@Elias & all: Betrf. Doppeldeutigkeiten und Codes im NT
Geschrieben von Templar am 03. Dezember 2001 11:15:45:
Hi Elias und alle anderen die es interessiert.
Anbei mal ein paar Beispiele hinsichtlich der "Doppeldeutigkeiten" in der Bibel und anverwandten Schriften. Natürlich kann ich hier einiges nur anreissen, wer sich ernsthafter dafür interessiert, kann sich weitere Informationen in den erwähnten Schriften besorgen. Den katholischen, urchristlichen oder fundamentalistischen Lesern möchte ich noch nahelegen, dass mir hier nicht im geringsten darum geht die Person oder das Wirken Jesus des Christos in Misskredit zu bringen oder ihn als sektiererischen Revolutionär darzustellen, wie das in diversen anderen Büchern getan wurde. Mir persönlich hat die genaue Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Hintergründen seiner Geschichte und der Historie seiner Zeit im Gegenteil wieder den Zugang zu dieser Glaubenswelt eröffnet, die mir nach den allzu offensichtlichen Ungereimtheiten, Verdrehungen, Dogmen und lächerlichen Interpretationen doch komplett abhandengekommen war. Die ernsthafte Auseinandersetzung mit den Widersprüchen in der Bibel und die Aufdeckung der tatsächlichen Inhalte, sind denn auch keine Gefahr für den Glauben sondern eine Bereicherung und ein notwendiges Fundament für alle die tatsächlich den Lehren Jesu nachfolgen wollen, und nicht einfach dem was die katholische Kirche willkürlich daraus gemacht hat.
In LVX
Templar
Die Gegend um Qumran weist Spuren der Besiedlung eines Zeitraums beginnend ab 3500 v. Chr. auf. Die Dauerhafte Besiedlung nahm ihren Anfang ab ca. 130 v. Chr. Zu der Zeit zogen sich ein Teil der ultrastrikten Anhänger des jüdischen Glaubens, aufgrund von Meinungsunterschieden mit den Makkabären, in die Wildnis um Qumran zurück. Qumran hiess damals Sekhakha, die Besiedlung wurde durch ein schweres Erdbeben um 31 v. Chr. unterbrochen. Die Siedlung wurde von der Glaubensgemeinschaft der Essener zur Zeit Herodes wieder aufgebaut. Die essenischen Schriftgelehrten schrieben Interpretationen und Kommentaren zu den Texten und Psalmen der Propheten Nahum, Habakuk und Hosea. Die von den Gelehrten verwendete Technik zur Herstellung eines Zusammenhangs zw. den Aufzeichnungen aus dem AT und den aktuellen Ereignissen basierte auf eschatologischem Wissen, einer Form der kodierten Darstellung, die sich traditioneller Worte und Passagen bediente und ihnen eine spezielle Bedeutung zuordnete, die für das zeitgenössische Verständnis relevant war. Die Bedeutung wurde naturgemäss nur von jenen verstanden, die den Kode kannten, für alle anderen waren es weiterhin alte Texte.Die Essener waren im Gebrauch dieses allegorischen Kodes gut trainiert. In den Evangelien taucht er besonders in den Passagen auf, die mit "Wer Ohren hat zum hören, der höre" anfangen. Damit die Evangelien von den Römern nicht verstanden werden konnten, wurden sie zu grossen Teilen mit einer zweifachen Bedeutung angelegt: Die evang. Botschaft an der Oberfläche und politische Informationen darunter. So sind etwa Anspielungen auf Babylon in der Regel Hinweise auf Rom. Die Theologin Barbara Thiering von der Universität von Sydney hat die zu diesem Thema wohl umfangreichsten Arbeiten vorgelegt.
Jesus wurde dabei als "Wort Gottes" bezeichnet. Die "Armen" waren nicht etwa unterprivilegierte Menschen, sondern die in die höheren Ränge der Gemeinschaft initiierten Mitglieder der Gemeinschaft, die deshalb verpflichtet waren alle weltlichen Güter aufzugeben. Die "Menschenmenge" bezeichnet den Tetrachen (Statthalter) der Region, während die "Volksmenge" für den regierenden Rat steht. Novizen innerhalb des religiösen Establishments wurden als "Kinder" bezeichnet, die Doktrin der Gemeinschaft war "der Weg" und jene die den Prinzipien des Wegs folgten, wurden "Kinder des Lichts" genannt. Als "Leprakranke" wurden oft jene gekennzeichnet die nicht in die höhere Gemeinschaft initiiert oder ausgestossen worden waren. Die "Blinden" waren jene, die nicht dem "Weg" folgten. Naheliegenderweise geht es in Texten wo davon gesprochen wird, dass Blinde und Leprakranke geheilt wurden, also ganz spezifisch um eine Bekehrung zum richtigen "Weg"
Die Befreiung von der Exkommunikation wurde als "Auferstehung von den Toten" (!!) beschrieben. Die Definition "unrein" bezog sich meistens auf unbeschnittene Nichtjuden, und die Beschreibung "krank" galt all jenen die in öffentliche oder klerikale Ungnade gefallen waren.
Solche im NT verborgenen Informationen waren zur Zeit seiner Erstellung von grosser Relevanz und sind bis heute wichtig. Zur Verschleierung der wahren Bedeutung der Texte wurden Allegorien, Symbole, Metaphern, Gleichnisse, spezielle Definitionen sowie Pseudonyme verwendet. Die wahre Bedeutung war jeweils jenen die "Ohren hatten zum hören", offenbar. Diese "esoterische" (verborgene) Sprache des NT verwendet also Begriffe wie Wolken, Schafe, Fische, Brotlaibe, Tauben und Kamele um Menschen zu bezeichnen. Genau wie wir heutzutage von Imobilienhaien, Bullen, Wölfen oder Stars sprechen um Menschen zu bezeichnen.
Einige dieser Bezeichnungen im NT drücken nicht nur den sozialen Status aus, sondern waren Titel. Die Hauptdoktrin der Gemeinschaft war das "Licht" und dieses Licht wurde durch eine hohe Triearchie (Priester, König und Prophet) repräsentiert, die symbolischen Titel "Macht", "Königreich" und "Herrlichkeit" trugen. Innerhalb des klerikalen Patriarchats war der "Vater" der Oberste, und seine unmittelbaren Helfer waren sein "Sohn" und sein "Geist".
Einer der grundlegendsten Glaubenssätze der Essener besagte, dass das Universum zwei Hauptsächliche Geister enthält: Licht und Dunkelheit. "Licht" steht dabei für Wahrheit und Gerechtigkeit, während "Dunkelheit" für Perversion und das Böse stand. Zur Zeit der davidianischen Könige galt der Zadok-Priester (Zadokide) als höchster Vertreter des Lichts auf Erden. Doch ebenso wie das Licht seinen Vertreter auf Erden hatte, so besass im Sinne eines gesunden Ausgleichs auch der Geist der Dunkelheit seine Stellvertreter. Diese Position fiel dem obersten Schriftgelehrten zu, um eine nominelle Opposition innerhalb der hierarchischen Struktur zu bilden. Die Hauptverantwortung des designierten "Prinzen der Dunkelheit" bestand unter anderem Darin, weibliche Initiierte in der Standfestigkeit des Zölibats zu prüfen. In dieser Eigenschaft trug er den hebräischen Titel "Satan" (Ankläger). Das griechische Äquivalent lautete Diabolos (Aggressor oder auch Auseinandertreiber).
Josef stellt einen Titel und keinen Namen einer Person dar: Der Titel "Josef" wurde jeweils dem ältesten Sohn jeder Generation der davidischen Blutslinie gegeben. Wenn ein dynastischer Sohn des Hauses Juda (gleichgültig wie sein eigentlicher Name lautete) zum "David" wurde, wurde der älteste Sohn (der Kronprinz) automatisch zum "Josef". Gab es zu diesem Zeitpunkt keinen Sohn oder war dieser unter 16 Jahren alt, so erhielt der nächstälteste Bruder des "David" vorübergehend die Bezeichnung "Josef". Josef von Arimathia ist demnach Jakob der Gerechte, der Bruder von Jesus, der nach Grossbritannien ging und im Jahre 82 n. Chr. in Glastonbury starb.
Als "Fischer" wurden die taufenden Priester des Ordens von Melchizedek (Zadok) bezeichnet. --daher leitet sich auch der Begriff "Fischerkönige" aus den Gralssagen ab, eigentlich eine Bezeichnung für die dynastische Linie des Hauses Juda. Die Dynastie von Abjatar (2.Sam.20,25) war seit der Zeit König Davids als sekundäre Linie in der Hierarchie der Oberpriester etabliert. Die Linie von Zadok bildete die primäre Linie. Zusätzlich zu den herkömmlichen religiösen Riten bewahrten die Essener innerhalb ihrer Herrschaftsstruktur auch die Namen der Erzengel aus dem AT. So war der Zadok-Priester auch der Erzengel Michael, und der Abjatar-Priester war Gabriel, unabhängig von seinem eigentlichen persönlichen Namen. Als Zweitrangiger war Gabriel/Abjatar der designierte "Engel des Herrn" (also Botschafter von Zadok/Michael). Dieses ganze System wird im Detail im 1. Buch Henoch (4,9) beschrieben. Vor der Geburt Jesu war konkret Zacharias der Hohe Zadok (der Erzengel Michael). Seine Frau war Marias Cousine Elisabeth und sein Rangnächster, der Abjatar (oder Erzengel Gabriel) war Simeon des Essener. (--> Was das alles für die Geschichte der Verkündigung die angebliche unbefleckte Empfängnis bedeutet, kann ich mal bei Gelegenheit ausführen).
Noch was zur falschen Bezeichnung "Jesus von Nazareth": Wie im Brief der Hebräer (7,14) nachzulesen ist, stammte Jesus aus dem Hause Juda, somit aus der gleichen Famiienlinie wie König David. In der Bibel steht ebenfalls, dass Jesus "Nazoräer" war, was allerdings keinesfalls heisst, dass er aus der Stadt Nazareth stammte. Bei der Bezeichnung Nazoräer (auch Nazaräer oder Nazarener) handelt es sich ausschliesslich um die Beschreibung der Zugehörigkeit zu einer Sekte. Das moderne arabische Wort für Christen lautet "Nasrani" und der Koran bezeichnet die Christen als "Nasara" oder "Nazara". Diese Varianten stammen alle vom hebräischen Nozrim, dem Plural des Begriffs "Nazrie ha-Brit" (Hüter des Bundes), eine Bezeichnung für die Gemeinschaft der Essener in Qumram. Im übrigen gab es eine Stadt namens Nazareth zu dieser Zeit gar nicht, sie taucht auf keinen Karten oder Aufzeichnungen auf, weder bei den Römern noch den Ureinwohnern.
Weiterführende Literatur zu diesem Thema:
Laurence Gardener: Das Vermächtnis des Heiligen Gral
Ahmed Osman: Wer war Jesus wirklich?
Barbara Thiering: Jesus von Qumran
John Allegro: Die Botschaft vom Toten Meer
Die apokryphen Evangelien von Philippus, Thomas, Maria Magdalena sowie das Protevangelium (Buch Jakobus)
- Prozesse Elias 03.12.2001 14:26 (4)
- Re: Prozesse und weitere Doppeldeutigkeiten-Speisung der 5000 Templar 04.12.2001 09:23 (3)
- Noch was zur Speisung der 4000 bzw. 5000 - Ein Blick über den Vorhang Elias 04.12.2001 13:39 (1)
- Zusatz 3,4,7,12 - Dreitägige Finsternis Elias 05.12.2001 08:56 (0)
- Urchristentum als Erneuerung des verkrusteten Jundentums Elias 04.12.2001 12:24 (0)