Zum Thema Plünderungen etwas historisches (1923)

Geschrieben von BAldur am 29. Mai 2006 23:12:29:

Hallo,

im zitierten Buch von Giebel gefunden : (Druck 1981)

....
Mit fortschreitendem Energiemangel - wie er durch die
islamischen Länder aus taktischen Gründen auch künstlich
ausgelöst werden könnte - wird dann alles noch viel schlim-
mer werden: Autofahrer werden vor geschlossenen Tankstel-
len stehen, frierende Menschen in ungeheizten Wohnungen
ihr Dasein fristen; am schlimmsten wird sich die Arbeitslosig-
keit auswirken, in deren Gefolge Hunger und zuletzt auch
politisches Chaos zu erwarten sind. Die Fabriken werden zur
Kurzarbeit übergehen, bis schließlich in den meisten Betrie-
ben die Maschinen ganz stillstehen und das komplexe System
der wirtschaftlichen Verflechtungen zusammenbricht. Der
Lebensstandard sinkt rapide ab, Unzufriedenheit und Resi-
gnation breiten sich aus. Da es an Maschinen, Treibstoffen
und Düngemitteln mangelt, geht die Lebensmittelerzeugung
zurück. Die Lebensmittelpreise steigen gewaltig an. Geld
verliert seinen Wert. Schwarzmärkte bilden sich. Die
Menschheit kehrt zum Tauschhandel zurück. Lebensrnittel
werden immer knapper und teurer. Lebensmitteleinfuhren
aus anderen Ländern bleiben aus. Um nicht zu verhungern,
kommen die Städter zum »Hamstern« aufs Land. Gold,
Schmuck, Teppiche und was sonst irgendwie brauchbar
erscheint, geht in die Hände der Bauern über. Schließlich
haben die Stadtbewohner nichts mehr zu tauschen. Da
nehmen sie sich die Lebensrnittel mit Gewalt. Selbst drasti-
sche Strafen können das nicht verhindern.

Wie Hamstern in Plündern übergeht, davon gibt der
sogenannte Kartoffelkrieg, der sich im Oktober 1923 im
Bergischen Land in der Gegend von Overath abspielte, einen
kleinen Vorgeschmack [Lit. 28].

Damals ließ - als Folge der
Weltwirtschaftskrise - eine galoppierende Inflation die
Lebensmittelpreise rapide ansteigen. Fabriken und Betriebe
standen still, und große Teile der Bevölkerung waren ohne
Arbeit und Geld. Der Hunger trieb die Städter in immer
größeren Scharen aufs Land. In Massen quollen sie aus den
überfüllten Zügen. Im Herbst 1923 ging es den Hamsterern
dabei vor allem um Kartoffeln, von denen Mitte Oktober ein
Sack den gewaltigen Betrag von einer Milliarde Mark
kostete, einen knappen Monat später aber bereits 500mal
soviel.

Da die Bauern bald keine Kartoffeln mehr tauschen
konnten oder wollten oder auch zuviel dafür verlangten,
gingen ganze, Trupps von Hamsterern dazu über, sie aus den
Feldern auszugraben. Den Preis dafür bestimmten sie selber.
Das währte einige Tage. Dann bezahlten sie gar nichts mehr,
sondern nahmen sich sogar noch Pferd und Wagen und
fuhren die gestohlenen Kartoffeln zum Bahnhof. Die Bauern
liefen hinterher. Auf den Feldern kam es zu Zusammenstö-
ßen zwischen Plünderern und Bauern, aber die Plünderer
behielten wegen ihrer großen Zahl fast immer die Überhand.
Die örtliche Polizei war machtlos. Ihre Anforderungen von
Verstärkung und militärischem Schutz wurden abgeschlagen.
Die englische Besatzung in Köln erklärte sich für nicht
zuständig, und die französische Besatzung in Siegburg wollte
nur unter der Bedingung helfen, daß die Bauern die »Rheini-
sche Republik« ausriefen. Da schritten die Bauern zur
Selbsthilfe. Mit Knütteln, Mistgabeln, Dreschflegeln bewaff-
net, traten sie am Morgen des 26. Oktober vor dem Overather
Bahnhof an, von dem die meisten Raubzüge der Plünderer
ihren Ausgang nahmen. Die mit dem Frühzug ankommen-
den Kömer wurden zurückgeschickt, aber dann lief der
9-ühr-Zug ein, vollgepfropft mit Menschen, die entschlossen
waren, sich Lebensrnittel zu verschaffen. Sie drängten aus
dem Bahnhof hinaus und suchten die Absperrung zu durch-
brechen. Einigungsversuche der Besonnenen fruchteten
nichts. Steine und Flaschen flogen, Hacken wurden ge-
schwungen, und unter lautem Johlen setzte ein so gewaltiges
Vorwärtsdrängen ein, daß die Kette der Bauern nicht mehr
standhielt. Die Plünderer brachen durch; über zahlreiche
Verletzte hinwegtrampelnd, fluteten sie in den Ort hinein.

Eingekeilt in die hin und her wogende Masse fürchteten
einige berittene Bauern um ihr Leben. Die Aggressiveren
unter den Plünderern, unter denen sich auch freigelassene
Zuchthäusler befanden, versuchten, sie vom Pferd zu reißen.
Von Panik erfaßt, griff ein Knecht zur Pistole und schoß in
die Menge hinein. Zwei Menschen sanken zu Boden. Einer
war sofort tot, der andere starb im Krankenhaus. Eine
rasende Wut erfaßte die Menge. Der Schütze wurde vom
Pferd heruntergezogen; es gelang ihm noch, sich loszureißen
und eine Strecke weit zu fliehen, dann wurde er eingeholt
und zu Tode geprügelt, die Leiche bis zur Unkenntlichkeit
verstümmelt. Nach dieser Bluttat rückten die Plünderer in
Richtung Köln zurück.

Am nächsten Tag blieb alles ruhig. Doch am darauffolgen-
den Tag kamen sie wieder in großen Scharen an, und nun
war niemand da, der sie aufhielt. Ausgerüstet mit Hacken,
Säcken und Karren fielen sie über die Kartoffelfelder her.
Von ferne sah es aus - wie der Chronist, der Overather
Bürgermeister Simon, schreibt -, als ob Krähenschwärme
sich auf den Äckern niedergelassen hätten. Große Trupps
zogen auch über die Höfe, drangen in die Bauernhäuser und
Ställe ein und stahlen alles, was sie an Eßbarem fanden.
Hühner und Gänse wurden totgeschlagen und mitgenom-
men.

Die Einheimischen schauten resigniert zu, wie die
Plünderer ihren Raub zum Bahnhof schleppten, der fest in
der Hand der Plünderer war. Dort gab es bereits Hehler, die
das Gestohlene aufkauften und in Waggons verluden. Der
ganze Ort glich einem Zigeunerlager.

(Einschub Baldur : eben, Druck 1981 - heute hätte der gute Mann wegen Verwendung dieses politisch nicht korrekten Unwortes eine Vorstrafe am Hals, denk ich mal...)

Zu weiteren Raubzügen kam es in der Overather Gegend
jedoch nicht mehr. Die Bergarbeiter, die um ihre Kartoffel-
Versorgung fürchteten, blockierten gemeinsam mit den Bau-
ern die Bahnhöfe an der Agger- und Sülztalstrecke. Etwas
später konnte auch erreicht werden, daß sämtliche Tageszüge
in diese Richtungen eingestellt wurden. Die Plünderer verleg-
ten daraufhin ihre Tätigkeit in andere Gebiete.

Auf eine ähnliche Weise wird man auch zu Beginn einer
künftigen Versorgungskrise - bei gleichzeitigem politischem
Chaos - versuchen, die hungernden Menschen aus den
Städten vom Plündern abzuhalten. Wenn noch private Autos
fahren, wird man Straßensperren errichten. Von dort aus
werden sich dann die Hungernden zu Fuß auf den Weg
machen. Auf den Feldern wird man um die Ernte kämpfen.
Es wird nicht möglich sein, jeden Acker von einer Polizei-
eskorte bewachen zu lassen. Rinder werden auf den Weiden
geschlachtet, die Ernte vor der Reife geplündert, selbst das
Saatgut wird nicht geschont werden. Geordnete Landwirt-
schaft wird unmöglich werden. Die Felder werden nur noch
zu einem geringen Teil bestellt. Hungersnöte brechen aus,.....usw.

Ende Zitat

Also mit Pfeil und Bogen wird ein Aufhalten dieser Plündererwelle wohl nix werden....

Aber der Gedanke mit den unterbrochenen Verkehrswegen ist irgendwie naheliegend.

Wahrscheinlich auch deswegen die Sache mit den gesprengten Brücken, nach dem Mott, Schotten dicht, bevor es uns mit runter reißt.

Beste Grüße vom Baldur

P.S.: Lit 28 : Hoffstadt, J. : Ein halbes Jahrtausend Marialinden 1478-1978, Eigenverlag, 1979

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