ein paar Anmerkungen

Geschrieben von franke43 am 25. Oktober 2005 10:37:46:

Als Antwort auf: Wird der Sechste Kondratieff verpennt? geschrieben von Hubert am 25. Oktober 2005 09:58:46:

Hallo Hubbi

Endlich mal wieder ein interessanter Dialog.

>Hallo Frank,
>im Grunde ist es ganz einfach:
>1. Die Zahl der Arbeitslosen kann nur durch stärkeres Wirtschaftswachstum >gesenkt werden.

Sehe ich anders. Auch durch ein Zurückschrauben der
Maschinisierung und Mechanisierung wegen Mangel an
fossilen Treibstoffen kann Arbeitslosigkeit bekämpft
werden. Allerdings würde das einen "Rückfall" ins
System der "Knechte und Mägde" bedeuten. Fragt sich
nur, ob wir diesem Szenario überhaupt entgehen
können. PeakOil ist eine Tatsache, mit der sich
nicht diskutieren lässt.

>2. Wirtschaftswachstum setzt aber voraus, daß die Investitionen auch in >Wachstumsmärkte fließen und nicht für Subventionen verplempert werden.

Fragt sich nur, ob nicht die Märkte zu sehr miteinander
verflochten sind, d.h. ein neuer Wachstumsmarkt kann
nicht wachsen, wenn nicht die früheren als Infrastruktur
zumindest erhalten bleiben. Siehe nächste Punkt:

>3. Einen Wachstumsmarkt finde ich immer im letzten Kondratieff-Zyklus.
>Welche Kondratieff-Zyklen gab es bisher (Zeitangaben ganz grob)?
>1) Dampfmaschine, Baumwolle (1800 – 1850)

Dampfmaschinen sind nur noch Kinderspielzeug oder auch
Nostalgieartikel, aber Baumwolle gibt es immer noch.
Oder trägst Du Unterhosen aus Synthetik ?

>2) Stahl, Eisenbahn (1840 – 1890)

Stahl und Eisenbahn gibt es nach wie vor. Gerade der
Stahl erlebt zur Zeit eine Renaissance wegen des
chinesischen Wachstums. Unser Nachbarort Oxelösund mit
seinem grossen Stahlwerk reitet auf dieser Erfolgswelle.
Und sein wir doch froh, wenn wenigstens noch ab und
zu ein Zug fährt ("Die Bahn kommt - aber wann ?").

>3) Elektrotechnik, Chemie (1890 – 1945)

Ist ebenfalls nicht abgeschafft, sondern notwendige
Voraussetzung für alles Nachfolgende.

>4) Petrochemie, Automobil (1945 – 1980)

Die Petrochemie wird als Veredelungsindustrie auch
nach PeakOil fortbestehen. Autos wird es ebenfalls
weiterhin geben, nur vielleicht nicht mehr so viele,
nicht mehr so grosse, nicht mehr für jeden sinnlosen
Klimbim (in unnötigen Staus stehen) und nicht mehr
unbedingt mit fossilem Antrieb. Leider auch nicht
mehr für "Hinz und Kunz", also nicht mehr für Leute
wie uns.

>5) Informationstechnik, Informationsdienstleistungen (1975 – 2025?)

Wird es ebenfalls weiterhin geben, schon deshalb,
weil das ein Niedrigenergiebereich ist, der an
anderer Stelle Energie einsparen kann.

>6) Gesundheit (seit 2000)

Der Gesundheitssektor ist so alt wie die Menschheit.
Aber in Ländern mit chronischer Überalterung und mit
moderner Apparatemedizin ist das tatsächlich ein
Wachstumsmarkt.

>Ad 4)
>An den ungefähren Zeitangaben erkennst du, daß der Automobilzyklus (4. >Kondratieff) ausgelaufen ist. Die Zahl der jährlich abgesetzten Fahrzeuge >ändert sich nicht mehr. Folge: Produktivitätszuwächse erziele ich nur noch >durch die Substitution von menschlicher Arbeitskraft durch Technik. Folge: >Entlassungen.

Tja, die Frage ist aber eher:

Wer wird überhaupt noch Benzinschlitten kaufen, wenn
sich keiner mehr das Benzin dazu leisten kann ? Und
wenn dieses Szenario vermutlich bald Wirklichkeit
wird - dann wird der Fahrzeugmarkt nicht mehr stagnieren,
sondern er wird rückläufig. Hersteller mit falscher
Produktpalette werden dann ihre Marktanteile nicht
nur nicht halten können, sondern praktisch ganz verdrängt
werden (Totalpleite). Und Länder mit starker Abhängigkeit
von der Autoherstellung (USA, Deutschland, auch Schweden)
sind dann besonders arm dran.

Merke:

Besser arm dran - als Arm ab.

>Ad 5)
>Was den 5. Kondratieff (Inf.technik, Inf.dienstleistungen) betrifft, so befand >sich Deutschland Mitte der siebziger Jahre in einer herausragenden >Startposition. Wir hatten diesbezüglich das Zeug zur Supermacht.

Wenn man bedenkt, dass der Erfinder des Computers (Zuse)
eigentlich ein Deutscher war, dann könnte einem das
Weinen kommen. Aber es lohnt sich nicht, wenn man über
verschüttete Milch und verpasste Gelegenheiten lamentiert.

Ich gebe zu, die USa hat einige stärken, um die ich dieses
Land beneide:

- Dort kann ein Bill Gates in einer kleinen Garage
anfangen und zum Marktführer werden

- Dort schafft man es immer wieder, auch "alte Kamellen"
immer wieder neu und erfolgreich zu vermarkten.

Beispiel: die "Inline"-Rollschuhe waren eine deutsche
Erfindung aus der Zeit zwischen 1870 und 1880. Aber
damals gab es keien Strassenbeläge, auf denen man hätte
fahren können. Deshalb blieb damals der Markterfolg
aus.

>Leider waren die deutschen Gewerkschaften zu mächtig. Durch die Einführung der >35-Stunden-Woche wurde der heimischen Mikrotechnologie praktisch der Garaus >gemacht.

Das ist sicher nur eine Teilerklärung. Dazu kam wohl auch
eine verbreitete Skepsis gegenüber der neuen Informations-
technik ("Überwachungsgesellschaft"). Und auch wir hier
haben ja ein biblisch begründetes Misstrauen gegen diese
neuen technischen Möglichkeiten ("Zeichen des Tieres").

>Die USA und Japan wußten hingegen, daß es zu Beginn eines neuen Kondratieff->Zyklus ganz entscheidend darauf ankommt, sich Marktanteile zu sichern. Die >kriegt man aber nur, indem man arbeitet und sich nicht auf die faule Haut >legt. Die USA, aber auch die ganzen Tigerstaaten arbeiteten damals wie die >Wahnsinnigen im neuen Zyklus mit der Folge eines gigantischen >Wirtschaftswachstums.

U.a. Bill Gates .....

>Kleiner Schlenker zur deutschen Politik. Wie wir heute alle wissen, hat uns >die Wiedervereinigung ökonomisch das Genick gebrochen. Ex-Bundeskanzler Kohl >hatte nach dem Mauerfall nichts Eiligeres zu tun, als die marode >Mecklenburgische Werftenindustrie mit Milliardensubventionen vollzupumpen
>(Werften gehören zum 1. Kondratieff !!!!! – ein Zyklus, der 1850 endete) Die >Folge: der Arbeitsplatzabbau wurde nicht verhindert, sondern nur verzögert.

Das ist eine (und eine unpatriotische) Betrachtungsweise.

Du weisst genau, dass die Beseitung der widernatürlichen
Teilung unseres Landes in einen freien und reichen Teil
und eine armen und unterdrückten Teil eine nationale
Aufgabe war, die man nicht in Geld rechnen darf, weil
sie darüber erhaben ist.

Das mit den werften ist auch merkwürdig:

Das reiche Dänemark ist heute eine der erfolgreichsten
Schiffsbaunationen und konkurriert sehr erfolgreich
mit Billigländern wie China. Und auch heute müssen
immer noch neue schiffe gebaut werden, oder willst Du,
dass z.B. das wertvolle Rohöl in 30-40 Jahre alten
rostigen Kähnen über die Ozeane geschippert wird ?
das bedeutet nicht nur Umweltkatastrophen (Ölpest)
enmasse, sondern auch eine Vergeudung an Energieträgern,
die wir uns nicht mehr leisten dürfen. Jeder haverierte
Öltanker ist heute eine Katastrophe in doppelter
Hinsicht.

>Aber die Milliarden waren weg. So etwas passiert, wenn Ideologen oder >Phantasten aus purem politischem Opportunismus über die Verwendung von Geld >entscheiden dürfen.

Vielleicht hat man geglaubt Dänemark kopieren zu
können. Ist schliesslich von Mecklenburg nicht weit
weg, fast auf Sichtweite.

>Ad 6)
>Die einzige Chance, den Untergang Deutschland (der für mich zu 99 Prozent >besiegelt ist) doch noch abzuwenden, besteht m. E. darin, alle >gesellschaftlichen Kräfte radikal auf den neuen Mega->Wachstumsmarkt „Gesundheit“ zu fokussieren, damit entsprechende >Wertschöpfungsketten induziert werden können, die dann letzten Ende auch neues >und starkes Wirtschaftswachstum bewirken.

Der Gesundheitsmarkt ist aber ein Markt, in dem kein
Geld von draussen reinkommt, sondern nur im Kreis
gepumpt wird.

>Herzlichen Gruß nach Schweden,
>Hubert

Und von mir zurück nach Deutschland

Ich hoffe wir sehen uns erstmals zwischen Weihnachten
und Neujahr.

Franke




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