Mal wieder Johansson

Geschrieben von franke43 am 03. November 2005 07:29:26:

Als Antwort auf: erstzunehmende quellen geschrieben von randomizer am 02. November 2005 23:37:31:

Hallo

Zunächst vielen Dank für die kritische Bewertung
der wichtigsten Prophezeiungsquellen.

Allerdings fehlen da "Klassiker" wie z.B. Nostradamus
(Originaldrucke aus seiner Zeit erhalten) oder die
Malachiasprophezeiung (Lignum Vitae 1595).

>FELDPOSTBRIEFE - brilliante quelle mit vielen korrekten vorhersagen, leider >erst spät (anfang der 50er-jahre?) abdruckt worden. der völlig seriöse hans >bender (lehrstuhl für parapsychologie, uni freiburg) hat mit seinen recherchen >die echtheit der briefe SEHR wahrscheinlich gemacht (Hans Bender: >Zukunftsvisionen, Kriegsprophezeiungen, Sterbeerlebnisse, München 1983)

Für die Echtheit der Briefe spricht auch der Geist,
in dem sie geschrieben sind. Ende August 1914 waren
die deutschen Streitkräfte an der Westfront immer
noch überall erfolgreich, es sah nach baldigem
Kriegsende aus. Der Schlieffenplan war noch nicht
gescheitert. Das erklärt auch, warum sich Rill in
den Briefen über den kauzigen Franzosen so lustig
machte ("der Krieg geht ins fünfte Jahr...").

>>STARNBERGER (stormberger), sehr gut dokumentiert von einem seriösen >volkskundler
>(Dr. Haller: Der Starnberger Stormberger Sturmberger, Grafenau 1976), mehrere >handschriften aus dem 19. jh. bezeugen das hohe alter der quelle.
>MÜHLHIASL - der bekanntere waldprophet. scheinbar nicht vor anfang des 20.jh. >schriftlich dokumentiert. an seiner person zweifelt niemand in bayern, mangels >schriflicher fixierung seiner vorhersagen gibt es aber das problem der >mündlichen zudichtung bis zum zeitpunkt der veröffentlichung (vollständig erst >nach den weltkriegen: kirmayer, adlmaier usw.).

Bei Mühlhiasl und Stormberger sind sich die Forscher
imemr noch nicht einig, ob man es mit zwei Personen
zu tun hat oder nur mit einer. Jedenfalls dürften
sie sich in ihren Vorhersagen beeinflusst haben,
denn die überlieferten Texte wirken "synoptisch".

> am meisten wurde wohl von pfarrer landstorfer im straubinger tagblatt
>>(28.2.1923) zusammengetragen. leider ist es sehr schwer, an diesen "urtext" >heranzukommen, oder hat hier jemand im forum eine kopie?

Echte Quellenforschung ist schwer - s.u.

>IRLMEIER - macht einen äußerst seriösen eindruck. obwohl ich auf quellen nach >dem 2. weltkrieg nicht viel gebe, irlmeier ist hierbei die große große >ausnahme. gut dokumentiert. wichtige vorhersagen.

Leider weichen die Textfassungen oft in wichtigen
Punkten voneinander ab.

>darüber hinaus sind v.a. die BÖHMISCHEN WEISSAGUNGEN interessant. am blinden >jüngling und an der sibylle michalda ist ganz sicher etwas dran. die aussagen >der beiden sind aber mit märchenhaftem und legendarischem völlig überwuchert.

Den blinden Jüngling würde ich völlig in den Sagen-
kreis verbannen, ausser jemand zeigt mir ein
spätmittelalterliches lateinisches handgeschriebenes
Verhörsprotokoll. Von Jeanne d´Arc sind die Protokolle
erhalten, also warum sollte ein Protokoll der kaiser-
lichen Untersuchung (Karl IV, Prag) nicht auch noch
existieren können ? Die hatten doch auch schon Archive.
Z.B. wäre die berühmte Bibliothek auf der Prager Burg
eine Anlaufstelle für Nachforschungen.

>die originale der quellen (handschriften, frühdrucke, einblatt-drucke) sind >nicht nur selten, sondern äußerst schwierig zugänglich. eine seriöse auswertung
>bleibt wohl einem fleißigen historiker bzw. slavisten (etliche originale sind >tschechisch) vorbehalten.

Genau. S.u.

>vergeßt aber bitte das buch von max erbstein aus den 50ern, das ist fake. zur >sibylle michalda schreibe irgendwann nochmal gesondert etwas zur quellenlage
>(diese ist nicht identisch mit der sibylle von prag, welche alexander gann als >quelle "entdeckt" hat: in einer esoterischen zeitschrift aus den 50ern).

Naja 50-er ist ja aus heutiger Sicht auch schon alt.
Bei Irlmaier kann man froh sein, wenn man Textquellen
aus den 50-ern hat (seinen letzten Jahren).

>authenthisch scheinen jedoch die aussagen des FUHRMANNL (joseph naar) zu sein, >diese wurden von franz andress ganz sicher vor dem ersten weltkrieg >schriftlich festgehalten, eventuell auch schon in den 1890ern. der inhalt ist >für den prophezeiungs-mainstream aber wenig von belang)

Tja aber soll Naar nicht schon im 17. Jahrhundert
gelebt haben, also mehr als 200 Jahre vor der
schriftlichen Fixierung ?

>LIED DER LINDE - sehr konkrete vorraussagen, leider erst in den 50ern >veröffentlicht. wenn es aber stimmt, dass der wortlaut viele jahrzehnte älter >ist, erhöht das den wert der quelle ungmein. außerdem die "schönste" >prophezeiung mitteleuropas.

Die Linde selbst steht jedenfalls nicht mehr, das hat
eine Anfrage in Bad Staffelstein ergeben.

>HEPIDANUS - wäre zwar eine tolle quelle, aber die veröffentlichung erfolgte >erst in dem buch von ellerhorst 1951. die vorlage war eine broschüre aus den >1850ern
>(oder 1860ern, ich kann gerade nicht nachschlagen), von der aber kein exemplar >mehr existiert (zumindest in den bibliotheken mitteleuropas). die tatsächliche >damalige existenz des heftchens konnte alexander gann nachweisen, der inhalt >läßt sich allerdings nicht mehr verifizieren, was die quelle leider viel >uninteressanter macht.

Wer weiss, was alles in Privatsammlungen oder in
Antiquariaten verstaubt ?

>@Tahca Ushte:
>JOHANSSON finde ich überbewertet, aber vielleicht tue ich ihm auch unrecht. >bisher habe ich mich nicht durchgerungen, mir das buch "merkwürdige >gesichte.." von 1953 anzuschaffen (ist ja scheinbar die hauptquelle), aber in >einer älteren quelle machen johanssons vorraussagen WIRKLICH keinen serösen >eindruck (es deckt sich sehr wenig mit dem prophezeiungs-mainstream): Karl >Röhrig: Die Weltereignisse bis zum Jahre 1953, Gesichte des finmärkischen >Sehers Anton Johanson aus dem Jahre 1907, Leipzig 1922

Ich hatte die ältesten Druckausgaben auf Fernleihe -
ein Buch vom Frühjahr 1918 und ein zweites von 1920,
beide auf schwedisch von Alfred Gustafson.

Bei einer Recherche im Zeitungsarchiv der Königlichen
Bibliothek in Stockholm (Mikrofilmabteilung) habe ich
die in den Büchern zitierten Zeitungsartikel - angeblich
vom Jahreswechsel 1913/14 - nicht auffinden können,
weil die Zeitungen und das Erscheinungsdatum ungenau
zitiert waren.

>hat jemand beide johansson-bücher und kann das beurteilen? es gibt übrigens
>auch ein englisches buch über johansson (hab es aber nicht gelesen):
>Carlson, Nathaniel (transl. and comp. by) Visions of The Christian Seer of the >Norwegian Finmark About Future Events with a Short Sketch of His Life (1940)

Bei der Durchsicht ist mir aufgefallen, dass Johansson
zwar einen Krieg für 1953 vorausgesagt hat, der schlicht
nicht eingetroffen ist, aber andererrseits "übersah"
er völlig den 2. Weltkrieg, obwohl doch sein Land
(Norwegen) selbst besetzt und seine nordnorwegische
Heimat 1944 schwer zerstört wurde.

Deshalb messe ich Johansson keine grosse Bedeutung
bei.

Wichtig ist mir ein anderer skandinavischer Seher,
der Schwede Birger Claesson aus Kumla bei Örebro.
Dessen Voraussagen sind hervorragend dokumentiert
und von ihm selbst 1-2 Jahre nach den Visionen im
Druck herausgegeben, und ich habe die Originale
selbst in Händen gehalten.

Seine Voraussagen betreffen aber nur den schwedischen
Kriegsschauplatz und sind daher für Euch da unten
irrelevant.

Gruss

Franke


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