geprägt, wenn sie über Mayas, Hindus und Naturreligionen schwadronieren - und selbst dann, wenn sie es nicht wissen oder wahrhaben wollen.

Wie Detlef schrieb - und dafür habe ich ihm gedankt, weil mir das ebenfalls am Herzen(!) liegt: wir sollten beobachten, analysieren und lernen. Ich beobachte nicht nur das Geschehen vor Ort via TV sondern das Geschehen hier: Wie bereiten es die Medien auf, wie reagieren wir, was schreibt man in den Foren, was empfinde ich usw.

Auf Deine Frage: "Hältst Du es also für gerechtfertigt, einen anderen für einen Bissen Brot zu töten?" - In einer Ausnahmesituation wie der in New Orleans frage ich nicht nach 'gerechtfertigt'. Die Frage 'gerechtfertigt oder nicht' gehört zum gesetzlichen und moralischen Gesellschaftsüberbau. Der ist/war dort nicht. Weshalb sollte ich dann mit solchen Maßstäben messen? Ich will beobachten.

Viele Grüsse
Hinterbänkler




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