Bevölkerungsexplosion
Geschrieben von Dunkelelbin am 23. August 2004 22:27:58:
Hallo,
ein recht auschlußreicher Text den ich auf der Seite der *Bundeszentrale für politische Bildung* gefunden habe.
Verschwörungstheorien hin oder her. Tatsache ist, dass es zu viele Menschen gibt und wir an die natürlichen Grenzen kommen werden. Spätestens dann, wenn die Weltbevölkerung die 10-Milliarden-Grenze überschreitet.Vermutlich ist die Situation noch viel prekärer als beschrieben. Was das mit dem Thema zu tun hat? Die Erde benötigt den totalen Crash und wenn wir hier, in unser trauten Runde mal ehrlich sind, dann wissen wir das auch.
Mir graut es jedenfalls mehr vor einer Welt, in der es so weitergeht wie bisher und die Bevölkerungsexplosion Grund für die Zerstörung der Erde ist.
Grüße
Dunkelelbin*
Einleitung
Vor Kurzem hat die Weltbevölkerung die 6-Milliarden-Grenze überschritten. In Bosnien wurde ein Säugling ausgewählt und medienwirksam in Szene gesetzt, um dieses Ereignis gewissermaßen zu personifizieren. Aber wenige Tage später war das Thema schon wieder passé – kaum verwunderlich, denn die Konsequenzen des Bevölkerungswachstums werden im allgemeinen unterschätzt, obwohl es sich dabei um eine globale Gefährdung par excellence handelt
Zunahme der Weltbevölkerung
Im Jahre 1900 belief sich die Weltbevölkerung auf rund 1,6 Milliarden Menschen. In den vergangenen 100 Jahren hat sie sich somit fast vervierfacht, und das dramatische Wachstum hält an: Jährlich wächst die Weltbevölkerung um circa 80 Millionen Menschen, was ungefähr der Bevölkerung Deutschlands entspricht. Die Zuwachsraten haben zwar eine fallende Tendenz, aber sie realisieren sich auf einer immer größeren absoluten Basis, so dass die Weltbevölkerung noch jahrzehntelang erheblich zunehmen wird. Die Weltbevölkerungskurve verläuft wie eine Zins- und Zinseszins-Kurve bei fallendem Zinssatz, nämlich wie ein schräg liegendes S. Zur Zeit befinden wir uns in der Mitte des steilsten Abschnitts dieser Wachstumskurve, der circa 1950 begonnen hat. In ungefähr 100 Jahren wird der Scheitelpunkt bei einer Größenordnung von zehn Milliarden Menschen erwartet.Unter dem Aspekt, wie viele Menschen tatsächlich auf der Erde leben können, das heißt unter realistischen ökonomischen, politischen, technologischen sowie ökologischen Annahmen und menschenwürdigen Bedingungen, ist die Erde längst überbevölkert. Revolutionäre Neuerungen, die daran etwas entscheidend ändern könnten, sind nicht in Sicht. Dies gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt des laufenden Zuwachses. Gleichzeitig ist zu beachten, dass sich die Weltbevölkerung nicht gleichmäßig verteilt, sondern in bestimmten Regionen konzentriert. In den Entwicklungsländern leben rund drei Viertel der Weltbevölkerung, und diese sind für mehr als 90 Prozent des globalen Bevölkerungswachstums verantwortlich.
Die meisten Staaten – mit Ausnahme Chinas – gehen mit der Bevölkerungsproblematik eher halbherzig um, und dies war auch die Tendenz der bisherigen Weltbevölkerungskonferenzen. Dadurch werden zwar die unmittelbaren Probleme einer rigiden Politik der Geburtenkontrolle vermieden, dafür wird aber langfristig das Entstehen einer globalen Krise zugelassen, die weitaus gravierender ist und nicht nur die jeweiligen Staaten betrifft, sondern auch internationale Auswirkungen hat.
Bewältigungsstrategien
Die für eine Bewältigung der Bevölkerungsproblematik notwendige Strategie hat vier Schwerpunkte, die allerdings noch nicht mit der notwendigen Entschlossenheit in Angriff genommen worden sind:
Direkte bevölkerungspolitische Maßnahmen, die das demographische Wachstum bremsen, ohne den „langen Weg“ über die Entwicklung der betreffenden Gesellschaften zu gehen (zum Beispiel Sexualaufklärung, Verteilung empfängnisverhütender Mittel, Verbreitung neuer Leitbilder im Sinne kleinerer Familien, Stärkung der gesellschaftlichen Rolle der Frau).
Anhaltende Anstrengungen zur Entwicklung der „Dritten Welt“, um einerseits das Bevölkerungswachstum indirekt zu dämpfen und andererseits die bereits vorhandene (sowie weiter wachsende) Bevölkerung sozio-ökonomisch befriedigend zu integrieren. Bezüglich der Entwicklung der Dritten Welt sind nicht nur die Industrieländer gefordert zum Beispiel durch Entwicklungshilfe, Wirtschaftsbeziehungen und Durchsetzung fairer internationaler Strukturen, sondern auch die Entwicklungsländer selbst, denn ein erheblicher Anteil der anhaltenden Unterentwicklung ist „hausgemacht“.
Beschleunigte Umsetzung von nachhaltiger Entwicklung, um „ökologische Sicherheit“ für die zukünftigen Generationen zu gewährleisten. Es ist nicht vertretbar, dass die Industrieländer, in denen lediglich ein Viertel der Weltbevölkerung lebt, drei Viertel des weltweiten Ressourcenverbrauchs in Anspruch nehmen und ebenfalls drei Viertel der globalen Umweltprobleme verursachen. Aber auch den Entwicklungsländern fällt eine große und zunehmende ökologische Verantwortung zu.
Viele der so genannten armen Länder sind keineswegs durchgehend arm, sondern ihre Regierungen und Eliten erlauben sich oft eine geradezu erstaunliche Verschwendung von Ressourcen durch Luxuskonsum, Rüstung, administrativen Schlendrian, politische Unfähigkeit, Korruption, Misswirtschaft oder „pharaonische Projekte“. Im übrigen gibt es viele ökologische Maßnahmen, die nur wenig kosten bzw. nur minimale Einkommensausfälle produzieren wie die Ausweisung von Naturschutzgebieten, Artenschutz und Entsorgung toxischer Stoffe. Wenn sich die Entwicklungsländer ihrer ökologischen Verantwortung nicht stellen, werden sie sowohl die globalen Umweltprobleme verschärfen als auch ihr eigenes ökologisches Milieu dauerhaft schädigen.
Verstärkte Einbindung der Eliten der Entwicklungsländer in einen internationalen politischen Prozess, der vom gemeinsamen Interesse an der Lösung der globalen Gefährdung geleitet ist. Bei aller angebrachten Selbstkritik der Industrieländer ist es im Bemühen um positive Ergebnisse wichtig, dass viele Staaten der Dritten Welt ihre politischen Handlungsspielräume hinreichend konstruktiv wahrnehmen und sich im Hinblick auf die Ausgestaltung der internationalen Ordnungspolitik kooperativ verhalten. Auch sollten die Eliten der Entwicklungsländer nicht – wie vielfach zu beobachten ist – eher als Bremser oder sogar Störer in Erscheinung treten.
Auswirkungen auf den Westen
Es ist also bekannt, was angesichts der globalen Bevölkerungsentwicklung eigentlich unternommen werden müsste, aber es ist unrealistisch anzunehmen, dies könnte so zügig und so effektiv geschehen, dass diese Problematik ihre Brisanz verliert. Daher gilt es, Vorsorge für den (durchaus wahrscheinlichen) Fall zu treffen, dass das Bevölkerungswachstum nicht in relevantem Umfang gedämpft werden kann, dass der ständige Bevölkerungszuwachs nicht befriedigend zu integrieren ist und dass sich die nachhaltige Entwicklung – sowohl in den Industrie- als auch in den Entwicklungsländern – zumindest innerhalb der kommenden Jahrzehnte nicht verwirklichen lässt. Für die westliche Außen- und Sicherheitspolitik sind dabei mehrere Punkte von Belang:Veränderte Hierarchie
Das Bevölkerungswachstum wird die bisherige Hierarchie des internationalen Systems verändern. Im Jahre 1025 werden 16 Staaten mehr als 100 Millionen Einwohner haben; darunter werden sich mit den USA und Japan lediglich zwei hochentwickelte Industrieländer befinden. Es gibt viele Faktoren, die für das Gewicht der einzelnen Staaten im internationalen System bedeutsam sind. Einer dieser Faktoren ist die Bevölkerungsgröße in Kombination mit anderen Faktoren. Diese sind in vielen Staaten der Dritten Welt durchaus vorhanden wie zum Beispiel wichtige Ressourcen, gut ausgebildete Personen, ein gewisses technologisches und wirtschaftliches Niveau sowie eine professionelle und gut ausgestattete Armee.
Selbst wenn die bevölkerungsstarken Länder nur einen begrenzten Teil ihres großen Potenzials mobilisieren, wächst ihnen ein zunehmender internationaler Einfluss fast automatisch zu. Die betreffenden Staaten werden voraussichtlich den westlichen Einfluss in ihrer Region zunehmend zurückdrängen, verstärkt auf Prozesse der regionalen Integration Einfluss nehmen, zu relevanten wirtschaftlichen Partnern bzw. Konkurrenten der Industrieländer avancieren, größeren Einfluss in den internationalen Organisationen anstreben und mit Nachdruck einen Mitgestaltungsanspruch im internationalen System erheben.
Neue Sicherheitsrisiken
Das Bevölkerungswachstum wird die sicherheitspolitische Balance verändern. In den Industrieländern leben zur Zeit 25 Prozent und in den NATO-Staaten knapp zehn Prozent der Weltbevölkerung, mit abnehmender Tendenz. In den bevölkerungsreichen Entwicklungsländern erfolgt keine Schrumpfung der jugendlichen Jahrgänge und des Erwerbspersonenpotenzials wie in den Industrieländern. Sie können ihre viel größere und durchschnittlich wesentlich jüngere Bevölkerung sozusagen wie eine Ressource in Wert setzen und unter anderem erhebliche Mittel für den Rüstungs- und Technologiebereich mobilisieren, weil sie zwar pro Kopf nicht sehr produktiv sind, aber insgesamt eine beachtliche wirtschaftliche Masse produzieren, die letztlich auch dem Verteidigungsetat zugute kommt. Darüber hinaus sind sie – aus demselben Grund – in der Lage, militärische Güter in großer Menge und von guter Qualität zu importieren. Die westlichen Industrieländer werden sich anstrengen müssen, um ihre quantitativen Nachteile qualitativ auf Dauer kompensieren zu können.
Eine vorausschauende Sicherheitspolitik beschränkt sich nicht auf die momentanen Absichten der relevanten internationalen Akteure, sondern sie befasst sich mit deren zukünftigen Fähigkeiten. Militärische Potenziale lassen sich nicht kurzfristig entwickeln, sondern sie müssen laufend vorgehalten werden, damit sie verfügbar sind, wenn sie gebraucht werden.
Im vorliegenden Zusammenhang bedeutet das: Der Westen muss sich darauf einstellen, dass neue Sicherheitsrisiken in den Entwicklungsregionen entstehen, und zwar namentlich in den bevölkerungsreichen Staaten. Bedenkt man, welches militärische Potenzial bereits „demographischer Leichtgewichter“ wie Iran, Irak oder Vietnam mobilisieren können, dann ist ungefähr abzuschätzen, was bevölkerungsreiche Staaten aufbieten können, wenn sie ihre Möglichkeiten voll entfalten würden.
Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Kombination von Bevölkerungswachstum und anhaltender Unterentwicklung keine gute Voraussetzung für gedeihliche politische Verhältnisse bietet, sondern im Gegenteil einen fruchtbaren Nährboden für Radikalismus, Terrorismus, Autoritarismus und destruktive Außenpolitik.
Verstärker Migrationsdruck
Das globale Bevölkerungswachstum wird den Migrationsdruck in Richtung auf die westlichen Industrieländer verstärken. Schon heute verzeichnen die USA eine stetige Zunahme der Bevölkerungsanteile lateinamerikanischer und asiatischer Herkunft. In Europa gibt es Befürchtungen einer beginnenden „Islamisierung und Afrikanisierung“. Bei aller Anerkennung der positiven Aspekte multikultureller Gesellschaften darf nicht übersehen werden, dass diese Entwicklung auch problematische Konsequenzen hat. Nicht nur Quantitäten sind diesbezüglich von Bedeutung, sondern auch der sozio-ökonomische, politische, berufliche und kulturelle Hintergrund der Migranten im Vergleich zur aufnehmenden Gesellschaft.
Problematisch kann der Zustrom vieler Migranten dann sein, wenn sie aus einem wesentlich anders gearteten kulturellen Milieu stammen, ghettoartige Enklaven bilden, die innere Sicherheit gefährden (Kriminalität, Radikalismus, Terrorismus), unterproportional zur volkswirtschaftlichen Wertschöpfung beitragen und/oder in erheblichem Maße die Sozialsysteme in Anspruch nehmen.
In Europa verläuft die Zuwanderung mehr oder weniger ungesteuert, was stellenweise bereits zu sichtbaren Integrationsproblemen geführt hat. Angesichts des wachsenden internationalen Migrationspotenzials müssen sich die europäischen Staaten auf eine gemeinsame Flüchtlings- und Einwanderungsgesetzgebung verständigen, um dieses Problem politisch zu gestalten, solange es noch gestaltet werden kann.
Überforderung
Das Bevölkerungswachstum wird die Überwindung der Unterentwicklung erschweren. In zahlreichen Staaten werden die politischen Systeme zunehmend überfordert, die Massenarmut in großen Städten konzentriert, die Ernährungssicherheit beeinträchtigt, soziale und ethnische Konflikte angeheizt und die politische Stabilität gefährdet. Dagegen kann der Westen nur mit Eigenanstrengungen der Entwicklungsländer etwas unternehmen. Entwicklung ist ein komplizierter kollektiver Lern- und Organisationsprozess, der sich allein mit technokratischen Programmen nicht einfach „herstellen“ lässt. Eine relevante Dämpfung des Bevölkerungswachstums in den armen Ländern ist über den Fortschritt gesellschaftlicher Entwicklung nicht zu erwarten. Aussichtsreicher erscheinen direkte geburtenhemmende Maßnahmen (zum Beispiel Sexualerziehung und Verbreitung konzeptionsverhütender Mittel) in Kombination mit verbesserten Bildungschancen und einer veränderten gesellschaftlichen Rolle der Frau. Solche Maßnahmen werden jedoch nur ausnahmsweise effektiv durchgesetzt, so dass kein Anlass besteht, die derzeitigen Bevölkerungsprognosen nach unten zu korrigieren. Das Bevölkerungswachstum wird also weiter als Entwicklungsbremse wirken und einen erheblichen Beitrag zum Fortbestand des Nord-Süd-Gefälles leisten.
Ökologische Degradierung
Das globale Bevölkerungswachstum wird zu einer stärkeren Beanspruchung der Umwelt und der Ressourcen führen. Hier sind insbesondere die Industrieländer gefordert. Solange es diesbezüglich keine effektiven internationalen Vereinbarungen gibt, wird die ökologische Degradierung unseres Planeten fortgesetzt, und zwar am schlimmsten in den Entwicklungsländern, wo vielfach eine äußerst ungünstige Kombination von Bevölkerungswachstum, Armut, „destruktivem Fortschritt“ bei anhaltender Unterentwicklung, mangelndem Problembewusstsein, politischer Unfähigkeit bzw. Unwilligkeit und administrativer Überforderung vorherrscht. Umweltverschmutzung und Ressourcenplünderung beeinträchtigen nicht nur die kollektive Lebensqualität, sondern sie können auch zu internationalen Konflikten führen, namentlich um knappe strategische Rohstoffe (beispielsweise Erdöl) sowie Wasser und Land. Darüber hinaus verschärfen sie die Migrationsproblematik („Umweltflüchtlinge“) und belasten die Nord-Süd-Beziehungen („ökologischer Nord-Süd-Konflikt“).
- Re: Bevölkerungsexplosion Johannes 24.8.2004 11:23 (3)
- Re: Bevölkerungsexplosion Dunkelelbin 25.8.2004 00:15 (2)
- Re: Bevölkerungsexplosion Johannes 25.8.2004 09:44 (1)
- Ich bin gegen jegliche Form von Selbstzensur hier im Forum! ;-) Backbencher 25.8.2004 12:35 (0)
- Der Stärkere und Flexible setzt sich durch JoeKaiser 24.8.2004 10:32 (31)
- Durchaus zutreffend franke43 24.8.2004 10:58 (30)
- (Thread zusammengefaßt) Johannes 24.8.2004 23:40 (0)
- Re: Mad Jones? detlef 24.8.2004 15:48 (0)
- Re: Durchaus zutreffend Johannes 24.8.2004 11:36 (14)
- Re: Durchaus zutreffend detlef 24.8.2004 14:49 (4)
- Re: Durchaus zutreffend HotelNoir 24.8.2004 15:11 (1)
- Re: Durchaus zutreffend detlef 24.8.2004 16:45 (0)
- Re: Durchaus zutreffend Johannes 24.8.2004 15:10 (1)
- Re: Durchaus zutreffend detlef 24.8.2004 16:42 (0)
- Re: Durchaus zutreffend Zyncron 24.8.2004 12:22 (0)