Re: Du bist der, der keine Ahnung vom Marxismus hat...

Geschrieben von another am 21. Oktober 2005 08:32:49:

Als Antwort auf: Re: Du bist der, der keine Ahnung vom Marxismus hat... geschrieben von Honaw am 20. Oktober 2005 17:30:

>Entschuldigt, dass ich mich in eure Marxismus-Debatte einmische.

Nur zu!

>Karl Marx hat mit seinem Kapital und den Theorien über den Mehrwert eine der brillantesten Wirtschaftsanalysen überhaupt geliefert. Selbst Wirtschaftswissenschaftler, die nicht verdächtigt werden können links zu stehen, bedienen sich seiner Methoden; gleichwohl mit anderen Schlüsselbegriffen. Diese Analyse selbst ist wertfrei und nur beschreibend.

Und eben das ist das Problem, wer sich auf die beschränkte materialistische Sichtweise von Marx einlässt, ist dem Marxismus schon halb verfallen, denn auf der materialistisch-nihilistischen Basis, von der der Marxismus ausgeht, ist er schlicht nicht zu widerlegen. Deshalb geht es darum, den Fokus zu erweitern und erstens anzuerkennen, dass das Leben auf anderen Grundbedigungen beruht, als Marx voraussetzt, nämlich z.B. daran, dass die Menschen eben nicht von Natur auf gleich sind, folglich auch nicht willkürlich gleich gesetzt werden können und zum anderen, dass erst der Zinseffekt die Marktwirtschaft zwingend früher oder später zum Raubtierkapitalismus eskalieren lässt. Doch diesen Zins stellt keiner in Frage. Würde man ihn grundsätzlich in Frage stellen, dann würde damit auch die marxistische Wirtschaftsanalyse wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen.

>Was dann er, Marx, selbst und andere aus dem Ergebnis seiner Analyse gemacht hat, steht auf einem anderen Blatt. Kommunismus und Sozialismus sind Utopien, die eigentlich im Christentum wurzeln.

Auch das ist grundsätzlich nicht richtig, das Christentum -besonders deutlich wird das z.B. in der Bergpredigt- basiert eben nicht auf einem materialistischen Weltverständnis, sondern beruht auf der Anerkennung geistiger Gesetzmässigkeiten und der Anerkennung der Verschiedenheit von menschlichem Schicksal. Es gibt im Christentum keine Gleichmacherei, diese jedoch ist Grundvoraussetzung des Marxismus. Wer Ähnlichkeiten zwischen dem Christentum oder einer anderen Religion und dem Marxismus sieht, hat schlicht nicht verstanden, dass die Religion eine Ordnung aufzeigt, die jenseits des materialistisch erfassbaren liegt. Der auf den Materialismus sich beschränkende Marxismus ist daher das genaue Gegenteil des Christentums.

>Die Wirtschaftswissenschaftler dieser Welt schauen gebannt auf das neue einmalige Experiment der Chinesen. Denn dort wird z. Z. der Weg versucht, den Produktionsfaktor Boden in staatlicher Hand zu belassen und die Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit den freien Kräften des Marktes zu überlassen.

In China findet derzeit eine Abart der leninistischen Neuen Wirtschaftspolitik (NEP) statt, d.h. dort werden privatwirtschaftliche Elemente zugelassen, während die KP die Kontrolle über den Staat behält. Dies hat den Zweck die Wirtschaftskraft Chinas zu beleben, was planwirtschaftlich nicht möglich ist. Wenn China den technologischen Rückstand aufgeholt hat, kann davon ausgegangen werden, dass die vorübergehenden wirtschaftlichen Liberalisierungen genauso schnell wieder rückgängig gemacht werden wie gegen Ende der NEP in der Sowjetunion. D.h. was jetzt in privater Hand floriert, wird kurzerhand wieder verstaatlicht werden und die ausländischen Investoren stehen mit leeren Händen da, genau wie Ende der 20er Jahre in der UdSSR.




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