Re: Der Irak im allgemeinen

Geschrieben von Swissman am 12. April 2004 01:12:52:

Als Antwort auf: Der Irak im allgemeinen geschrieben von P.Conner am 11. April 2004 21:48:42:

Hallo P.Conner,

>Ich halte den Irakkrieg für eine Falle der Russen, zusammn mit dem 11.09., um eine Imperiale Überdehnung zu provozieren. Es waren vor dem Irakfeldzug genug hochrangige Berater aus Rußland im Irak. Die USA müssen da durch, sonst verlieren sie im Orient jeden Kredit. Das wollen die Russen aber.

Das sehe ich ganz genauso. - Ich war gegen den Irak-Krieg, das habe ich seinerzeit auch so geschrieben. Da man den Krieg nun aber begonnen hat, bleibt dem Ami gar nichts anderes übrig, als die Sache durchzustehen. - Alles andere wäre katastrophal: Wenn die USA sich zurückziehen würden, wie es Bill Clinton seinerzeit in Somalia getan hat, würden sie ihr Gesicht verlieren: Jeder Terrorist und jeder Drittweltdiktator würde daraus den (richtigen) Schluss ziehen, dass die USA ein reiner Papiertiger seien. - Die Folge wäre ziemlich sicher ein Flächenbrand im Nahen Osten, mit entsprechenden Folgen für die Erdölversorgung der Industriestaaten.

Laut Peter Scholl-Latour sind derzeit 30 von 33 aktiven Kampfbrigaden der US Army gebunden: 16 im Irak (voraussichtlich wird diese Zahl in nächster Zeit sogar noch ansteigen), fünf Brigaden in Asien (davon zwei in Afghanistan und zwei in Südkorea), eine Brigade befindet sich noch auf dem Balkan. Acht Brigaden benötigt man für Rotation und notwendige Umdispositionen. Unter dem Stich bleiben mickrige drei (!) Brigaden übrig, die man gegebenfalls für neue Aufgaben heranziehen könnte - es ist daher derzeit schon rein zahlenmässig gar nicht möglich, den Iran oder Nordkorea in absehbarer Zukunft anzugreifen... oder Taiwan ernsthaft zu Hilfe zu kommen...

Also muss man möglichst schnell eine Regierung bilden, die in der Lage ist, auf eigenen Füssen zu stehen. Theoretisch gibt es dazu zwei Möglichkeiten: Entweder man installiert eine Militättegierung unter Führung eines sunnitischen Generals, der bereit ist, auf Massenvernichtungswaffen zu verzichten, die Erdölförderung sicherzustellen und nach innen nicht ganz so brutal vorzugehen, wie dies Saddam Hussein getan hat. - Dies läuft eine "Saddam light"-Lösung hinaus. Diese Regime müsste wohl als erstes einen Bürgerkrieg gegen Schiiten und Kurden führen. - Den USA würde man (zu Recht) vorwerfen, ihre Verbündeten verraten und verkauft zu haben, mit der Konsequenz, dass ihren Versprechungen auf längere Sicht hinaus niemand mehr Glauben schenken würde.

Faktisch besteht die vernünftigste Lösung darin, eine Regierung unter (gemässigter) schiitischer Vorherrschaft zu bilden. Dadurch ist die Gefahr schiitischer Aufstände beigelegt, und was die Wahhabiten betrifft, so werden diese innert kurzer Zeit restlos von irakischem Hoheitsgebiet entfernt werden. Selbstverständlich wäre die Machtübergabe von weitreichenden Zugeständnissen an die Kurden und Christen abhängig zu machen.

Rein theoretisch gäbe es natürlich noch eine dritte Alternative, die ich persönlich bevorzugen würde: Der Irak ist ein reines Kunstprodukt des britischen Kolonialministeriums - die Briten haben drei grundverschiedene Provinzen des Osmanischen Reiches zusammengewürfelt, die zuvor wenig bis gar nichts miteinander zu tun hatten. Die gerechteste Lösung würde daher darin bestehen, den Irak in seine Bestandteile zu zerlegen: Einen Schiitenstaat im Süden, einen Kurdenstaat im Norden, und die Bevölkerung des sunnitischen Zentrum würde sich im Rahmen einer Volkabstimmung für eine der folgenden Varianten entscheiden: Staatliche Unabhängigkeit, Anschluss an Jordanien oder Anschluss an Syrien.

Mir ist natürlich klar, dass dies in der Praxis (zumindest derzeit) nicht realsierbar ist - namentlich die Türkei würde ein unabhängies Kurdistan auf gar keinen Fall akzeptieren (dieses Projekt wird man daher wohl oder übel bis zur Zeit nach dem WK3 zurückstellen müssen).

>Ach übrigens. Nordkorea ist eine Falle der Chinesen.

Auch hier sind wir uns einig.

mfG,

Swissman


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