Ragnarök-Optimismus und Arschtritt 1. Teil

Geschrieben von Badland Warrior am 02. Dezember 2002 04:05:46:

Ragnarök-Optimismus - oder: Eine andere Art, das Kommende zu sehen.

"Mas optimista!" (Guerrero)
"Der Tod eines Einzelnen ist eine Tragödie, der Tod von Millionen eine Statistik" (Josef Wissarionowitsch Tschugaschwili, gen. Stalin)
"What, me worry?" (Alfred E. Neumann)
"Penitentiagite!" (Figur aus "Der Name der Rose", Umberto Eco)
"80% of mankind are assholes!" (Rev. JR "Bob" Dobbs)
"Das Leben findet immer einen Weg!" (Jurassic Park)

Mit diesem scheinbaren Sammelsurium möchte ich einsteigen, um auf eine Sichtweise zu deuten, die sich nicht in den bisher bekannten Schemata einordnen lässt. So manches Rädchen wird sich metaphorisch in den "noch mechanisch arbeitenden" Hirnen festfressen, aber das juckt mich nicht. Man mag mich einen Zyniker schimpfen, aber das ist auch in Ordnung.

1. Das Dilemma der Erde

Darüber habe ich schon mehr als genug geschrieben. Jeder Versuch, die chaotischen Faktoren, die gegenseitig vernetzt sind und das System Erde immer weiter ruinieren, zu verbessern, sind auf konventionellem Wege zum Scheitern verurteilt.
Wir haben nicht genug Ressourcen für alle. Eine gleichmäßige Verteilung der Ressourcen an alle würde dazu führen, dass immer mehr immer weniger hätten, da die Weltbevölkerung kontinuierlich steigt. So aber haben einige sehr viel, einige wenig und der Rest nichts. Würde das Problem jetzt gelöst, würde es später in neuer Form erneut auftauchen.

Aus immer weniger immer mehr zu machen, ist nicht möglich. Mehr Menschen, mehr Belastung. Daraus folgt: Weniger Menschen, weniger Belastung.

Wir befinden uns in einer sehr verfahrenen Lage, und egal, wie wir es anpacken, kann es nur verkehrt sein, es sei denn, man achtet auf die Prophezeiungen und Visionen. Dann ergibt sich ein, wenn auch radikaler, Ausweg aus dem Nullsummenspiuel, in welchem momentan mehr als 6 Milliarden verstrickt sind.

Die Visionen und Prophezeiungen sagen im kleinsten gemeinsamen Nenner Folgendes aus:

1. Gesamtverschlechterung der wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und gesamtpolitischen Lage auf dem Planeten, von intranationaler Ebene bis in die internationale Ebene. Die bisherigen Vorgehensweisen sind untauglich.
2. Die Menschheit ist dekadent und degeneriert. Nur Wenige sind noch kooperativ, naturverbunden und wissen oder ahnen, dass die Gesellschaft der westlichen Staaten, aber auch der anderen, lebensfeindlich und menschenfeindlich ist. Die natürliche Flexibilität des Menschen ist großenteils dahin.
3. Daher erfolgt eine Große Reinigung, auch als Großer Zusammenbruch bezeichnet. Einige Prophs und Visionen sehen direkten oder mittelbaren göttlichen Einfluss der einen oder anderen Art dahinter, andere berichten wertfrei von dem, was geschehen wird. Ökologische und ökonomische Katastrophen werden zu Bürgerkriegen und Kriegen bis hin zu Weltkriegen führen, wobei diese ein noch nie gekanntes Ausmaß annehmen. Ein Großteil der Menschheit wird dahingerafft durch Seuchen, Kriege, mittelbare und unmittelbare Folgen, Hunger und andere Dinge. Einige sehen das als Strafgericht, andere als logische Folge unseres Tuns.

Da heutzutage alles miteinander vernetzt ist, wird die Vernichtung global sein und die Auswirkungen ebenfalls globale Ausmaße annehmen. Von den Propheten und Sehern wird aber auch in Aussicht gestellt, dass es danach besser wird.

Da es noch nie soviele Menschen gab, wie heute zur gleichen Zeit, aber auch noch nie soviel Mist gemacht wurde, der anderen Mist nach sich zieht und alles zusammenhängt, ist die logische Überlegung, dass diese einzelnen Faktoren, die auch noch nie so gravierend waren in der bekannten Geschichte, wie es heute der Fall ist, irgendwann einen Punkt erreichen, den man als kritische Masse, Point of no return oder als Kulminationspunkt sehen kann. Destruktive Tendenzen jeder Art haben die Eigenart, noch mehr destruktives Potential freizusetzen oder immanent zu erzeugen. Vernetzt bedeutet das den globalen Super-GAU des Homo Sapiens.

Die Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb kurzfristiger (1 Tag) oder langfristiger Zeit (3000) dieses destruktive Potential umgekehrt wird, ist nach historischen und Erfahrungswerten gleich null. Es sei denn, eine weitere Steigerung und Aufblähung der lebensfeindlichen Umstände, unter dem der Planet, aber auch die Menschen zu leiden haben, würde radikal unterbrochen durch plötzliche und konsequente Freisetzung des Potentials, welches vorhanden ist. Dazu bedarf es einer Kulmination der Entwicklung auf möglichst schnelle weise. Dann kann das überzählige Yang wieder umkippen ins Yin und das Gleichgewicht wieder hergestellt werden.

Da die Entwicklung nachweislich auf den Punkt der Kulmination zustrebt, in welchem sich die bestehenden sozialen und politischen Ordnungen auflösen werden und ins Chaos fallen, um einer neuen Ordnung, sprich Umverteilung der Karten, Platz zu schaffen, ist der Punkt in Sicht, wo sich der kleinste gemeinsame Nenner der Prophs und Visionen verwirklicht.

Wir haben es hier mit einer ähnlichen erscheinung zu tun wie bei den possierlichen Schneeschuhkaninchen. Sie vermehren sich bis zu einem gewissen Punkt, wo dann seuchen auftreten, die Population zusammenbricht und der Zyklus von Neuem beginnt. Beim Menschen scheint der kritische Punkt jetzt erreicht, allerdings wird es drastischer auch für die Umwelt ablaufen, als bei den Schneeschuhkaninchen.

Es wird diesmal nicht beim Verschwinden einer lokalen Kultur bleiben, wie es bei den Khmer, den Feuerländern oder bei den Azteken der Fall war. Da heutzutage alles vernetzt ist und voneinander abhängt, seien es Herstellung und Lieferung von Rohstoffen, Einzelteilen oder Endprodukten oder deren Entsorgung, bzw. Recycling, sondern auch Geldtransfers, Medikamentenlieferungen, Internet, Massenmedien, Verkehr und Transport allgemein etc., wird die Auswirkung enorm sein.

Als Erstes werden chaotische Verhältnisse entstehen aus Unmut, Wut und Hilflosigkeit. Einzelne Schwelbrände werden zu Buschfeuern werden. Einige Sachen werden am Anfang unangetastet bleiben, aber auf Dauer werden auch die Exekutivorgane zerfallen und sich der einen oder anderen Seite anschließen oder selbst zu Marodeuren werden. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Wasser, Strom, ärztl. Versorgung wird zusammenbrechen. Mit ableitbaren Folgen. Auch die Vorräte der Reichen werden zur Neige gehen, wenn sie nicht sowieso schon vorher geplündert wurden, weil sie sich allzu sicher wähnten (man bedenke, dass Indira Gandhi von einem ihrer Leibwächter erschossen wurde - so sicher sind also auch die Obersten nicht). Schließlich werden auch die Spätfolgen wie ärztliche Unterversorgung, Mangelernährung, Hunger, Seuchen und Ungeziefer ihren Tribut fordern. Dennoch werden die wenigen Überlebenden, die durch dieses Chaos hindurchkommen, sich wieder zusammenraufen und etwas Neues beginnen.
Mit der Zeit wird auch die Erde selbst sich von ihren Wunden erholen.

Diese neue Menschheit wird hoffentlich soviel gelernt haben, dass sie sich auf alte Werte zurückbesinnt und die Fehler der Vergangenheit vermeidet.

Immerhin haben die Überlebenden eine Menge Chancen und müssen sich um vieles Unnütze nicht mehr kümmern.
Ausgehend davon, dass ganze Regionen entvölkert sind, Städte mit all ihrem Wissen niedergebrannt, kaum noch Wissenschaftler am Leben (und die damit befasst, sich das Leben zu sichern) und man sich mit dem Lebensnotwendigsten versorgen muss und sich die Gefahren vom Leib halten muss, die es noch gibt und nicht viel Zeit für Unsinn bleibt, werden die Menschen auf einem sehr viel niedrigeren Niveau neu anfangen. Wer weiß schon, wie man eine Glühbirne herstellt, die auch hält, wenn alle verfügbaren kaputt sind? Wer weiß, wie man Schrauben dreht? Das als einfache Beispiele.

Einige Probleme werden nicht mehr existieren. Nervtötende Talkshows, Politdiskussionen und Seifenopern werden der Vergangenheit angehören. Kein Strom, kein TV, keine Sender. Aus die Maus.
Ebenso werden Behörden oder Kontrollhierarchien, ja ganze Staatensysteme nicht mehr existieren. Wenn in einem Landstrich noch 2000 Leute leben, davon die Hälfte wahnsinnig oder kriegsgeschädigt, zu jung oder zu alt, kann sich keine bürokratische Tyrannei entwickeln.
Auch die Nerverei mit halbsynthetischen Lebensmitteln hat sich erledigt. Man muss sehen, was man bekommen kann, und gegessen wird, was da ist. Basta. Kein McDonalds mehr, keine Tiefkühlpizza, keine Mikrowellen. Ende Gelände. Das erzieht zur Genügsamkeit und Dankbarkeit dem gegenüber, was man hat. Sozusagen Demut vor den Nahrungsmitteln.
Der ganze Konsumterror ist vorbei. Niemand wird mehr genervt, weil er nicht repräsentativ ist oder statt Marke X Marke Y trägt. Wer Kleidung hat, wird froh sein, wenn diese haltbar ist und leicht repariert werden kann. Man wird wieder Nesseln und Flachs entdecken. Moderichtungen gibt es nicht mehr, es gibt auch keinen Streit um Britney oder Shakira, die dann wahrscheinlich entweder tot sind oder ganz andere Sorgen als Schallplattenverträge haben. Und statt des Genervs mit in Tränen aufgelösten Kiddings bei Toys are us gibt es die Freude über irgendwelche gefundenen oder selbst gebastelten einfachen Spielsachen. Nintendo ist tot, es lebe das gute alte Schaukelpferd oder der Springreifen.
Die Pädagogik wird auch einfacher sein, da die Kinder notgedrungenermaßen im Haushalt mithelfen werden, auf die Geschwister aufpassen, beim Ernten oder beim Vieh helfen, und wenn es so einen Luxus wie eine Dorfschule überhaupt geben sollte, lernen müssen und damit einen ausgefüllten Tag haben, ansonsten in der Natur sind und nicht auf Ideen wie Diskothekenschlägereien, Drogen oder Autoknackerei kommen. Wer abends rechtschaffen erschöpft ins Bett sinkt, kommt nicht auf dumme Gedanken, sondern steht mit beiden Beinen im Leben. Lausbübereien mag es auch noch weiterhin geben, und neue "Michel aus Lönneberga" oder "Tom Sawyer" werden mit Sicherheit auch heranwachsen, aber die Zeit der immer nur aggressiven verblödeten konsumgeilen und destruktiven Kids ist vorbei.

Auch Umweltverschmutzung wird vermieden werden, da man um seine Lebensgrundlagen ringt. Und man ist nur einer von vielen Mitbewerbern aus dem Tierreich, die auch gerne ihren Schnitt machen wollen.

Wer ein hartes Leben hat, lernt, sich über die Kleinigkeiten des Lebens zu freuen, wie das erste Grün, den ersten Wurf Lämmer im Jahr usw. Die bescheidenen kleinen Familienfeiern und Dorffeste werden dann unverkrampfter und ehrlicher begangen. Aus Geschenken im Sinne von Konsumartikeln werden wieder Herzensgaben. Ansonsten sitzt man am Feuer, singt oder erzählt Geschichten.

Da ab dem Zeitpunkt des Aufhörens der Unruhen und Seuchen weniger Menschen weniger Müll machen und weniger aufwirbeln, kann schon nach kurzer Zeit neues Leben emporbrechen. Ganze Städte werden, wie es auch in den Prophs und Visionen heißt, verschwinden und vom Gras bedeckt. Gras aber ist erst der Anfang, wie jeder weiß, der das Leben beobachtet. Franzosenkraut, Brennesseln, Birken folgen, und bald entstehen neue Wälder. Alte erholen sich und wuchern zu. Mehr Pflanzen aber heißt auch mehr Leben und mehr Lebensgrundlagen für Tiere und damit auch für den Menschen.

Was jedoch fördert die Entwicklung zur Kulmination der jetzigen problematischen Entwicklung? Es ist alles, was zersetzt, hochschaukelt oder destabilisiert. Jede Fehlentscheidung der Politiker, jeder Skandal in Gesellschaft, Politik, Kirchen, Bürokratie, jede Fehlentscheidung oder unpopuläre Entscheidung eines Beamten, jedes Missverständnis, jeder Unfall, jedes Attentat, jeder Zwischenfall. Alles, was geeignet ist, die Wut hochzukochen und zu schüren. Alles, was die Katastrophe ein Stück näher bringt. Dazu gehören geldgeile Konzernchefs genauso wie unfähige oder sture Bürokraten, technische Pannen, Firmenpleiten oder bornierte Staatschefs, unfähige Generäle und fanatisierte Strömungen. Eben alles, was berechtigt oder unberechtigt die Situation zum Eskalieren bringt. Alles, was verunsichert und Kurzschlussreaktionen auslöst.



Antworten: