Re: Der Irak im allgemeinen

Geschrieben von Bine am 12. April 2004 21:17:07:

Als Antwort auf: Re: Der Irak im allgemeinen geschrieben von JeFra am 12. April 2004 20:19:20:

Guten Abend JeFra,

gerade eine Nichtaufnahme in die Eu würde entweder einen Rückfall der Türkei ins tiefste Mittelalter durch den leider erneut aufgekeimten islamistischen Fundamentalismus auf der einen, und die eventuell, durch eine Nichtaufnahme in die Eu, wieder aufgelebte pantürkische Bewegung bewirken.

Daß die Mehrzahl (schätze etwaetwa 90%) der Kemalisten (noch) nicht für eine pantürkische Bewegung sind zeigen die Wahlen in der Türkei, bei der der kemalistische Zweig, der eben jene Bewegung unterstützt nur 0,5 Prozent der Stimmen zu verzeichenen hatte.

Die kemalistische CHP verfolgt einen Kurs, der dem einer großen Koamition in Deutschland entsprechen würde. Man findet da sowohl liberale Rechte, als auch gemäßigte Linke. Und das weiß ich sicher, da mein türkischer Bekanntenkreis sich ausschließlich aus Intellektuellen der von mir genannten Partei rekrutiert, mit Ausnahme einiger weniger religiöser Menschen aus der Türkei, die mit Politik allerdings nicht so viel zu tun haben. Ebenso habe ich selber von der Seite meiner Mutter her Verwandte, die aus diesem Personenkreis stammen und in der maßgeblich an der türkischen Staatsgründung beteiligt waren.

Kemal Atatürk war durch und durch europafreundlich, selbst wenn er eine Zusammenführung der Türken im Auge hatte, so sah er sich selber und auf lange Sicht auch diese Völker als Europäer an und nicht, wie von Ihnen hier dargestellt, im Sinne eines großtürkischen Reiches, das er ja gerade ausgemerzt hatte (Man erinnere sich, daß er ja mit der Zerstörung des osmanischen reiches das Gegenteil bewirkt hatte, was Sie ihm hier unterstellen)

Dafür spricht übrigens auch, daß er die europäische Kleidung eingeführt hatte, einen europakompatiblen Islam regelrecht erzwang und die Gesetzgebung auch weigehend nach europäischen Maßstäben ausrichtete. Die Schulpflicht gab es immerhin in der Türkei wegen Atatürk schon einige Jahre früher, als in anderen Ländern, die sich gerne als europäisch hinstellen (ich verweise hier auf einige östliche Länder) und auch das Frauenwahlrecht gab es bei Atatürk ebenfalls schon früher als sogar in Ländern, die man normalerweise schon als ziuvilisiert betrachten möchte.

Man sollte schon die Kirche beim Dorf lassen ;-))

Bei Interesse bitte ich Sie, sich doch einmal über die Cumhuriyet Halk Partisi zu informieren, dann können Sie sich ein anderes Bild machen, als die Boulevardpresse rechter Prägung Ihnen hier vermittelt.

Übrigens sind auch einige der von Ihnen benannten Turkvölker durchaus zivilisierter, als so manches Land auf dem Balkan, das sich gerne als europäisch sieht und wohl auch nur aufgrund seiner vorwiegend christlichen Einwohner als europäisch eingestuft wird.

Die Türkei aus Europa ausklammern zu wollen, würde eben gerade zu dem befürchteten Szenario führen, davon bin ich zutiefst überzeugt.

Daß auf lange Sicht im allgemeinen bei den südöstlichen Eu-Partnern (und dazu zähle ich die Türkei bereits) eine Verbesserung bestimmter Bedingungen stattzufinden hat, auch insbesondere was das Bildungsniveau der einfacheren Bevölkerung angeht, das ist selbstredend. Gerade dadurch könnte Europa stäker werden. Man sollte nicht vergessen, daß gerade das türkische Militär das stärkste überhaupt in Europa ist, was ja schließlich auch kein Nachteil für Europa ist.

Man stelle sich nur alleine die Flut von Asylanten vor, sollte es auf lange Sicht hier nicht eine Zugehörigkeit zur EU abzeichnen, das wöre mehr als unverantwortlich. Durch eine Zugehörigkeit zur Eu würden sicherlich auch die westlich orientierten Parteien in der Türkei wieder gestärkt gegen die bevorstehende Katastrophe der Islamisierung, die wie ein Damoklesschwert über dem Land hängt (dazu "Allahs Schatten über Atatürk" von PSL)

freundliche Grüße

Bine (deren Mann europäisch denkt und als Politiker der CHP ganz bestimmt nichts am Hut hat, mit einer pantürkischen Bewegung)





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