Re: @Elias: Eingebildete Weisheit gegen liebegeborene Weisheit

Geschrieben von Epidophekles am 01. August 2003 22:53:36:

Als Antwort auf: @Johannes: Willkürliche Ethik contra begründete Ethik geschrieben von Elias Erdmann am 01. August 2003 20:04:26:

>Hallo Johannes

>Ich sehe, dass der Mensch in der schwierigen Lage steckt, dass er Gut und Böse selbst erkennen muss. (erkennen! nicht willkürlich festlegen) Dass ist gar nicht so einfach, denn vieles was auf den ersten Blick als gut erscheint, hat irgendwo doch einen Haken. Das Problem liegt in der Folgenabschätzung. Denn in komplexen, dynamischen und intransparenten Regelkreisen haben Handlungen mitunter sehr unerwartete Folgen. Ein guter Wille führt nicht zwangsläufig auch zu einem guten Ergebnis. So geht manche gute Idee voll nach hinten los. Die Erkenntnis von Gut und Böse ist daher ein schmerzhafter Prozess und man fällt dabei oft auf die Nase.

>Daher ist es ein schwieriger Weg, den natürlich auch nur wenige gehen wollen.
>So wählen viele lieber einen bequemeren Wege, z.B. wenn man einfach irgendein bestehendes moralisches System übernimmt. Am einfachsten ist es immer, das System zu übernehmen, das auch die anderen verwenden. Dafür muss man sich am wenigsten rechtfertigen.


>Der subjektiv empfundene Vorteil von festgelegten Handlungsrichtlinien und einem einfache Gut-Böse-Schema ist, dass man sich um die Folgenabschätzung nicht kümmern braucht. Man macht einfach das, was gut ist und wenn es trotzdem schief läuft, dann kann man auch nix dafür, denn man hat ja das Richtige gemacht.


>Die Verantwortung kann man in solchen Fällen einfach an das „System“ delegieren, denn man selbst hat sich ja durch die Unterordnung in dieses System von der Verantwortung befreit. Wer nicht selbst entscheiden muss, der kann sich auch nicht falsch entscheiden. So einfach ist das.

>Aber ist es denn „gut“, wenn man die Frage nach „gut“ und „böse“ auf diese Weise entscheidet?
>Meine Ethik basiert auf dem Prinzip: Schätze die Folgen ab und richte danach die Handlungen aus.

>Die bequeme Ethik geht hingegen nach dem Schema: Halte dich an die Regeln und denke nicht über die Folgen nach.
>Sobald man anfängt über die Folgen nachzudenken, muss man feste Regeln in Frage stellen. Gehorsam und Eigenverantwortung sind absolut unvereinbare Gegensätze.


>Werfen wir einen Blick in die Geschichte. Welche Systeme haben denn mehr Schaden verursacht:
>Systeme, die ihre Angehörigen zur Eigenverantwortung angehalten haben?
>Oder Systeme, die von ihren Angehörigen Gehorsam gefordert haben?
>Welche Systeme haben die Scheiterhaufen und die Gaskammern möglich gemacht?
>An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!



>Ich halte es für notwendig, auch die bestehenden moralischen Systeme zu hinterfragen – auch dann, wenn sie sich auf einen göttlichen Ursprung berufen, denn oftmals sprechen ganz offensichtliche Fehler gegen diesen angeblichen Ursprung und schon sehr oft haben Menschen ihre eigenen Ziele zum göttlichen Willen erklärt.


>So sind sich vermutlich die beide Gruppen, die Du unterscheidest, doch sehr viel ähnlicher, als es zunächst erscheint. Die einen tun, was sie wollen und die anderen erklären zunächst ihre eigenen Ziele zum Willen Gottes und tun dann, was dieser Gott will. Das läuft letztendlich auf das Gleiche hinaus. Es gibt natürlich noch weitere Untergruppen, z.B. solche, die in der Bibel selektiv nur das lesen, was ihren eigenen Zielen entspricht und die dann in der Illusion leben, sie würden damit Gottes Willen tun.






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